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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 125

 

körperschaften einen ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2016 vorgesehen. Die Prognosen damals waren aber ganz andere. Durch die schlechtere konjunkturelle Entwicklung stehen Wien innerhalb des unionsrechtlich vorgegebenen Ziels eines strukturell ausgeglichenen Gesamthaushalts deswegen weitere Defizitanteile zur Verfügung. Sowohl die Verhandlungen mit der EU als auch die innerösterreichischen Verhandlungen sind dazu noch nicht abgeschlossen, aber wir werden diese Spielräume jedenfalls für sinnvolle Investitionen nutzen. Ich darf Ihnen das Stiglitz-Zitat in Erinnerung rufen.

 

Die Opposition wird es sich unter völliger Missachtung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vermutlich wieder leicht machen und meinen, wie wir es vorweg schon in Presseaussendungen lesen konnten, die „mangelnde Wirtschaftskompetenz von Rot-Grün“ würde zu diesem Ergebnis führen. Nun, dann lassen Sie mich nur zwei Vergleichszahlen nennen: Der Bund, sehr geehrte Damen und Herren, und zwar ausschließlich nur diese Gebietskörperschaft, hat eine Verschuldungsquote von 58,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Wien von 6,2 Prozent des Bruttoregionalprodukts. Der Bund wird sich nächstes Jahr um 1,6 Prozent des BIP neu verschulden. Wien hat eine Neuverschuldung von 0,4 Prozent. Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vergleich und diese Zahlen machen uns sicher. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – StR DDr. Eduard Schock: Der Vergleich ist falsch, der hinkt!)

 

Sehr geehrte Damen und Herren, die Gratwanderung zwischen Sparen und Investieren wird mit anhaltender Dauer der Wirtschaftskrise zunehmend schwieriger. Umso schwieriger dieser Grundsatz wird, umso präziser müssen wir die Finanzierung der wachsenden Stadt auch definieren. Trotz des geringen Wirtschaftswachstums, trotz weniger Einnahmen aus gemeinschaftlichen Bundesanteilen bleiben wir auf einem hohen Investitionsniveau. Durch einen strengen Vollzug wollen wir auch dieses Ergebnis noch weiter verbessern.

 

Um dies einmal vorzurechnen – weil uns oft vorgeworfen wird, wir sparen zu wenig –: Dadurch, dass wir nicht analog zum Bevölkerungswachstum Personal im Kernmagistrat aufgenommen haben, sondern durch Strukturveränderungen und Effizienzsteigerungen diese wachsenden Aufgaben mit demselben Personalstand bewältigt haben, haben wir allein in den letzten 5 Jahren 360 Millionen EUR gespart. Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diese Leistung, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wir sprechen vielleicht viel zu wenig darüber, was hier alles passiert an Strukturmaßnahmen, weil es für uns so eine Selbstverständlichkeit ist: die Strukturreformen beim WAFF und bei der Wirtschaftsagentur, der Kostendämpfungspfad in der Gesundheitsreform, die neuen Kompetenzzentren für Betriebsanlagenverfahren, Europas größte Hausverwaltung Wiener Wohnen wird optimiert, das neue Immobilienmanagement, die Bündelung des Fundwesens bei der MA 48, die Sozialzentren, die auf Großstandorte zusammengelegt werden, unsere permanenten Verbesserungen durch E-Government – lauter Dinge, die tagtäglich passieren. Trotzdem sind wir noch nicht zufrieden. In der kommenden Legislaturperiode bekennt sich die neue Wiener Stadtregierung dazu, genau zu überprüfen, welche Regelungen noch zeitgemäß und notwendig sind.

 

Regulierungen sind kein Selbstzweck, sondern dienen nur Schutzinteressen. Diese Rahmen werden wir permanent und immer wieder zeitgemäß anpassen. Deswegen werden wir alle laufenden Überprüfungsprozesse fortführen. Wir werden die Verfahren in der Verwaltung verkürzen, Normen vereinfachen und sämtliche Abgaben, Gebühren und Steuern auf ihre soziale Treffsicherheit überprüfen, um sie möglichst bürgerInnen- und unternehmerInnenfreundlich zu gestalten. Diese Reformen machen in doppelter Hinsicht Sinn: Sie machen es den Wirtschaftstreibenden leichter und sie machen Mittel für unsere Investitionen in die Struktur frei, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren, Wien wird zum Stichtag 31.12.2015 5,46 Milliarden EUR Schulden haben bei einem Budget von 13,1 Milliarden EUR. Ich darf noch einmal die Relation in Erinnerung rufen: Bei einer Wirtschaftsleistung von 85 Milliarden EUR ist die Verschuldungsquote 6,4 Prozent, ein Zehntel der kritischen Grenze von 60 Prozent. (GR Dominik Nepp: Das kannst ja nicht so rechnen!) – Doch, das kann man genauso rechnen. Man muss es im Bund in Relation zur Wirtschaftsleistung sehen und in Wien in Relation zur Wirtschaftsleistung. (GR Dominik Nepp: Na eben, und das verwechseln Sie die ganze Zeit! – Zwischenruf von StR DDr. Eduard Schock.) – Wo ist da der Unterschied? Ich hoffe doch, Sie kennen den Unterschied zwischen dem Bruttoinlandsprodukt und dem Bruttoregionalprodukt. Das wäre für die Diskussion schon ganz hilfreich. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Noch eines, sehr geehrte Damen und Herren, sei erwähnt: Mit diesen Fremdmitteln sind ja Werte geschaffen worden. Die sind ja nicht verschwunden. Dem stehen Werte gegenüber: Spitäler, Schulen, Wohnungen, U-Bahnen.

 

Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, bekenne ich mich zu diesem Konsolidierungspfad. Wir werden diesen Schuldenstand auch wieder abbauen, wenn die Konjunktur anspringt, wie wir es in der Vergangenheit auch gemacht haben. Wir haben vor der Wirtschaftskrise 600 Millionen EUR zurückgezahlt an Schulden, und genau das werden wir auch wieder machen. Aber dann, wenn es sinnvoll ist. Denn was wir nicht wollen, ist ein Titelbild wie vom „Der Spiegel“ in Deutschland, das Sie vielleicht alle noch in Erinnerung haben. Am Cover: „Der Bröckelstaat“ – Zitat: „Die Fassade der deutschen Wirtschaft glitzert, doch das Fundament bröckelt. Die Infrastruktur verfällt, die Unternehmen investieren lieber im Ausland.“ – Zitat Ende.

 

Das wollen wir in Wien nicht, denn die gut ausgebaute Infrastruktur – von der Stromleitung über die U-Bahn bis zu unseren top-ausgebildeten Beschäftigten – ist ein ganz, ganz wichtiges Asset für den Standort. Und das werden wir auch so in die Zukunft bringen. Das werden wir nämlich unseren Enkeln vererben, diese Werte, sehr

 

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