Gemeinderat, 36. Sitzung vom 24.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 29
gen wurde. Ja, formell, rechtlich ist es gedeckt, das stimmt schon. Ich kann auch lesen und ich habe mir den Gemeinderatsbeschluss von 2003 durchgelesen. Aber nicht alles, was rechtlich gedeckt ist, ist auch moralisch gut, meine Damen und Herren. Ein derartiger Vermögensbestandteil wie dieser 20-Prozent-Anteil ist nicht nur im Sinn von pekuniär bedeutend, sondern für die gesamte Wirtschaftsregion Wien und Niederösterreich von eminenter Bedeutung. Den einfach so mir nichts, dir nichts still und heimlich von einem Gefäß in das andere zu verschieben, ohne den Gemeinderat und ohne damit den Wähler zu befassen, meine Damen und Herren, ist schon, und ich will nicht zu überspitzt formalisieren, aber ich halte es für dreist, auch wenn es formal gedeckt ist. Und die Frage, die sich uns jetzt natürlich stellt, ist: Warum denn jetzt diese Übertragung? Warum? Warum dieser Zeitpunkt? Und warum nicht die Übertragung anderer Anteile? Ich werde, wie gesagt, mich einmal zu einer anderen Stunde mit weiteren Beteiligungen beschäftigen und dann können wir darüber diskutieren, warum gerade der Flughafen und nicht andere. Ich vermisse, so viel lassen Sie mich vorgreifen, die Strategie in dem Beteiligungsmanagement und ich vermisse zutiefst eine Struktur. Wo sind die Beteiligungen, die Gewinne machen sollen? Wo ist die Daseinsvorsorge, die für die Basisaufgaben der Stadt und der Bürger notwendig ist? Das ist alles hier eine Mischform, da ist nichts stringent, da ist nichts strukturiert.
Die GRÜNEN haben vor zehn Jahren bei dieser Diskussion, der Kollege Margulies, einen Antrag eingebracht, Wien Holding damals. Ich möchte den heute noch einmal einbringen und zwar genau mit eurem Beschlusstext. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Ich meine, ein paar Wörter hätte ich vielleicht ausgelassen (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Herr Kollege, rechts und links!) Ich hätte ein paar Wörter ausgelassen, aber trotzdem, wir bringen diesen Antrag noch einmal ein. Es geht um die Konzepterstellung für Beteiligungen der Stadt Wien. Es geht um Konzepterstellungen der Wien Holding. Der Stadtrat soll ein entsprechendes Konzept präsentieren, soll regelmäßig berichten, et cetera. Du wirst es ja nachgelesen haben, du kennst den Antrag. Es würde uns sehr freuen, wenn ihr heute eurem zehn Jahre alten Antrag beitreten könntet, liebe Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Und weil wir gerade bei der Wien Holding sind, lassen Sie uns doch kurz einmal bei der Wien Holding verweilen. Ich möchte Ihnen einen Auszug aus dem Geschäftsbericht der Wien Holding vorlesen. Überschrift: „Stabile positive wirtschaftliche Entwicklung. Die Wien Holding konnte auch im Jahr 2011 wieder ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr verzeichnen. Das lässt sich nicht nur an der Ausweitung der Aktivitäten feststellen, sondern auch daran, dass die relevanten betriebswirtschaftlichen Indikatoren einen klaren Wachstumstrend zeigen.“ Klingt gut, muss ich sagen, da freue ich mich als Wiener Bürger, als Wiener Politiker, dass es der Wien Holding so gut geht und dass sie so erfolgreich ist. Haben Sie sich einmal den Geschäftsbericht und die Bilanzen der Wien Holding genauer angesehen? Ich habe es. Umsatz der Gruppe 2010: 124 Millionen EUR, 2011: 117 Millionen EUR - ist ein klarer Wachstumstrend, ja. EGT 2011: minus 22 Millionen EUR, EGT 2010: plus 168 Millionen EUR - muss ich sagen, ist ein klarer Wachstumstrend (GR Mag Dietbert Kowarik: Stabilität!). Interessant dabei ist, dass beim EGT in den Jahren 2003 bis 2011 nur zwei Mal ein positives, sonst immer ein negatives Ergebnis erzielt wurde, und auch der Cashflow war bis auf zwei Jahre immer negativ. So etwas nennt die Wien Holding und damit die SPÖ-Wien eine stabile wirtschaftliche Entwicklung! Das ist Ihre Vorstellung von Prosperität in Unternehmen! (Beifall bei der ÖVP.) Das kommt heraus, wenn ein Unternehmen, ein Stadtkonzern wie die Wien Holding, wie es in Deutschland heißt, oligopolistisch geführt wird, meine Damen und Herren! (GR Mag Dietbert Kowarik: Es geht stabil nach unten!) Das Einzige, was kontinuierlich steigt, sind die Beschäftigungszahlen. Na, das war klar. Bilanzsumme fast 721 Millionen EUR, Verbindlichkeiten schlappe 285 Millionen EUR, Bilanzgewinn nach Auflösung von Kapital- und Gewinnrücklagen - wir haben ja gerade gehört, EGT minus 22 Millionen - 282 000 EUR. Das für diesen riesigen Konzern, meine Damen und Herren! Wenn das ein riesen privatwirtschaftlicher Erfolg ist, dann weiß ich nicht mehr. Stellen Sie sich vor, was in einer Kapitalgesellschaft bei der Generalversammlung los wäre, wenn ein Generaldirektor dieses Ergebnis präsentieren müsste! Da wäre Feuer am Dach! Aber die Stadt Wien nennt das eine positive wirtschaftliche Entwicklung! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Kollegin Rothauer hat vor zehn Jahren in dieser Debatte einmal gesagt, dass sich die Wien Holding zu einem Moloch entwickelt. Das hat sich, würde ich sagen, noch bestätigt. Auf jeden Fall ist sie ein großer Konzern geworden. Und auch dort bei der Wien Holding fehlen mir das System, die Strategie und das Bekenntnis zur Gewinnorientierung. Wenn wir sie schon ausgliedern und in eine GmbH umwandeln, in eine Kapitalgesellschaft, dann muss sie auch eine klare Gewinnorientierung haben. Die Wiener ÖVP hat dann damals in dieser Debatte noch erwähnt, abgesehen von den Punkten, die der Kollege Margulies in seinem Antrag eingebracht hat, dass wir uns auch anschauen sollten, ob diese Unternehmensbeteiligungen der Stadt Wien überhaupt noch sinnvoll wären. Von Kleinanteilen bis zu 100 Prozent ist ja alles gemischt.
Ich möchte aber noch einen zweiten Antrag einbringen, deshalb haben wir ihn auch nicht mit dem Margulies-Antrag verschmolzen, und zwar betreffend Durchforstung und Evaluierung der Beteiligungen der Stadt Wien. Wir möchten in diesem Antrag, dass sämtliche direkte und indirekte Beteiligungen der Stadt Wien an Unternehmen evaluiert werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich komme noch einmal zurück zu dieser Generalbevollmächtigung aus dem Jahre 2003. Wie ich schon ausgeführt habe, ich halte sie für schädlich. Ich halte es für unredlich, wenn große Vermögensbeteiligungen auf Grund dieser alten Generalbevollmächtigung am Gemeinderat vorbeigeschummelt werden. Deshalb stellen
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