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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 105

 

Herren, sind nur einige Beispiele für Investitionen, die wir mit diesen zweckgebundenen Einnahmen tätigen, und das ist ein Beweis dafür, dass die Stadt verantwortungsbewusst mit den Gebühren und dem Valorisierungsgesetz umgeht.

 

Gerade im Zusammenhang mit der Gebührenentwicklung ignorieren manche beharrlich sämtliche Zahlen und Fakten: Belastungen werden gerne ins Unendliche kumuliert, die Entlastungen, für die diese Regierung massiv verantwortlich zeichnet, lässt man hingegen einfach unter den Tisch fallen.

 

Die Fakten sind klar: Den Gebühren- und Tariferhöhungen, die notwendig waren, weil ihnen immer mehr und bessere Leistungen gegenüber stehen, stehen viele Entlastungen gegenüber: Günstige Jahreskarte, Gratiskindergarten, künftig auch Gratisnachhilfe an den Schulen. All das überwiegt die Teuerungen für die überwiegende Mehrheit unserer Bürger und Bürgerinnen bei Weitem!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wien erhöht jedenfalls keine Gebühr aus Jux und Tollerei. Sie wissen ganz genau, dass ein sogenanntes Körberlgeld gesetzwidrig wäre. Was in Wirklichkeit mit den Einnahmen geschieht, kann man nachlesen und habe ich Ihnen an einigen Beispielen jetzt erläutert.

 

Liebe Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, die sich über die Tarife zum Beispiel unserer Öffis so echauffieren: Ich kann nur davon ausgehen, dass Sie das wider besseres Wissen tun! Oder wissen Sie nicht, dass zum Beispiel im FPÖ-regierten Klagenfurt Mindestpensionisten gerade einmal 15 Buslinien zur Verfügung haben, die im Halbstundentakt fahren, und dafür 420 EUR im Jahr zahlen müssen? Und auch in Graz wurden gerade von einem ÖVP-Bürgermeister unter kräftiger Mithilfe des FPÖ-Verkehrsstadtrats die Öffi-Tarife kräftig erhöht.

 

Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich möchte jetzt nicht mit dem Finger auf andere Kommunen und Bundesländer zeigen. Diese haben es genauso schwer wie wir und versuchen, bestmögliche Arbeit zu tun. Ich möchte im Rahmen meiner Rechnungsabschlussrede nur einer meiner Meinung nach unangebrachten und unfairen Kritik Zahlen und Fakten gegenüber stellen.

 

Gerade im Zusammenhang mit der Preisentwicklung ist nämlich absolute Seriosität angebracht. Wissen Sie, ich könnte mich jetzt hierher stellen und Ihnen erzählen, dass ausschließlich mein Druck bewirkt hat, dass Wien Energie ab Oktober eine Strompreissenkung erreicht hat. Das wäre eine gute Geschichte, sie stimmt aber nicht! Deswegen erzähle ich so etwas nicht, weil wir hier seriös sein wollen, müssen und es auch sind.

 

Tatsache ist, dass das Unternehmen trotz weiterhin schwieriger energiewirtschaftlicher Rahmenbedingungen die gesunkenen Großmarktpreise an die Endkunden weitergibt. – Was diese Senkung aber sehr wohl beweist, sehr geehrte Damen und Herren, ist der verantwortungsvoller Umgang kommunaler Unternehmungen mit ihren Kundinnen und Kunden (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Gerade im Zusammenhang mit der Gebührenentwicklung erschallt oft der Ruf nach Privatisierung. – Nun frage ich Sie: Kennen Sie einen Privaten, der auch nur in ähnlicher Dimension wie die kommunalen Unternehmungen der Stadt in Qualität investiert? – Wenn ja, dann lassen Sie mich es bitte in Ihren kommenden Aussendungen wissen! Ich warte gerne auf diese Positivbeispiele!

 

Ich darf Ihnen von einem Fall erzählen, über den ich vergangene Woche in „Guardian“ gelesen habe: Das Unternehmen „Thames Water“, der Londoner Wasserversorger, der aus den Privatisierungen Margret Thatchers hervorgegangen ist, wurde vor Kurzem von Experten und Expertinnen durchleuchtet. Dabei zeigte sich, dass das Unternehmen eher einer Matroschka-Puppe als einem Wasserversorgungsunternehmen gleicht! Eine Holding verbirgt sich hinter der nächsten Holding, dann gibt es wieder eine Holding, und so weiter. Zwischen den Wasserversorgungsunternehmer an sich und die Aktionäre und Aktionärinnen sind nicht weniger als fünf Firmen geschaltet. Dazu kommen noch einige Tochterunternehmen, die ihren Firmensitz mitunter auch im Steuerparadies Cayman Islands haben.

 

Bei der Überprüfung der Finanzgebarung von „Thames Water“ zeigte sich rasch der Grund für diese Schachtelkonstruktion, und es fanden sich bei der Untersuchung der Experten und Expertinnen vor allem die NutznießerInnen dieser komplizierten Konstellation: In drei von fünf Jahren entnahmen die Aktionäre und Aktionärinnen mehr Dividenden als Gewinne nach Steuern übrig blieben. Die Schulden verdoppelten sich im selben Zeitraum auf 7,8 Milliarden Pfund, also 9,7 Milliarden EUR.

 

Was war die Schlussfolgerung der Experten und Expertinnen? – Zu Gunsten der privaten Investoren wurde ein Schuldenberg angehäuft, und die Kunden und Kundinnen sehen sich mit schlechter Qualität und einer höheren Wasserrechnung konfrontiert. – Das ist das Ergebnis von Privatisierungen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, das wollen! Wir wollen das jedenfalls nicht. In Wien wird es keine Privatisierungen der Daseinsvorsorge geben! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, stehen wir als Stadt vor großen Herausforderungen, denn auch der Umstand, dass unsere Stadt laut Mercer-Studie bereits zum fünften Mal zur Stadt mit höchster Lebensqualität weltweit gewählt wurde, ist kein Grund, sich darauf auszuruhen. Ebenso wenig dürfen wir uns darauf ausruhen, dass rund 97 Prozent der Wiener und Wienerinnen gerne oder sehr gerne in Wien leben, wie eine Befragung unter 8 400 Personen in Wien zeigt.

 

Sie wissen genauso gut wie ich, dass Wien nach den derzeitigen Prognosen im Jahr 2033 wieder über 2 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen haben wird. Während in der Vergangenheit für das Bevölkerungswachstum ausschließlich Zuwanderung aus den Bundesländern oder aus dem Ausland zuständig war, gibt es seit 2004 mehr Geburten als Todesfälle in Wien. In Wien wächst also nicht nur die ältere Bevölkerung, sondern auch die Geburten steigen an. Wien wird älter und jünger gleichzeitig.

 

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