Gemeinderat, 45. Sitzung vom 18.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 107
beim Sparen Sparvorschläge, falls sie von der Opposition kommen, per se sofort als unseriös bezeichnen und ablehnen, und die eigene Spargesinnung sich darin manifestiert, dass Sie bei Wiener Wohnen die Kundenbetreuungszentren zentralisiert haben – wobei das im Großen und Ganzen alles ist, was hier an wesentlichen Themen kommt –, dann ist das wahrlich kein großer Wurf. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte dennoch dieses Jahr damit beginnen, etwas Positives an diesem Budget zu finden, nämlich – Sie haben diesem Faktum durchaus breiten Raum gewidmet –: Die Neuverschuldung ist geringer geworden. Das ist gut so, denn wir müssen Richtung eines ausgeglichenen Budgets gehen. Wir wollen vielleicht sogar Überschüsse machen, um wirklich Handlungsspielraum zum Investieren zu haben.
Ich fürchte aber, das war’s dann auch schon mit den Komplimenten; denn der Grund, warum die Neuverschuldung geringer wurde, sind nicht etwa wirkliche Strukturreformen, der Grund ist ein Einnahmenrekord. Sie haben es auch kurz angesprochen. Dieser Einnahmenrekord findet allerdings nicht wegen toller Konjunkturentwicklung oder wegen eines prosperierenden Arbeitsmarktes statt. Nein, wir haben auch einen Rekord, was die Gebühreneinnahmen betrifft. 660 Millionen EUR sind es beispielsweise in diesem Entwurf.
Wir haben etwas, was ich die unsoziale Praktik der Selbstbedienung nenne, nämlich die Valorisierung. Bei dem Budget der Stadt Wien ist es eigentlich sehr ähnlich wie beim berühmten Haushaltsgeld der Wetti-Tant‘. Wenn es ein Minus gibt, dann hat man zwei Möglichkeiten: Man versucht, höhere Einnahmen zu lukrieren, oder man versucht, bei den Ausgaben zu sparen. Und signifikant dafür, wie hier in dieser Stadt budgetär vorgegangen wird, war ja in einem ganz anderen Zusammenhang die Aussage des langjährigen SPÖ-Finanzministers und Wiener Stadtrates Rudi Edlinger, der gemeint hat, wenn die Politik zu wenig Geld hat, erhöht sie einfach die Steuern. – Das ist bei einem Verein, und das war der Hintergrund seiner Aussage, zugegebenermaßen schwieriger.
Das zeigt das Denken in dieser Stadt: Wenn uns das Geld ausgeht, her mit dem Geld, rauf mit den Tarifen, rauf mit den Einnahmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Das Einsparungspotenzial - und da meine ich kein Kaputtsparen, kein Sparen an den Leistungen, da meine ich einfach Heben von Synergien -, dem wird viel zu wenig Spielraum und Hauptaugenmerk geschenkt. Nicht zum ersten Mal haben Sie, Frau Vizebürgermeisterin, in Ihrer Rede davon gesprochen, dass Sie manches schon zum 27. Mal erzählen. So weit ist es bei mir nicht. Aber gehen wir zum Stichwort Pensionen, zum Thema der Harmonisierung des Pensionssystems wie schon so oft nicht nur von der Politik gefordert. Fehlanzeige. Gehen wir zum Thema der Praxis der Frühpensionen. Derzeit sind wir wieder in einer Situation, dass es organisatorische Frühpensionierungen in dieser Stadt gibt, wo selbst Bundeskanzler Faymann, der nicht im Verdacht steht, mir mal nach dem Mund zu reden, im heutigen „Kurier“ davon spricht, dass es auch in dieser Stadt massiven Handlungsbedarf gibt. Schaffen wir doch endlich ein Klima in dieser Stadt, in der Arbeit nicht per se als Belastung, sondern vielleicht auch als sinnstiftend empfunden wird. Auch das wäre Aufgabe einer Politik, die sich der Verantwortung stellt.
Ich habe auch schon mehrfach das Thema der Öffentlichkeitsarbeit angesprochen. Wir hatten gerade die letzten Tage und Wochen wieder ein Geschäftsstück mit Auslagerungen für Öffentlichkeitsarbeit für die nächsten 8 Jahre über 133 Millionen EUR auf der Tagesordnung. Ein Geschäftsstück übrigens, das noch 2005 von einer der Regierungsfraktionen als dubioser Millionendeal tituliert wurde. Und dieses Geschäftsstück wird praktisch unverändert, natürlich in vorauseilendem Gehorsam, jetzt fest applaudiert, obwohl der PID 110 Mitarbeiter hat und es Aufgabe des PID wäre, diese Agenda selbst wahrzunehmen.
Und schauen wir uns jetzt, wenn wir beim Thema Öffentlichkeitsarbeit sind, ein anderes Beispiel des grünen Agierens in dieser rot-grünen Stadtregierung an: Die Mobilitätsagentur, gegründet, um Aufklärungsarbeit zu leisten, gegründet, um den Leuten Lust auf ein Verkehrsmittel zu machen. 9 Millionen sind von 2012 bis 2015 für diese Mobilitätsagentur veranschlagt. Bei den Zahlen muss gepixelt werden, damit zumindest der Erklärungsgrund für diese Agentur erhalten bleibt.
Und wenn ich schon bei den GRÜNEN bin, bin ich auch gleich bei der Geschäftsgruppe Verkehr. Wo ist dort die Spargesinnung? Dort gibt es eine Idee nach der anderen, die mehr und mehr Geld kosten: Die vielzitierten grünen Radwege, die man über die ganze Stadt um einen zweistelligen Millionenbetrag mit Farbe bekleistern wollte. Dann gab es kurz die Idee der Natursteinpflasterung einer Fußgängerzone, von der wir alle wissen, dass sie vom Erfolg her enden wollend ist. Aber das darf man ja. Natürlich darf man das, denn man hat ja in diesem Verkehrsressort auch wirklich für Einnahmen gesorgt. 70 Millionen sind es, die jedes Jahr mehr durch die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung hereintrudeln. Aber Reformmangel in dieser Stadt ist nicht nur ein politisches Urteil von uns und vielleicht generell von der Opposition, sondern es gibt ja auch, und Sie haben es schon angesprochen, wenngleich bedauerlicherweise sofort einmal als unseriös qualifiziert, durchaus Fachleute, die da ein gigantisches Einsparungspotenzial sehen, wie beispielsweise der wirtschaftliche Vorstand der EcoAustria, Dr Ulrich Schuh, in der allgemeinen Verwaltung dieser Stadt. Auch hier sage ich: Weg mit dem Speck, den wir in dieser Stadt mittragen. Das hat nichts mit Leistungskürzungen für die Bevölkerung zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber wenn die Pro-Kopf-Quote in den restlichen Ländern und Gemeinden bei 983 EUR liegt in einem Umfeld, wo es durchaus auch noch Einsparungspotenzial geben kann und geben wird, wie wir wissen, in Wien aber bei 1 102 EUR liegt, dann stellt sich, wie so oft, die Frage nach dem Warum. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Weil die dort nicht bereinigt sind!) Und noch vielmehr stellt sich
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