Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 125
gerne einen Österreicher zitieren. Denn auch hierzulande gibt es konkrete Vorstellungen, wie der Fiskalpakt geöffnet werden kann, die sogenannte Silver Rule, die Silberne Regel. Die Silberne Regel ist ein pragmatischerer Ansatz als die Goldene Regel und wurde immerhin von Prof. Aiginger, dem Leiter des Österreichischen Instituts für Wissenschaftsforschung, letztes Jahr vorgeschlagen. Ich zitiere wiederum: „Der Vorschlag“ – also seiner – „ist ähnlich der alten Goldenen Regel der Fiskalpolitik, dass Investitionen in die Zukunft keine Belastung, sondern eine Investition sein können. Nur moderner, weil er explizit in Richtung Zukunft und immaterielle Investitionen geht und Autobahnen in die Wüste - vergleiche Süditalien, Griechenland - ausschließt.“ – Zitat Ende.
Prof. Aiginger meint also, dass der Fiskalpakt in ganz gezielter Weise geöffnet werden soll, indem Ausgaben definiert werden, welche von der enger gefassten Definition der Regelung zu Haushaltsdefiziten ausgenommen werden sollten. Das können zum Beispiel Ausgaben sein, die langfristige Wachstumseffekte haben, wie etwa wichtige, vor allem auch immaterielle Investitionen, etwa in Forschung und Ausbildung, Kinderbetreuung, Instandhaltungen, Ausbau von Infrastruktur, Lückenschluss in Breitband- und Energienetzen oder den Ausbau erneuerbarer Energien und Gründungszentren. Genau die Schwerpunkte, die wir in Wien setzen, über die ich nachher noch berichten werde.
Aiginger schlägt vor, dass die Überschreitung der öffentlichen Ausgaben in diesen vordefinierten Kategorien bis zu 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes außerhalb der Verschuldungsregeln, wie sie im Fiskalpakt für 2015 und 2016 definiert sind, betragen darf. Gleichzeitig sollen Strukturreformen gemacht werden. Auch genauso, wie wir das in Wien tun.
Die Ausnahme von wichtigen Investitionen aus den Fiskalpakten wäre ein wichtiger Schritt für einen klaren antizyklischen Investitionskurs und würde noch mehr als bisher gewährleisten, dass wir den nächsten Generationen keine kaputtgesparte Stadt hinterlassen, sondern eine moderne Stadt mit in die Zukunft gerichteten Angeboten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Und genau das, sehr geehrte Damen und Herren, ist auf kommunaler Ebene unser Kurs. Strukturreformen quer durch alle Bereiche, um Mittel frei zu bekommen, und investieren in den weit gefassten Bereich Bildung und Infrastruktur.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen, die wirtschaftliche Entwicklung und Prognose ist nach wie vor sehr verhalten, auch wenn wir heute ein wenig bessere Zahlen von der Nationalbank gehört haben. Ich darf in Erinnerung rufen, in Österreich gab es ein reales Wachstum im 3. Quartal 2015 von nur 0,3 Prozent. Für die nächsten Jahre gehen die Experten und Expertinnen des WIFO im Moment von 1,4 Prozent aus. Am meisten Sorgen bereitet mir in diesem Zusammenhang die steigende Arbeitslosigkeit. Fakt ist, erst ab einem Wirtschaftswachstum von mindestens 2 Prozent würde die Arbeitslosigkeit zu sinken beginnen. In Wien bräuchten wir auf Grund unserer hohen Produktivität sogar noch höheres Wachstum. Daher ist es umso wichtiger, dass wir in Wien als Kommune mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegensteuern – mit Investitionen in wichtige wachsende Bereiche, die viele Arbeitsplätze schaffen, Kindergärten, Pflege, Bau von Infrastruktur, Maßnahmen im Bereich der Arbeitslosigkeit und Ausbildung, damit die Menschen jene Jobs, die es in dieser Stadt gibt und in Zukunft geben wird, auch annehmen können, und soziale Maßnahmen. Soziale Maßnahmen für jene, denen es durch die Wirtschaftskrise schlechter geht und die dadurch weniger Chancen haben, sowie einen Kaufkraftpolster, um das Geld, das den Menschen durch die Steuerreform im Börsel bleibt, auch abzusichern.
Damit wird es bei den wichtigen Gebühren für die Jahre 2015 und 2016 keine Erhöhungen geben. Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Parkometerabgabe und Parkpickerl sollen nicht teurer werden und damit als Entlastung für die Haushalte wirken. Ebenso wird dieser Kaufkraftpolster für weitere Bereiche gelten, Bäder, Büchereien, aber auch im Bereich des Essensbeitrags im Gratiskindergarten oder beim 365-EUR-Jahresticket für die Öffis.
Sehr geehrte Damen und Herren, diese Maßnahmen, die wir nach wie vor dringend brauchen, und die Auswirkungen der Krise, die nunmehr das achte Jahr andauert, kosten Geld, das wir sorgsam verwendet haben. In dem von uns gesteckten Rahmen haben wir dafür gesorgt, dass Wien von sämtlichen Wirtschaftskennzahlen her stabil da steht.
Das Bruttoregionalprodukt Wiens beträgt prognostiziert für 2016 87,6 Milliarden EUR. Der Schuldenstand wäre damit rund 6,2 Prozent des Bruttoregionalprodukts. 60 Prozent wären laut EU die kritische Grenze, ab derer Gebietskörperschaften Maßnahmen setzen müssen.
Das, sehr geehrte Damen und Herren, gibt uns den Spielraum, weiter in wachsende Bereiche zu investieren. Für nachfragewirksame Ausgaben sind 2016 über 4,8 Milliarden Eur veranschlagt. Das ist nach wie vor wichtig, um die Nachfrage zu stimulieren und Arbeitsplätze in Wien abzusichern.
Die antizyklischen Investitionen der Stadt und ihrer Unternehmungen in der Höhe von veranschlagten 2,9 Milliarden EUR sorgen dafür, dass die Auswirkungen der Krise für unsere Stadt und ihre Bewohner und Bewohnerinnen so gedämpft wie möglich ausgefallen sind. Wir haben klare Schwerpunkte bei den Investitionen gesetzt. Bei den Ausgaben im Bereich Bauwesen werden 1,9 Milliarden EUR in Wien direkt in einen sehr beschäftigungsintensiven Bereich fließen. Der Ausbau und die vermehrte Annahme des Gratiskindergartens schlagen sich mit 767 Millionen EUR zu Buche. Investitionen im Bereich Bildung: 1,4 Milliarden EUR; Ausgaben im Gesundheitsbereich: 2,2 Milliarden EUR, die bei gleichzeitiger Kostendämpfung allen Menschen weiterhin eine exzellente Gesundheitsversorgung in Wien ermöglichen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir vom Sparen und Investieren sprechen und wenn es konkret darum geht, wo in dieser Stadt gespart wird, dann ist der Gesundheitsbereich ein Paradebeispiel für diesen Weg,
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