Gemeinderat, 38. Sitzung vom 22.05.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 94
kehrsnutzung angeboten zu bekommen, nämlich bei der Verkehrsvermeidung. Obendrein ist nämlich dort jetzt, auch im Gespräch mit dem Betreiber, ein großzügiger Kindergarten angedacht. Das heißt, ich habe die Schnellbahn dort, ich habe Einkaufsmöglichkeiten, ich habe das Grüne. Ästhetisch kann man in der Tat darüber diskutieren, aber ich glaube, dass man das weiterdenken kann und auch dort ein lebendiger Stadtteil eine Alternative ist.
Und warum ist das so kostengünstig? Das hängt mit den Grundstückskosten zusammen. Ich kann das da gerne erzählen, um welche Größenordnungen hier geredet wird. Beim geförderten Wohnbau reden wir von einer Größenordnung von einem Euro pro Quadratmeter – in freifinanzierten Lagen sind es drei, vier, fünf, sechs, sieben –, und wissen Sie, was dort verrechnet wird? 0,1 EUR pro Quadratmeter, weil damit sozusagen aus nichts – unter Anführungszeichen – Bebauungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Ich glaube, dass es hier ganz schöne Potenziale gibt, wenn wir mit städtebaulicher Sensibilität und in enger Kooperation mit Bauträgern vorgehen. Ich füge hinzu, vorzugsweise mit gemeinnützigen Bauträgen, die nämlich einen Riesenvorteil haben – dieser ist gesetzlich bedingt, egal, welcher Partei sie jetzt nahestehen; wir haben das Privileg, keinen Bauträger zu haben, der den Grünen unmittelbar nahesteht, den muss man nämlich nicht bedienen; das ist im Übrigen sehr angenehm in der Widmungspolitik –, der Vorteil von den Gemeinnützigen ist, dass sie, wenn das Förderregime ausgelaufen ist – ich sage jetzt verkürzt, nach Abschreibung, das stimmt so nicht –, gesetzlich verpflichtet sind, die Miete herunterzuholen. Dass wir in Wien im Verhältnis zu anderen Städten noch eine relativ maßvolle Situation, wenn auch steigend, haben, das ist einfach dadurch, dass es einen Sockel von geförderten Wohnungen gibt, die unter strenger gesetzlicher Regelung nicht einfach erhöhen können.
Das senkt das Potenzial. Also: Bodenpolitik. Insofern will ich hier den – gebe ich zu – nicht unumstrittenen Vorschlag einmal mehr verteidigen, der dahin zugespitzt ist, dass auch die Stadt Wien es im Regelfall – nicht immer, aber im Regelfall; das darf ich jetzt sozusagen ein bisschen kokett sagen – so machen soll wie Klöster und die katholische Kirche mit dem Grund und Boden: sie nämlich langfristig im Eigentum zu behalten und über Baurechte den vielfältigen Nutzungen, vorzugsweise sozialen Nutzungen, zu übergeben.
Das hat eine Reihe von Vorteilen. Das kann vielleicht einen kurzfristigen Finanzierungsnachteil bringen – ich glaube das aber gar nicht –, die langfristigen Vorteile lassen Sie mich noch einmal aufzählen:
Auch unsere Enkerl haben eine Möglichkeit, über das knappste Gut im städtischen Raum selber und frei zu verfügen. Wenn es einmal weg ist, ist es weg. – Argument 1.
Argument 2 – das sage ich jetzt bewusst in Richtung ÖVP und in Richtung jener hier im Haus, die ökonomisch denken –: Was wir in den letzten zwei Jahren auf europäischer Ebene tragisch erlebt haben, ist die Erpressbarkeit durch Finanzmärkte. Wenn die Zinsen eines Landes steigen, kommt jeder Staat, kommt jede Firma in Finanzierungsschwierigkeiten. Wenn sich die sogenannten Finanzmärkte eine Stadt oder ein Land anschauen, schauen sie sich die Schulden an, aber sie schauen sich insbesondere auch die Vermögen an. Es gibt einen Grund, warum Wien derzeit eine hervorragende Situation in der Refinanzierung hat und sie, wie ich glaube, auch langfristig behalten wird und behalten kann: Wenn auf der Vermögensseite entsprechend etwas steht. Und wo gehen alle mit ihrem Geld derzeit hin? In Immobilien.
Warum soll jetzt ausgerechnet Wien aus den Immobilien hinausgehen? Das ist gerade etwas, wo wir total dahinterstehen, nämlich dass die Gemeindebauten nicht verkauft werden, und zwar einerseits aus sozialen Gründen, aber nebenbei auch aus ökonomischen Gründen, wenn ich das hier heute einmal sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagen kann. Multiplizieren Sie einmal 220 000 Gemeindewohnungen mit dem Marktpreis. Das ist ein Vermögen! Und das soll bei der Stadt Wien bleiben, das heißt, bei der gesamten Bevölkerung. Umso mehr aber auch Grund und Boden in interessanten Lagen, aus denen man auch Werte herstellen kann. Der Kollege Neuhuber weiß genau, wie es möglich ist, in relativ kurzer Zeit in stark steigenden Grundstücks- oder Immobilienbereichen sehr viel Geld zu machen. Warum soll die Stadt Wien der Voraussetzung dafür entsagen, indem sie sozusagen das Filetstück, das Herzstück dessen, wessen eine Immobilienentwicklung bedarf, das ist nämlich Grund und Boden, hergibt?
Wir bauen mit öffentlichen Mitteln U-Bahnen irgendwohin und merken sofort am Grundstücksspiegel, wie sich die Preise entwickeln. Sollen wir sagen, oje, das hat jetzt ein Privater gekauft, bitte, jetzt nehmen wir die Wohnbauförderung und versuchen, das sozial herunterzustutzen? Nein, das ist falsch.
Ich werde jetzt in einer Rede übers Wohnen nicht die gesamten in der Tat komplexen, in der Tat schwierigen, auch verwaltungstechnisch schwierigen Voraussetzungen nennen, ich werde nur die politische Seite darstellen, die nahezu einstimmig auch von einer grünen Landesversammlung und einem grünen Parteitag bestätigt wurde, dass das Prinzip gelten soll – und jetzt bin ich Realo genug, um zu wissen, was ein Prinzip ist, dass es der Regelfall ist und dass es gut begründete Ausnahmen gibt, das sage ich auch bewusst in Richtung Sozialdemokratie, denn wenn man sozusagen das Steuer in der Sekunde um 180 Grad herumreißt, dann kann man ins Schleudern kommen, das wollen wir nicht –, aber das Prinzip soll sein: Dieses Vermögen wollen wir bewahren!
Und da verstehe ich die ÖVP nicht. Also – ich sage es jetzt ein bisserl kokett – mir ist nie aufgefallen, dass ÖVPler der katholischen Kirche unwirtschaftliches Verhalten vorgeworfen hätten, weil die katholische Kirche sich Grund und Boden prinzipiell behält. Ich bin bei den Schotten in die Schule gegangen, ich weiß ganz genau, wie das ist. Die Katholiken kennen die Gnade und die Sünde und alles Mögliche, aber dass ein Stift einen Quadratmeter Boden verkauft, das ist so etwas von undenkbar. (Heiterkeit bei GRÜNEN und SPÖ.) Und das – die Sozialdemokraten mögen mir verzeihen, dass ich
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