Gemeinderat, 45. Sitzung vom 18.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 107
Bodenschätze, die wir vermarkten. Wir sind als Standort auch und vor allem von geistiger Leistung abhängig. Wien hat durch die Ansiedlung von vielen Universitäten, die ohnedies vom Bund finanziert werden, einen Standortvorteil. Den nutzen wir nicht. Und jetzt kürzen wir auch noch das Budget im Bereich Wissenschaft und Forschung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wird Ihnen auch nicht die neueste Postille des Bohmann-Verlages helfen, ein periodisch erscheinendes Abo-Magazin für die Zielgruppe Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung. Denn was wollen Sie dort verkünden? Dass es für Wissenschaft und Forschung weniger Mittel gibt? Deswegen ein Appell, Herr Van der Bellen: Ich ersuche Sie eindringlich, schon heute auf den ihrem Wirken als Beauftragter zugedachten jährlichen Betrag zu verzichten und diesen Betrag von über 200 000 EUR per anno wirklich der Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen. Gegebenenfalls werden wir diese Entscheidung wieder mit einem eigenen Antrag erleichtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wünschen uns einen transparenteren Kulturbereich, wir wünschen uns einen Kulturbereich, der weniger auf die großen Tanker und mehr auf die vielen kleinen Initiativen Rücksicht nimmt. Wir werden dem Budget nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Werner-Lobo. Selbstgewählte Redezeit 12 Minuten. Ich erteile das Wort.
GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Lieber Herr Stadtrat!
Ich bin jetzt in der ein bisschen unangenehmen Situation, dass ich der Kollegin Leeb, was den Kulturteil ihrer Rede betrifft, uneingeschränkt zustimmen muss, darf, kann. Ich sehe das ganz ähnlich und ich freue mich sehr, dass es von der Kollegin Leeb dieses Bekenntnis zur Notwendigkeit einer erhöhten Förderung für Kultur gibt. Ich glaube, in allen Fraktionen würden wir hier Leute finden und gemeinsam wahrscheinlich sogar Fraktionsstärke gewinnen, wenn es darum geht, das Kulturbudget maßgeblich zu erhöhen.
Wir würden uns darüber freuen. Ich glaube, dass Kulturpolitik immer auch gleichzeitig Bildungspolitik, Sozialpolitik, Integrationspolitik, sogar Arbeitsmarktpolitik ist. Und ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass es gelungen ist, in dieser Stadt trotz der wirtschaftlichen Zwänge auch die Solidarität aller anderen Politikfelder zu haben, wenn es nämlich darum geht, dass das Kulturbudget nicht gekürzt wird, dass es auf sehr, sehr hohem Niveau, wenn wir im internationalen Vergleich stehen, stabilisiert werden kann, dass es trotz den Zwängen immer noch in einzelnen Bereichen Ausbauten gibt.
Wir wissen, dass einige Bereiche automatisch teurer werden. Das heißt, mehr oder weniger gleich bleibende Budgets bedeuten natürlich, dass man immer sehr, sehr sorgsam in einigen Bereichen immer wieder Sparpotenziale suchen muss und weiterhin suchen wird, damit man in anderen Bereichen eben ausbauen kann.
Man kann es sich, glaube ich, vorstellen wie ein gut eingerichtetes Zimmer. Das Kulturzimmer der Stadt Wien ist wirklich phantastisch gut eingerichtet. Da brauchen wir den Vergleich mit anderen Städten nicht zu scheuen. Aber natürlich möchte man, vor allem, wenn womöglich neue Leute in diesem Zimmer wohnen wollen, hin und wieder auch neue Möbel reinstellen, und um neue Möbel reinzustellen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man stellt alte hinaus oder man vergrößert das Zimmer.
Wir alle, die wir da jetzt in der Kulturpolitik tätig sind – und es freut mich, dass das offenbar fraktionenübergreifend ist –, würden das Zimmer am liebsten vergrößern. Wir werden aber in Zukunft sicherlich auch darüber nachdenken müssen, solange es nicht vergrößerbar ist, wo wir in Bereichen auch Einsparungen setzen, damit wir Neues zulassen können.
Ich freue mich deswegen insbesondere darüber, dass es ein allgemeines Bekenntnis – und soweit ich verstanden habe, ist auch dieses Bekenntnis fraktionenübergreifend – zu diesem großen neuen Projekt des Wien Museums gibt. Ich freue mich bekanntermaßen auch sehr über die Standortentscheidung. Ich weiß, dass das keine leichte Entscheidung war. Ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass diese Entscheidung wirklich mit Bedacht gefällt wurde.
Wir haben in der Vergangenheit häufig erlebt, dass solche Großinvestitionen rasch getroffen wurden, dass Entscheidungen gefällt wurden, die uns nachher auf den Kopf gefallen sind, sodass wir heute noch die Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit mittragen müssen. Ich glaube, dass beim Wien Museum daraus gelernt wurde.
Ich danke ausdrücklich auch dem Kulturstadtrat, dass diese Entscheidung mit Sorgsamkeit und Professionalität angegangen wurde. Manchmal hat die Opposition sich darüber beklagt, dass es zu lange dauert. Ich glaube, Sie sollten sich darüber freuen, dass man sich da wirklich die Zeit genommen hat, international Beispiele anzuschauen und dass man die Standortprüfung sehr, sehr genau vorgenommen hat.
Ich glaube, das Wien Museum ist eine der größten kulturpolitischen Entscheidungen dieser Legislaturperiode. Da geht es um ein neues Haus – das jetzt auch ein neues Haus am Karlsplatz sein wird –, das ein Museum aller Wienerinnen und Wiener sein soll. Da geht es nicht nur um eine neue Ausstellungshalle für Kulturinteressierte, sondern da geht es darum, alle Milieus, alle Bevölkerungsschichten dieser Stadt einzubinden, und das bereits im Vorfeld.
Wir haben international gute Beispiele dazu gesehen. Wir waren alle gemeinsam, alle Kulturpolitiker und -politikerinnen aller Fraktionen, im Vorjahr auf einer Ausschussreise, die sehr, sehr lehrreich war. Wir haben schöne Beispiele dafür gesehen, wie man das erfolgreich umsetzen kann.
Ich zitiere meistens das Museum in Liverpool. In Liverpool hat man, bevor noch der Grundstein gesetzt wurde, 50 000 Pfund ausgegeben, um ein partizipatives Projekt mit allen Bevölkerungsschichten zu starten, wo
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