Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 102
sprochen, die aber nicht unmittelbar im Ressort des Herrn StR Ludwig sind, weil es sich dort nicht um einen geförderten Wohnbau handelt, aber da geht es auch um einen Widmungsakt -, und was heute so anders ist als vor 20 Jahren, finde ich interessant - auf diese Frage habe ich keine abschließende Antwort -: Während man noch vor 20 Jahren durchaus als Politiker punkten konnte, wenn man in gewissen Bezirken große Stadtentwicklungsgebiete, Wohnbauten angekündigt hat, ist es inzwischen, aus verständlichen Gründen, so, dass es heute der Regelfall ist - und das ist kein Wiener Phänomen, auch kein österreichisches Phänomen, das ist ein Phänomen in sehr vielen wohlhabenden europäischen Ländern -, dass sozusagen die Grundhaltung vieler Anrainer eine skeptische, um nicht zu sagen, eine ablehnende ist. Das ist auf den ersten Blick auch durchaus verständlich: Es wird meistens dazugebaut, es wird in der Umgebung höher gebaut, in der Bauzeit kommt es zu Baulärm, und mehr Menschen heißt auch mehr Verkehr.
Das heißt, in nahezu allen Bezirken ist fast kein Projekt bekannt, das nicht auf Skepsis oder Ablehnung bei den Bürgern stößt – oh ja, interessanterweise eines, das ist der Nordbahnhof: Dort gibt es eine Bürgerinitiative, die das vorliegende städtebauliche Konzept sehr unterstützt. Das ist das einzige Projekt, das mir jetzt in der Kürze einfällt, wo mir bewusst ist, dass eine artikulationsstarke Bürgerinitiative für ein Stadtentwicklungsprojekt ist. In allen anderen Gebieten sagen die Menschen - noch einmal: aus nachvollziehbaren Gründen -: Nicht zu hoch! Nicht zu dicht! Muss Wien eigentlich wachsen? - Eine spannende Frage, auf die ich heute in der Kürze nicht eingehen kann.
In diesem Zusammenhang will ich jetzt aus unserer Sicht oder durchaus auch aus meiner Sicht - vielleicht wird das morgen auch die Kollegin Kickert noch vertiefen – darlegen, was BürgerInnenbeteiligung heißt und was es vor allem auch nicht heißt.
Ich sage einmal, was es zum Beispiel heißt: Es heißt, dass am Beispiel der Danube Flats zum jetzigen Zeitpunkt - das heißt, lange bevor noch die Widmung begonnen wurde - so viel Transparenz im Verfahren gegeben ist, dass zu Recht AnwohnerInnen auf sehr viele Informationen nicht nur zurückgreifen können, sondern dass es in etlichen Präsentationen, Diskussionen mit allen Anrainern, in einigen Diskussionen mit der Frau Stadträtin - letzte Woche hatte ich auch wieder die Ehre, in einem Streitgespräch in einer Tageszeitung einen Dialog zu führen – hier möglich ist, einen Dialog zu führen zu einem Zeitpunkt, wo das normalerweise noch überhaupt nicht der Fall ist, weil sich das Projekt ja erst sozusagen in der Vor-vor-Vorbereitungsphase befindet. Wir reden nicht über den Zeitpunkt in einem Jahr, wo eine öffentliche Auflage stattfindet - wo auch wir oft kritisiert haben, dass die öffentliche Auflage sehr spät erfolgt; da lässt sich dann wenig ändern -, sondern in einer Vorphase.
Und ich bleibe, weil Sie sie genannt haben, bei den Danube Flats, aber ich könnte das in identischer Weise für sehr viele wohnbaugeförderte Projekte oder Call-Projekte, die in der Verantwortung des Herrn StR Ludwig sind, sagen: Es wird immer eine BürgerInnenbeteiligung mitgebracht, weil - und da liegt die Stärke - BürgerInnenbeteiligung verstanden wird als AnrainerInnenbeteiligung. Nur sind Anrainer und Anrainerinnen nur ein Teil der Bürgerinnen und Bürger, die Interesse haben an einem Projekt, daran, dass ein Projekt entsteht oder nicht entsteht.
Und das wissen wir zur Genüge: Die Leute, die für etwas sind, sind dafür, aber nicht sozusagen mit einer nachdrücklichen Vehemenz, wogegen jene Menschen, die gegen etwas sind - insbesondere dann, wenn es in ihrer Umgebung ist -, das mit einer sehr großen Vehemenz sind. Das meine ich überhaupt nicht vorwurfsvoll, da entgegne ich aber zum Beispiel auch der Frau Taibl und vielen anderen: Es gibt auch so etwas wie ein Allgemeininteresse und einen Interessenausgleich. - Und das ist Demokratie und das heißt BürgerInnenbeteiligung! Es ist eine Illusion zu sagen, BürgerInnenbeteiligung heißt, man ladet die Anrainer ein und übergibt ihnen, aus Entscheidungsschwäche der repräsentativen Gremien - zu denen wir gehören -, die Angelegenheit und sagt, ihr entscheidet das, ob das jetzt Bauklasse II oder Bauklasse III oder Bauklasse IV oder Hochhaus ist.
Was haben wir beim Bereich Danube Flats gemacht? Da gab es und gibt es einen beträchtlichen Widerstand. Was haben wir deswegen unter anderem gemacht? - Ist das überhaupt ein Hochhausstandort? Das ist eine wesentliche Frage. Diese Frage ist aber nicht sozusagen durch einen Bürgerentscheid der Bürger aus der Umgebung entschieden worden, sondern wir haben gesagt, wir gehen in diesem Fall einen neuen Weg und gehen in den Fachbeirat nicht am Schluss eines Verfahrens, sondern vor Beginn eines Verfahrens. - Ich brauche hier nicht zu explizieren, dass der Fachbeirat sozusagen keine nachgeschaltete Dienststelle ist, wo oben jemand von Rot-Grün draufdrückt, oder wer auch immer - in dem Fall ist das glücklicherweise die Regierung -, und die machen, sondern das sind unabhängige, von der Kammer und von den Universitäten benannte Experten, die sagen, wie es ist. Hätte in dem Fall der Fachbeirat gesagt, falsch, das ist kein Hochhausstandort!, so wie es die Erstargumentation von manchen aus der Bürgerinitiative war, dann wäre das ein starkes Statement gewesen. Ich füge hinzu: Dann hätte ich, ich als Person, mich dafür eingesetzt, dass wir das in der Tat nicht als Hochhausstandort entwickelt hätten.
Es kam das Feedback - und das ist ja auch kein Geheimnis, wir haben eine Woche später, auch als ein neuer Weg, die gesamte zweiseitige Stellungnahme des Fachbeirates als APA-OTS an die Öffentlichkeit gegeben -: Das ist ein Hochhausstandort, aber eine Reihe von Fragen sind nicht geklärt. - Diese Fragen werden jetzt geklärt. Ich gehe da gar nicht in Details ein.
BürgerInnenbeteiligung kann also schon sehr viel beibringen, ich sage jetzt aber auch, was sie nicht kann. – Zum Thema Dichte komme ich gar nicht, aber reden wir eben ausführlicher über die BürgerInnenbeteiligung. - Das sind Leute, die sehr viel Gespür für die Details ihrer Umgebung haben, mehr, als oft wir als Politiker dafür haben - die Bezirkspolitiker und Bezirkspolitikerinnen
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