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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 12.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 34

 

entschuldigen – gerade im 9. Bezirk keine Drogen konsumiert werden sollten und überall anders schon, also wo der Gedanke herkommt, weiß ich nicht. Aber sollte das jemand glauben, kann ich Sie darüber informieren, dass jetzt schon, wie gesagt, seit vielen Jahren sieben Ärztinnen und Ärzte, die auch hier ihre sozialmedizinische Verantwortung wahrnehmen, Drogenkranke behandeln. Und wo sind denn solche Ordinationen? Ich werde Ihnen jetzt keine Adressen sagen, zum Schutz dieser Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner, aber wir wissen, dass wir in Wien keine Ärztezentren haben, wie das in anderen Städten der Fall ist. Die sind in ganz normalen Wohnhäusern, wo halt der Allgemeinmediziner ist. Und das ist im 9. Bezirk auch nicht anders.

 

Sie können mir glauben, für eine Politikerin gibt es angenehmere Situationen. Denn auch wenn man so ist wie ich, dass man den Grunde nach, wenn es Sinn macht, einem Wickel nicht aus dem Weg geht, ist es trotzdem angenehmer, wenn alle finden, dass das, was man tut, gut und richtig ist. Daher ist es natürlich eine Gratwanderung für die Politik, und dabei ist eine wichtige Balance zu halten, und zwar die Balance zwischen individuellen Interessen von Anrainerinnen und Anrainern und der Gesamtverantwortung für die soziale Sicherheit in dieser Stadt. Das, was ich, außer von der FPÖ, in den letzten Wochen ja von niemand gehört habe, ist, dass es eine solche Einrichtung nicht geben soll. Das hat niemand gesagt, auch keine Bürgerinitiative, sondern es war eigentlich sozusagen immer das Thema: Das soll es alles geben, aber nicht hier bei mir. Das kann man jetzt individuell verstehen – nicht teilen; ich teile es nicht, aber individuell kann man es verstehen –, nur ist das natürlich nicht lösbar. Das ist nicht lösbar, und da sind wir genau bei dem Punkt, der von der Politik eigentlich immer gefordert wird, nämlich Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen, und zwar wohl überlegte Entscheidungen mit den entsprechenden Begleitmaßnahmen.

 

In Wien gibt es in 13 Bezirken 17 Spezialeinrichtungen für suchtkranke Menschen. Da sind die Spitäler nicht dabei, die natürlich diese Beratung und vor allem die medizinische Behandlung auch vorsehen. Wie solidarisch ist es den Bewohnerinnen und Bewohnern der anderen Bezirke gegenüber, in denen es bereits seit Jahren, seit vielen Jahren, um nicht zu sagen, Jahrzehnten Einrichtungen für suchtkranke Menschen gibt, wenn man sagt, das ist schon gut und das soll es schon geben, aber dort, wo ich wohne, will ich es nicht? Was ist das Spezielle, das im Sobieski-Grätzel anders ist, außer dem, was überall anders, an jedem anderen Standort auch stimmen würde, nämlich dass man im Grunde dafür ist, aber das halt hier nicht möchte? Denn wie gesagt, die Gegend in unserer Stadt, wo niemand wohnt, wo keine Schulen und wo keine Kindergärten sind, die gibt es nicht in Wien auf Grund der dichten Infrastruktur, in der wir leben. Und wie moralisch vertretbar ist es, bei Hilfsbedürftigen zwischen Gut und Böse zu unterscheiden? Wo fängt man da an, Grenzen zu ziehen? Heute sind es die Drogenkranken, morgen – und zwar im konkreten Fall, denn da gibt es ja auch eine Sondersitzung der FPÖ – sind es die Asylwerber und die Asylwerberinnen, dann sind dem Nächsten vielleicht die geschlagenen Frauen auch nicht so recht, und dann diskutieren wir bald über die Frage des – unter Anführungszeichen – Lärms, den Kinder am Spielplatz machen.

 

Da muss ich Ihnen sagen, wir müssen Solidarität in unsere Gesellschaft leben, und Solidarität als Prinzip zu leben, bedeutet, dass man nicht so Privilegierten hilft und nicht gegen sie kämpft, wenn sie einem gerade nicht ins Konzept passen. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen und die gesellschaftliche Verantwortung miteinander wahrnehmen, dafür zu sorgen, dass Solidarität nicht nur ein Wort ist in Sonntagsreden, dass Solidarität nicht nur ein Wort ist, dann, wenn es sich nicht vor meiner Haustüre abspielt, dass Solidarität nicht nur ein Wort ist, wenn sozial Schwächere davon betroffen sind, sondern dass Solidarität genau heißt, dass die, denen es eigentlich eh sehr gut geht, ein Stückerl mitdenken, wie es denen geht, denen es nicht gut geht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Das ist uns in allen anderen Bezirken gelungen, ich bin überzeugt davon, dass uns das auch im 9. Bezirk gelingen wird.

 

Der Wiener Weg der Sucht- und Drogenpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheits- und Sozialpolitik in dieser Stadt. Es ist uns eigentlich in den letzten Jahren sehr gut gelungen, hier, abgesehen von der FPÖ, keine kleingeistige parteipolitische Debatte darüber zu führen, weil gute Umsetzung von Sucht- und Drogenpolitik Sicherheit bedeutet für die Kranken, aber gerade auch Sicherheit bedeutet für die Gesunden. Der Wiener Weg im Umgang mit Sucht und Drogen wird auch künftig eine integrierte Sucht- und Drogenpolitik sein, basierend auf dem Prinzip „Therapie statt Strafe“ für jene Menschen, die krank sind, und hartes Vorgehen gegen die Dealer, denn die sind die Verbrecher.

 

Und, ja, unser Ziel ist es, dass so wenig Menschen wie möglich Drogen konsumieren, aber für jene, die sich davon nicht abhalten lassen, den Schaden für sich, aber auch den Schaden für die Gesellschaft möglichst gering zu halten. Suchtkranke werde von uns als Kranke behandelt und sollen nicht vorrangig strafrechtlich verfolgt werden. Drogenkonsumenten und Drogenkonsumentinnen, suchtkranke Personen, sollen in die soziale und medizinische Versorgung dieser Stadt integriert werden. Sie sind Teil dieser Stadt, weil sie durch bloßes Denken und durch bloßes Wünschen, dass es sie nicht gäbe, nicht weg sind, sondern noch mehr Probleme haben und damit der Gesamtgesellschaft und – ich sage es noch einmal – gerade jenen, die mit Drogen nichts zu tun haben und hoffentlich nie etwas damit zu tun bekommen, noch mehr Probleme machen.

 

Eine zukunftsorientierte Präventionspolitik gehört dazu, und selbstverständlich – das ist eine polizeiliche, nationale, aber vor allem noch mehr eine internationale Aufgabe – muss dem organisierten Drogenhandel entgegengetreten werden.

 

Ich bin überzeugt davon, dass im 9. Bezirk auch all jene Sorgen, die es gibt, so wie das bei allen anderen Einrichtungen auch der Fall war, wenn das in Betrieb

 

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