Gemeinderat, 47. Sitzung vom 13.12.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 104
weit trauriges Schlusslicht bei der Mülltrennung. Trotz aufwändiger Werbekampagnen, die vor allem darauf abzielen, möglichst originell und witzig zu sein. Das Ergebnis ist jedoch alles andere als zufrieden stellend. Müllvermeidung und Mülltrennung hat sehr viel mit Bewusstseinsbildung zu tun. Es ist daher notwendig, dass die vermittelten Inhalte auch dort ankommen wo ein Bewusstseinsdefizit herrscht. Werden Sie in Anbetracht der nachweislichen Wirkungslosigkeit der derzeitigen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit des Umweltressorts den bisherigen Stil, der Witz und Spaß in den Vordergrund stellt, hin zu einer allgemein verständlichen, vor allem auf Personen mit geringem Bewusstsein und Wissen bezüglich Müllvermeidung und -entsorgung abgezielte Werbestrategie ändern?)
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage beschäftigt sich mit dem Thema Mülltrennung in Wien.
Ich möchte vielleicht gleich am Anfang, Herr Gemeinderat, einen Irrtum aufklären. Auch bei der getrennten Sammlung ist es so, dass es einen Unterschied gibt zwischen Quantität und Qualität. Jetzt heißt das übersetzt: Wer mehr sammelt, muss nicht unbedingt besser sammeln. Also bei dem Schluss, den Sie hier ziehen, dass andere Bundesländer wesentlich größere Tonnagemengen getrennt sammeln, also Metall, Plastik, Papier, und so weiter, muss man sich natürlich auch die Qualität des Gesammelten anschauen und nicht, wie das teilweise passiert, Äpfel mit Birnen vergleichen.
Laut ARA ist Wien das Bundesland, das die höchste Sammelqualität hat. Das heißt, wir können unsere gesammelten Rohstoffe, zum Beispiel Plastik, zu einem wesentlich höheren Prozentsatz wiederverwerten, als das andere Bundesländer können, und das ist, glaube ich, schon ein entscheidender Faktor.
Ein zweiter entscheidender Faktor ist, dass zum Beispiel bei der Kunststoffsammlung – die auch in der Anfrage zitiert ist – der österreichische Durchschnitt für Fehlwürfe bei 22 Prozent und in Wien lediglich bei 9 Prozent liegt. – Warum? In ganz Österreich wird Plastik völlig undifferenziert gesammelt. Das heißt, in die gelbe Tonne wird alles hineingeworfen, was Plastik ist. Jetzt werden Sie verstehen, dass, wenn da über hundert verschiedene Plastiksorten drinnen sind, eine Wiederverwertung im Sinne von „du machst aus Flaschen wieder Flaschen“ nicht möglich ist. Und was passiert damit? – Es wird thermisch verwertet, und thermische Verwertung ist der höfliche Ausdruck dafür, dass es in die Müllverbrennung kommt. Das halte ich nicht für unglaublich sinnvoll, denn dann kann man es gleich in den Restmüll geben.
In diesem Sinne haben wir unsere Plastiksammlung im Jahr 2004 umgestellt. Wir sammeln nur noch sogenannte Hohlkörper, das sind also im Wesentlichen Plastikflaschen, die in einer Bottle-to-Bottle-Fabrik wieder zu anderen Plastikflaschen recycelt werden. Jetzt können Sie mir sagen, was aus Ihrer Sicht sinnvoller ist? – Wir sammeln die doppelte Menge an Plastik, können aber nichts damit anfangen, oder wir haben zugegebenermaßen eine geringere Sammelquote, haben aber dafür eine fast 90- bis 100-prozentige Verwertungsquote? – Ich sage Ihnen ganz ehrlich, da bin ich gerne dazu bereit, das – wie Sie sagen – Schlusslicht in Österreich zu sein, was die Menge betrifft, aber dafür fahre ich damit nicht in die Müllverbrennung, sondern kann aus den Flaschen, die wir gesammelt haben, wieder Flaschen machen. Dazu stehe ich und ich glaube, dass das auch wirklich eine gute, richtige und wichtige Strategie ist.
Ich möchte nun auch zum Altmetall sprechen und werde dann noch auf die einzelnen Sammelgruppen detaillierter eingehen. Auch beim Thema Altmetall ist es zum Beispiel so, dass es uns – kombiniert mit der Erfassung, die wir dann noch in den Müllverbrennungen haben, wo es noch eine eigene Abscheidung gibt – gelingt, unglaubliche 90 Prozent von sämtlichen Metallen, die sich im Restmüll befinden, die sich also überhaupt in Wien im Umlauf befinden, herauszuholen, zu recyceln und wiederzuverwerten. Ich glaube, dass das schon eine wirklich sehr gute Quote ist, auch verglichen mit allen anderen Bundesländern. Und das kann ich allerdings in Ihrer Anfrage nicht finden.
Das heißt, der große Unterschied ist, wir haben sehr große Reinheitsgrade in den Fraktionen, die wir sammeln, und wir können damit auch wirklich sehr viel anfangen. Warum wissen wir das so genau? – Weil wir alle sechs Jahre eine detaillierte Müllanalyse beauftragen und auch durchführen. Wir haben auch im Jahr 2009 von der ARA den Qualitätspreis für die Sammlung von Altstoffen bekommen, und zwar genau aus dem Grund, weil wir eben einen sehr hohen Reinheitsgrad haben und eine sehr hohe Wiederverwertung möglich ist.
Die ARA hat damals auch einige Umfragen gemacht, und es gibt auch aktuelle Umfragen zu diesem Thema. Das Ergebnis ist, dass 90 Prozent der Menschen in Wien mit der getrennten Sammlung sehr zufrieden oder zufrieden sind. Das heißt, wir haben von 90 Prozent der Menschen die Noten 1 und 2 bekommen. Daher kann unser Sammelsystem doch nicht so schlecht sein, wie Sie das darstellen, wenn die Menschen zum größten Teil damit zufrieden sind. 85 Prozent der Menschen in Wien wünschen sich außerdem keine Änderung beim Sammelsystem. Auch das ist für mich doch ein Hinweis, dass es da schon in eine ganz gute Richtung geht.
Ich möchte jetzt noch einmal zu den einzelnen Fraktionen im Detail kommen. Die Kunststoffflaschen habe ich ja schon erwähnt: Wir sammeln jährlich mittlerweile 6 000 Tonnen. Für die Produktion von 1 Tonne neuer PET-Flaschen benötigt man 1,9 Tonnen Erdöl, durch die Verwertung der in Wien gesammelten PET-Flaschen werden durch die Wienerinnen und Wiener jährlich fast 10 000 Tonnen an Erdöl eingespart. Ich glaube, das ist wirklich auch eine schöne Zahl. Das mit der Bottle-to-Bottle-Verwertung habe ich schon gesagt, das heißt, wir können aus den gesammelten Flaschen wieder neue Flaschen produzieren, und das ist eben ein großer Unterschied zu vielen getrennten Sammlungen in den anderen Bundesländern. Ich gehe aber ehrlich gesagt davon aus, dass auf Grund des Erfolgs, den wir in Wien mit der
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