Gemeinderat, 60. Sitzung vom 26.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 53
noch rund 12 000 Personen aus sogenannten Drittstaaten. Wenn die hier studieren und ihr Studium hier absolviert haben, und ich rede nicht von Erasmus-Studenten, wohlgemerkt, die für ein, maximal zwei Semester kommen, sondern ich rede von denen, die hier studieren und hier absolvieren, Bachelor, Master, was auch immer - haben Sie sich schon einmal angeschaut, welche rechtliche Hürden dann existieren, diese Leute im Land zu behalten? Es existiert eine Ziffer über die sogenannte Bleiberate ausländischer Studierender von rund 17 Prozent, höchst unverlässlich. Vielleicht ist es etwas mehr, vielleicht sind es auch erheblich weniger. Der ganze Rest geht. Und das ist insofern eine Perversion, na ja, sagen wir, eine äußerst merkwürdige Situation, als Österreich sich entschieden hat, so gut wie keine Studiengebühren zu verlangen. Die Drittstaatler zahlen Studiengebühren, aber im internationalen Vergleich ist das nichts. Und ein Studium zum Beispiel an den Kunstuniversitäten ist sehr, sehr teuer. Es sind ja bilaterale Verhältnisse zwischen ProfessorIn und StudentIn. Das ist es uns wert. Ich finde das eh gut, dass es uns das wert ist, diese intelligenten oder künstlerisch hochbegabten Menschen nach Wien zu ziehen und sie auf Staatskosten auszubilden. Was ich nicht verstehe, ist, dass man sich dann bemüht, sie wieder los zu werden. Du bist ein ausgezeichneter Techniker, ein begabter Ingenieur, ein hervorragender Pianist, danke schön, das war es, Wiederschau‘n (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Da sind wir gemeinsam!). Na ja, Herr Schicker, Sie stimmen mir zu, aber Sie wissen schon … (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Wir sind gemeinsam!) Ja ja, ich hoffe, dass das was nützt. Sie wissen schon, wer sich auf Bundesebene gegen eine Reform der Bedingungen der Rot-Weiß-Rot-Card ausspricht? Es wäre nicht schwer, wir müssen nur das Vorbild Deutschland hernehmen. Das müssten wir de facto nur abschreiben. Die Deutschen bemühen sich wirklich, diese Leute einmal für eine Zeit lang im Land zu halten. Später gehen sie dann vielleicht eh wieder. Aber in Österreich ist es das Sozialministerium, das sich hier auf Bundesebene querlegt. (Beifall bei GRÜNEN, ÖVP und FPÖ.)
Ich meine, um das zu verwirklichen, Herr Stiftner, was uns, glaube ich, beiden vorschwebt, braucht es verschiedene Dinge, und es braucht, ich glaube, da sind wir uns auch einig, vor allem eine andere Einstellung zur Internationalisierung des Landes, zur Internationalisierung der Forschung - die Wirtschaft ist da sowieso schon weit fortgeschritten -, aber sich dann auch um die Konsequenzen zu kümmern und nicht den Kopf in den Sand zu stecken, was das dann heißt. Es kann dann heißen, dass an einzelnen Institutionen, etwa der Grundlagenforschung, die den Namen „Exzellenz“ wirklich mit Recht hat, fast nur Ausländer tätig sind. Ja, das ist dann so. Das ist wie an der Staatsoper oder bei … (GRin Ing Isabella Leeb: Fußball!) Was ist denn der beste Fußballklub derzeit? Bayern? Barcelona? Das sind internationale Klubs. Wenn Bayern nur Bayern beschäftigen würde, wäre das sicher ein guter Klub, aber nicht mehr. (Heiterkeit bei GRÜNEN und SPÖ.) Und wenn am Institute of Science and Technology in Klosterneuburg nur Österreicher beschäftigt wären, wäre es ein gutes Institut, aber es wäre nicht international exzellent. Das heißt, wenn die pro Jahr, ich weiß nicht genau, fünf oder zehn Doktoratsstipendien ausschreiben, dann werden diese Doktoratsstipendien international ausgeschrieben, und da bewerben sich 500, 800 Leute und mehr, und es werden halt nur 5 oder 10 genommen. Und wenn darunter ein Österreicher/eine Österreicherin ist, wunderbar, aber das war es dann. Ich glaube nicht, dass sich alle darüber im Klaren sind, was das wirklich heißt, nach Exzellenz zu streben, das Humankapital zu importieren, aber dann auch damit einverstanden zu sein, dass eben nur wenige Österreicher darunter sind.
Nebenbei, in Amsterdam ist mir im Lauf der Tage aufgefallen, kein Mensch hat mich darauf angesprochen, wieso ich ein Delegierter aus Wien mit einem holländischen Namen bin. Wäre naheliegend gewesen, oder? Aber ich glaube, für die ist das so selbstverständlich, dass die Leute irgendwelche Namen haben, dass die auf so eine triviale Frage gar nicht kommen.
Herr Stiftner, ich weiß eh, wie das ist in der Opposition, ich war ja auch nicht viel anders im Parlament (Allgemeine Heiterkeit - Beifall bei der ÖVP.).
Es ist nicht so, dass Wien nichts tut, aber es wird halt außerhalb der Community zum Beispiel nicht wirklich wahrgenommen. Kollegin Straubinger hat schon einiges aufgezählt. Haben Sie das Dual Career Service auch schon erwähnt? Das ist eine interessante Initiative, eigentlich ursprünglich der Medizinischen Universität, und jetzt auch der meisten Wiener Universitäten, wobei das Handling, das operative Handling wieder einmal durch den WWTF erfolgt. Das ist nämlich wirklich eine interessante Geschichte. Die Universitäten sind draufgekommen, sie wollen erstens alle ihren Frauenanteil, je höher in der Hierarchie, umso mehr erhöhen. Bei den Studierenden passt es eh, aber je weiter sie nach oben kommen, desto weniger passt es, unter anderem unter den Professoren. Und es stellt sich heraus, dass sehr viel öfter bei den hochqualifizierten Frauen sie nicht nur die Frau berufen können, weil die einen hochqualifizierten Partner haben und sie wollen gemeinsam kommen oder gar nicht. Das ist interessanterweise viel öfter bei den Frauen als bei den Männern, wo es diese Symmetrie nicht gibt, warum, ist ja jetzt wurscht. Jedenfalls haben, um diesem Problem zu begegnen, die Universitäten gemeinsam mit dem WWTF diesen Dual Career Service ins Leben gerufen, eine Art Vermittlungsversuch. Was tun wir in solchen Fällen? Der WWTF ist dafür ausgezeichnet qualifiziert, weil er ja diesen Insider-Blick auf die Wiener Institutionen hat und sich gleichzeitig bewusst ist: Was es unter keinen Umständen geben darf, ist eine Art Nepotismus. Der oder die wird nur berufen, weil die Frau/der Mann eh auch berufen wird. Das wollen die Institutionen vermeiden und das wollen natürlich diese Partner/Partnerinnen unter allen Umständen vermeiden. Ist das eigentlich die Uhr? Das heißt, sie läuft nach hinten, oder? Ja. (Allgemeine Heiterkeit.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Sie haben noch 22 Minuten.
GR Dr Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Noch 22 Minuten, sagenhaft, das gibt es im Parlament nicht.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular