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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 23.09.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 31

 

not least – um junge Familien mit Kindern, von denen wir nicht wollen, dass sie in dem Moment, wo sie Kinder kriegen, glauben, die Stadt verlassen und im Umland das berühmte Häuschen im Grünen kaufen zu müssen (Beifall bei den GRÜNEN.), weil das Level in der Stadt nicht gut genug für ihre Kinder ist.

 

Es geht also darum, wie wir mit unserer Stadt umgehen. Und da ist Mobilität, da ist Verkehrspolitik zentraler Bestandteil einer Politik, die das Leben in seinem Alltag, die alltägliche Lebensqualität in den Mittelpunkt stellt. Ich glaube, darin werden wir bald einmal alle einer Meinung sein. Aber wenn es um die Wurst geht, dann geht diese ziemlich bald wieder auseinander. Ich habe mich im Vorfeld gefragt, warum das so ist, und ich habe eine relativ einfache Antwort: Die meisten von uns hier besitzen ein Auto, manche von uns wahrscheinlich sogar mehr als eines. Macht uns das notwendigerweise zu Autofahrern? – Ich hätte gesagt, ja, solange wir am Steuer sitzen. Irgendwann einmal hören wir auf, Auto zu fahren, stellen das Auto ab. Und genau in diesem Moment werden wir alle wieder Mütter, Väter, Kinder von irgendjemandem (Unruhe bei ÖVP und FPÖ.), zu Menschen, die in ihrer eigenen Gasse gerne Verkehrsberuhigung haben, denen es wichtig ist, dass ihre eigenen Kinder in Sicherheit über die Straße gehen können, zu Menschen, denen es wichtig ist, dass die Tempo-30-Zone vor ihrem Haus auch eingehalten wird, zu Menschen, die einfach auch andere Bedürfnisse haben, die plötzlich eine andere Bedeutung gewinnen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich würde sagen, das ist das klassische Dilemma der Verkehrspolitik in Städten. Und ich meine, dass die meisten Städte, mit denen wir uns messen, dieses Dilemma in den 90er Jahren längst hinter sich gelassen haben. Die Gründe, warum sie andere Prioritäten gesetzt haben, liegen auf der Hand: Klimagase, Erderwärmung, Flucht ins Umland, Autos, die man bald einmal stapeln kann, weil nicht genug Platz ist, um alle diese Autos vor allem in engen historischen Städten unterzubringen, und vieles andere mehr. Nicht zuletzt auch der allgegenwärtige Stau, der nicht dadurch gelöst werden kann, indem man noch mehr und noch mehr und noch mehr Straßen baut, vor allem – wie gesagt – im Inneren der Stadt, wo kein Platz dafür ist.

 

Ich möchte daher an dieser Stelle noch ein paar Sätze bringen, von denen ich glaube, dass mir dabei alle recht geben werden. Alle wollen gerne in einer ruhigen Gasse wohnen. Stimmt‘s? Nicht umsonst ist übrigens Grünruhelage ein Zuschlag in unserem Mietrecht. Zweitens: Ruhe, Ruhe, das Genießen von Grün vor dem eigenen Fenster und die Möglichkeit, sich in den Gärten ihrer Villen und auf ihren Dachterrassen frei zu bewegen, soll nicht allein das Privileg von Reichen sein. (Beifall bei den GRÜNEN.) Drittens: Es gibt keine ökologischen Abgase und keinen gesunden Lärm. Und deshalb viertens: Niemand wünscht sich noch mehr Verkehr in Wien. Ist es so, oder nicht? (GRin Ing Isabella Leeb: Aber jetzt ist es mehr!) 

 

Konsequent in politisches Handeln übersetzt, bedeutet das für Städte ein ganz klares Programm: Öffis ausbauen und taktaktivieren, Autoverkehr aktiv reduzieren, Radverkehr aktiv ausbauen, verkehrsberuhigte Zonen und öffentlichen Raum im Inneren der Stadt gewinnen, damit nicht zuletzt mehr Menschen auch Alltagswege gerne zu Fuß zurücklegen. (GRin Ing Isabella Leeb: Dann machen Sie es!) Alle Städte gehen diesen Weg, unabhängig davon, ob sie konservativ, liberal, sozialdemokratisch oder grün regiert sind. Und alle Städte, die diesen Weg gehen, machen Phasen durch, in denen es Kontroversen gibt, haben immer wieder schwierige Entscheidungen umzusetzen und müssen diese Phase einfach durchstehen, bis sie genau jene Vorteile für die Lebensqualität aller Bewohnerinnen und Bewohner erreichen, um die es hier geht.

 

Nun komme ich zu den GRÜNEN. Wir nehmen ernst, was wir sagen. Es wird Sie nicht überraschen: Klimaschutz in der Stadt heißt unter anderem, mehr Öffis, mehr Fußgänger, mehr Radler, weniger Autoverkehr. Was haben wir jetzt nach drei Jahren grüner Verkehrspolitik? (GRin Mag Barbara Feldmann: Mehr Chaos! – GR Mag Wolfgang Jung: Chaos!) – Mehr Öffis, mehr Fußgänger, mehr Radler, weniger Autoverkehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Und warum haben wir das? Und warum haben wir das? – 365-EUR-Jahreskarte plus 60-EUR-Jugendticket für das ganze Jahr, Parkpickerl, Radwege, ja, neue Mariahilfer Straße, und bald zusätzliche Straßenbahnlinien und U-Bahn-Ausbau, wenn wir uns das leisten können. Und glaubt irgendjemand allen Ernstes, das ginge ohne Kontroverse? Glaubt irgendjemand allen Ernstes, das geht so einfach? Ich glaube das nicht. Und das eine will ich Ihnen an dieser Stelle sagen, gerade und auch mit Blick auf den kommenden Wahlsonntag: Österreich braucht eine Politik, die nicht beim ersten Gegenwind einknickt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Womit wir genaugenommen mitten in der Mariahilfer Straße angekommen wären. Ja, es ist klar, zu Beginn braucht es eine Zeit, bis sich alle gemerkt haben, was die neuen Regeln sind, und bis alle beschließen, sich auch daran zu halten. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Welche Regeln?) Deshalb – und nicht umsonst – haben wir von Anfang an gesagt, das Projekt hat vier Phasen: Umsetzungs- und Optimierungsphase, in der man sich anschaut, was gut funktioniert und wo es zu Problemen kommt. Zweitens: Evaluierung. Drittens: Adaptierungen. Viertens: Umbau. – Genau genommen befinden wir uns gerade an jenem Punkt, wo die Optimierungsphase zu Ende geht. Im Oktober gibt es die Evaluierungsergebnisse und danach folgen Entscheidungen, wie und wo es zu Adaptierungen kommt.

 

Was haben wir auf der Mariahilfer Straße? – Nun, zunächst einmal haben wir zwei Begegnungszonen, und ja, Begegnungszonen sind neu. Nicht zuletzt ist es so, dass sie überhaupt erst seit vergangenem Frühjahr in der Straßenverkehrsordnung ermöglicht wurden. Sie bedeuten auch eine Umstellungsphase. Ich bin überzeugt davon, dass die Begegnungszone genau in dem Moment viel, viel, viel leichter und besser funktionieren

 

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