Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 81
strapazierten Vergleich mit dem Sport gestatten: In der Kultur spielen wir tatsächlich in der Champions League, und zwar nicht nur in der Qualifikationsrunde, sondern wir kommen auch regelmäßig ins Finale. Es geht also um den Ausbau dieses Standortes, es geht aber auch darum, dass wir immer wieder Neues ermöglichen. Neues heißt Junges, aber Neues heißt auch etwas, was noch nicht ausprobiert wurde. Ich werde versuchen, dann anhand des Rechnungsabschlusses auch zu belegen, wie das passiert.
Eines ist mir aber ganz wichtig, weil das keineswegs selbstverständlich ist und man es immer wieder als einen Grundsatz der Kulturpolitik hervorheben sollte, nämlich das Bekenntnis zu einer ausreichenden öffentlichen Kulturfinanzierung. Ich weiß schon, niemand lebt im Vergleich, aber trotzdem ist es manchmal ganz hilfreich, den Blick über die Grenzen zu werfen: ob das nun in Tschechien ist – wo im Übrigen eine sehr üble Debatte über die öffentliche Kulturfinanzierung stattfindet, übel in dem Sinne, als besonders untergriffig Kulturausgaben als etwas dargestellt werden, was nicht Sache der öffentlichen Hand sein sollte –, ob das in Ungarn ist, ob das in Italien ist, ob das in Frankreich ist – wo der schon heute mehrfach angesprochene Luc Bondy erst letzthin wieder darauf hingewiesen hat, dass dort schlicht und einfach auch gekürzt wird –, ob das in den Benelux-Staaten ist – einer der Staaten und eine der Gesellschaften, die für uns immer wieder auch Vorbild war, nämlich Holland, wo die Kulturförderungen gekürzt werden –, in Großbritannien, in vielen deutschen Kommunen. Und die Liste ließe sich traurigerweise lange fortsetzen. Wien hat hier einmal mehr einen anderen Weg beschritten, Wien bekennt sich zu einer ausreichenden Kulturfinanzierung, auch und gerade in Zeiten, in denen es budgetär nicht so einfach ist. Ich kann Ihnen dann nachher auch noch einige Details nennen.
Es geht des Weiteren natürlich um die Förderung von Qualität. Warum fördern wir? Wir fördern einerseits, weil wir davon überzeugt sind, dass es darum geht, vordringlich Dinge, die nicht marktgängig sind, zu unterstützen. Aber es geht auch darum, künstlerische Qualität zu unterstützen. Es geht auch um die Ermöglichung des Zuganges. Das halte ich für ganz entscheidend. Das ist eine zutiefst kulturelle Frage, die weit über die Kulturförderung hinausgeht, meine Damen und Herren: Zugang zu Kultur, Zugang zur Bildung, freier Zugang zur Bildung und möglichst ungehinderter und freier Zugang zur Kultur. Das sind doch ganz entscheidende Forderungen, gerade wenn es wieder etwa im Bereich der Bildung darum geht, Zugangshindernisse aufzustellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich jetzt wieder höre, dass der ÖVP-Bundesparteiobmann fordert, dass wir Eingangsprüfungen in das Gymnasium machen sollen, etwas, was wir seit über vier Jahrzehnten längst als in die Geschichte verbannt geglaubt haben! Ich war die letzte Generation, die eine Aufnahmsprüfung ins Gymnasium gemacht hat. (GRin Ing Isabella Leeb: Ich auch! – GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Ich auch!) Und ich weiß daher, wie lächerlich dieses Vorhaben eigentlich wäre, wenn nicht dahinter ein ganz bestimmtes politisches Kalkül stünde. Und dieses politische Kalkül heißt: Wir wollen unter uns bleiben, wir wollen, dass niemand anderer die Bildung bekommt, die eigentlich allen zusteht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, das sind doch die zutiefst kulturellen Fragen. Sie wollen Hindernisse aufstellen, Sie wollen, dass die Eliten unter sich bleiben, in der Kultur, in der Bildung und in möglichst allen anderen Bereichen auch noch, beim Vermögen, dort, wo die Millionäre das einsackeln. Wir wollen das nicht. Und das ist eigentlich die kulturpolitische Debatte, um die es auch geht, freier Zugang auf der einen Seite gegenüber dem Aufbauen von Hindernissen und dem Unter-uns-Bleiben auf der anderen Seite. Darum geht es. (Beifall bei PÖ und GRÜNEN.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht natürlich auch um Ermöglichung von Kunst und Kultur, auch von Bildung, und es geht natürlich auch darum, dass wir schauen, dass es ein offenes Klima gibt, ein offenes Klima, etwas, was in Wien selbstverständlich ist. Aber was heißt denn das? Falls sie Zeit und Gelegenheit haben, lesen Sie einen sehr interessanten Reisebericht des Burgtheaterdirektors Hartmann, der vor Kurzem nach Ungarn gefahren ist, nach Budapest, und berichtet hat – was heute übrigens ohne Quellenangabe im „Standard“ steht –, was ihm dort widerfahren ist. Er hat auch versucht darzustellen, wie in Ungarn – und das ist ja nicht irgendwo, das ist unmittelbar unsere Nachbarschaft – mit den freien Kulturschaffenden umgegangen wird, wie dort mit den sogenannten kleinen Gruppen umgegangen wird, wie dort Theater- und Museumspositionen besetzt werden, wie dort mit der freien Kulturausübung umgegangen wird. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das begrüßen wir nicht!) – Sie begrüßen es nicht, aber wenn Sie den Bericht lesen, werden Sie lesen, dass ihm der Herr Viktor Orbán auf der Autobahn entgegengekommen ist, von einem Treffen, zu dem der Herr Spindelegger eingeladen hat. Offensichtlich ist Ihnen das alles gar nicht so fremd.
Ich sage nur, es ist entscheidend und wichtig, dass wir ein solches offenes Kulturklima nicht als selbstverständlich annehmen (GR Mag Wolfgang Jung: Sie halten es ja auch nur für Ihre Leute offen! Sie sind einseitig!), dass wir täglich auch darum kämpfen müssen und dass es eine politische Entscheidung ist, ein solches offenes Kulturklima in dieser Stadt auch aufrechtzuerhalten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin ja sehr dafür, dass wir uns in vielen Bereichen – und die heutige Diskussion hat das bewiesen – durchaus sachlich und durchaus in einem guten Klima miteinander auseinandersetzen und möchte das auch selbstverständlich gerne fortsetzen, auch in den wichtigen sachpolitischen kulturellen Fragen dieser Stadt. Ich lade Sie auch weiterhin gerne ein, mit uns gemeinsam das alles zu entwerfen. Ich sage nur eines: Um diese Grundsätze eines offenen kulturellen Klimas – eine öffentliche ausreichende Kulturfinanzierung, das Nichteingreifen in künstlerische Entscheidungen, auch etwas offen zu lassen und zu ermöglichen – werde ich mich jedenfalls
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