Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 102
Wort gemeldet.
GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ich möchte es nur einerseits wiederholen (GR Barbara Novak: Das geht nicht!) Ich habe aus der Zeitung zitiert, ich habe auch „es gilt die Unschuldsvermutung“ dazugesagt. Offenbar hat man am Freitag letzter Woche ein klärendes Gespräch zu diesem Thema gehabt, das mir bisher nicht zugetragen worden ist. Das ist der Hintergrund. (GRin Barbara Novak: Sie haben nicht die Größe, sich zu entschuldigen, wenn Sie einen Fehler gemacht haben! Das ist unglaublich!)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Gut. – Das war die tatsächliche Berichtigung.
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Univ-Prof Dr Frigo. Ich erteile es ihm. Seine Redezeit ist, wie von ihm gewünscht, mit 10 Minuten eingestellt.
GR Univ-Prof Dr Peter Frigo (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich möchte zum Budget reden, und zwar tatsächlich zum Budget und zu den Zahlen.
Gehen wir einmal zum Betriebskostenzuschuss der Stadt Wien beim KAV. Der ist 2012 auf 703 Millionen EUR gestiegen. Wenn ich mir das anschaue und das Jahr 2004 und heute vergleiche, so ist das immerhin eine Steigerung um 500 Millionen EUR, das ist eine halbe Milliarde.
Der Jahresabschluss 2012 zeigt weiters auch den Investitionskostenzuschuss. Der beträgt derzeit immerhin auch 260 Millionen EUR, wobei nur 227 Millionen EUR verbaut wurden und 33 Millionen EUR gar nicht investiert, sondern bloß der Investitionsrücklage zugeführt wurden.
Das heißt, insgesamt wurden hier 963 Millionen EUR zugeschossen. Das Defizit des KAV explodiert. Das zeigt, dass das verantwortliche Management rücktrittsreif ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Prinzipiell muss man ja sagen, dass der KAV ausgelagert ist und dass ich hier keine Transparenz sehe. Ich bin noch erschüttert über meine Vorrednerin, die das alles so schönredet.
Beim Personal sparen: Das finde ich ja lustig. Prinzipiell sind ja die Dienstposten bei der Gemeinde Wien in den letzten drei Jahren gleich geblieben, nur bei den Spitälern nicht. Es wurde von Rot-Grün massiv eingespart, und zwar 844 Dienstposten. Da gibt es jetzt einen interessanten Trend. Es werden nämlich Dienstposten eingespart und die Personalkosten verschleiert, indem es jetzt plötzlich Leiharbeitskräfte gibt, und diese Leiharbeitskräfte sind dann plötzlich Sachaufwand, meine Damen und Herren. Das zeigt, dass das Rationalisierungspotenzial beim Personal schon lange ausgeschöpft ist und es daher hier gar nichts mehr zum Sparen gibt.
Die Frau Finanzstadträtin Brauner und auch die Frau StRin Wehsely haben gesagt, sie wollen 500 Millionen EUR einsparen, davon 350 Millionen EUR auf Kosten des Personals. Wie machen Sie das?
Ich habe hier den 1. Quartalsbericht 2013, Seite 17: Bettenkapazitäten und Auslastungen in den Geriatriezentren und Pflegewohnhäusern des KAV. Ich weiß, Sie bauen gerne Spitäler und Geriatriezentren, warum auch immer. Hier haben wir 4 489 systemisierte Betten – systemisiert bedeutet, die gibt es theoretisch –, tatsächlich aufgestellte Betten 3 417. Das sind um gut 1 000 Betten weniger, die betrieben werden. Das heißt, die Auslastung der systemisierten Betten beträgt eigentlich nur 73 Prozent, also ein Viertel aller Betten, die es gibt, werden gar nicht bedient, sind nicht in Betrieb. Über 1 000 Betten sind nicht in Betrieb, ein Viertel aller Betten ist nicht in Betrieb. Warum wohl? Weil es kein Personal gibt. Also ich frage Sie: Warum bauen Sie so viel, warum erzählen Sie uns etwas vom Personalsparen, wenn es das Personal für ein Viertel aller Betten gar nicht gibt? Das frage ich Sie, meine Damen und Herren.
Nun gehen wir weiter. Dieser Abbau dieser 1 000 Krankenschwestern und Ärzte wird eben die Qualität der Wiener Gesundheitsversorgung weiter verschlechtern. Es gibt jetzt einen Wirtschaftsplan 2013, der eigentlich diese dramatische Situation aufzeigt. Es explodieren dieser Betriebskostenzuschuss und damit das Defizit der Spitäler und des KAV heuer um 184 Millionen EUR. Das ist an und für sich sehr viel, und diese Kürzungspolitik von Rot und Grün geht auf Kosten – das haben wir heute schon gehört – der sozial schwächsten Patienten und führt in die Zwei-Klassen-Medizin, doch wir wollen diese Zwei-Klassen-Medizin nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt an und für sich nur eine Möglichkeit: Eine echte Sanierung durch Gesundheitsreformen, und zwar echte Reformen, und dementsprechend habe ich hier auch folgenden Beschlussantrag:
„Auf Grund der explodierenden Kosten im Wiener Gesundheitssystem bedarf es der Zusammenarbeit zwischen den Spitälern und dem niedergelassenen Bereich sowie einer leistungsorientierten Finanzierung aus einer Hand, nämlich durch eine Wiener Gesundheitsholding. Eine echte Sanierung des Gesundheitswesens ist nicht durch weitere Einsparungen in den Spitälern oder bei Kassenstellen möglich, sondern nur durch langfristig wirkende Strukturreformen. So führt der geplante Abbau von über 1 000 Krankenschwestern und Ärzten zu einer nachhaltigen Verschlechterung der Wiener Gesundheitsversorgung und führt so direkt in eine Zwei-Klassen-Medizin.
Eine einheitliche Führung und Steuerung durch eine Wiener Gesundheitsholding ist die Grundvoraussetzung für zukunftsorientierte Reformen wie eine Struktur- und Personalreform im KAV, die Aufwertung des Pflegeberufes durch gerechte Bezahlung, im niedergelassenen Bereich die Schaffung von zusätzlich 300 Kassenplanstellen.
Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher gemeinsam mit den Mitunterzeichnern gemäß § 27 Abs 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderates nachfolgenden Beschlussantrag:
Die zuständige Stadträtin wird aufgefordert, sich für die Errichtung einer Wiener Gesundheitsholding zur Sanierung des Wiener Gesundheitswesens einzusetzen.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung des Antrages verlangt.“ (Beifall bei der FPÖ.)
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