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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 125

 

sätzliches Budget haben. Vor der eigenen Problematik werden meiner Ansicht die Augen verschlossen. 2010 wurden immerhin noch 46 Prozent der Einnahmen auch für Garagen und Park-and-ride-Anlagen investiert, heute nur noch 8 Prozent. Das heißt, Pendler werden vergessen und der Gesamtindividualverkehr einfach links liegen gelassen. Für mich ist das ein Bekenntnis zur Realitätsverweigerung und eine Bekenntnis zu reiner Ideologiepolitik.

 

Und apropos Ideologiepolitik: Mir ist es auch unerklärlich, dass man so massiv gegen den Individualverkehr sein kann, dass man nicht einmal umweltfreundliche Alternativen betrachtet und nicht einmal ernsthaft darüber diskutiert. Man möchte meinen, es gibt eine gewisse Autophobie. Gerade dieser Verkehr könnte einen sehr, sehr großen Beitrag zur CO2-Reduktion beitragen. Und wenn ich bei öffentlichen Veranstaltungen Aussagen eines Planungsdirektors höre, mit: „Verhindern werden wir es nicht, aber fördern werden wir es auch nicht!“, ist das nicht nur meiner Ansicht nach zukunftsverweigernd, sondern die Politik kehrt auch den Bedürfnissen der Wienerinnen und Wiener ganz klar den Rücken zu.

 

Von langfristigen Planungen sehe ich bei der Zukunftsverweigerung nicht wirklich viel. Was auf jeden Fall mehr zur Geltung kommt, ist, dass unser Politikverständnis von Grund auf verschieden ist. Unserer Ansicht nach ist es nicht der richtige Weg, durch Politik den Menschen zu sagen, wie sie leben sollen. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Wienerinnen und Wienern zu etwas zu zwingen oder zu sagen, ihr macht das jetzt, was wir von euch wollen, und basta! Unser Verständnis von Politik ist, einen Rahmen zu schaffen, wie eine Art Bauchladen, wenn man so will, in dem man frei wählen darf, was man gerne möchte. Leider ist unserer Ansicht nach der grüne Bauchladen auf eine Auswahl beschränkt.

 

Kollege Gara hat vorher die Smart-City-Rahmenstrategie angesprochen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen bewusst ist, aber darin ist klar zu lesen, dass bis 2050 der gesamte motorisierte Individualverkehr ohne konventionelle Antriebstechnologie erfolgen soll. Aber bitte wie? Wie soll das funktionieren? Die E-Autos werden nicht vom Himmel fallen und die Ladestationen werden auch nicht einfach aus dem Boden wachsen. Vor allem nicht in Wien. (Beifall bei der ÖVP)

 

Es sind immerhin fünf Zeilen, die Sie in dieser Rahmenstrategie der Immobilität gewidmet haben, leider sind in diesem Absatz keinerlei Maßnahmen zu finden, keine Entwicklungspläne, ganz im Gegenteil, sie werden sogar aktiv verhindert. Und gerade die Wünsche, die auch schon von vielen Bezirken gekommen sind, die im Gegensatz zu Ihnen die Zukunft auch schon im Blick haben und in den Bezirksvertretungssitzungen Ladestationen fordern, werden vom Büro der Stadträtin mit Antragsbeantwortungen abgeschmettert, wie: „Angebote für privat genutzte E-Autos, E-Mopeds und E-Bikes werden nicht als Alternative zum öffentlichen Verkehr gesehen.“ Sie wollen, dass 80 Prozent der Wege 2025 mit dem Rad, zu Fuß und den Öffis zurückgelegt werden. Dann müssen die Öffis aber auch so attraktiv gestaltet werden, dass sie auch gerne genützt werden.

 

Leider fallen ja die Wiener Linien nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich. Aber ich bin guter Hoffnung, dass hier die Zusammenarbeit mit dem zuständigem Ressort auch stattfindet und gerade bei der Erstellung von Verkehrskonzepten auch Bezirke mit einbezogen werden, übergreifende und regionale Konzepte und Vernetzungen der Bezirke untereinander forciert werden, vor allem die der Außenbezirke.

 

Wien ist eine Weltstadt und muss auch eine Weltstadt bleiben. Wir werden nur dann besser, wenn wir ständig daran arbeiten. Fakt ist, wenn wir vorne dabei sein wollen, dann müssen wir auch Maßnahmen setzen, die uns auch nach vorne bringen. Und was wollen wir eigentlich? Wir wollen eine dynamische Stadt, in der Wiener und Wienerinnen das finden, was sie brauchen: Wohnraum, Arbeitsplätze, Infrastruktur. Und Arbeitsplätze vor allem nur dann, wenn wir Unternehmer nicht mit dem Nudelholz verjagen. Unternehmer brauchen attraktive Rahmenbedingungen, um zu existieren. Das sind natürlich viele verschiedene Rahmenbedingungen.

 

Gerade was die technische Infrastruktur betrifft, sollten wir jetzt schon in die Zukunft denken. Um konkurrenzfähig zu sein, brauchen wir eine tipptopp Infrastruktur, das heißt, Glasfaserkabel flächendeckend. Gerade auch im Bereich der zunehmenden Digitalisierung lechzt dieser Bereich noch nach hochtechnischer Ausrüstung. Soweit ich gehört habe, hat ja Ihr Vorhaben, 250.000 Haushalte mit Glasfaser auszustatten, nicht ganz gegriffen.

 

Leider habe ich das Gefühl, dass die rot-grüne Regierung etwas die Zukunft verschläft. Stadtentwicklung ist natürlich ein sehr, sehr umfassendes Themengebiet. Auch Grünraumentwicklung spielt hier eine ganz starke Rolle, auch hier hoffe ich, in engster Abstimmung mit dem Umweltressort. Bisher, sage ich einmal, ist die grüne Handschrift gerade in der Stadtentwicklung nicht wahnsinnig zu finden. Grün ist eher das neue Grau. Es wird betoniert, selbst auf der Mariahilfer Straße sind sogar die Baumscheiben versiegelt. (GR Mag. Rüdiger Maresch: Das ist ein Unsinn!) Das finde ich ein bisschen verrückt.

 

Aber, wir wollen nicht in der Vergangenheit leben, sondern es geht ja heute um die Weichenstellung für das nächste Jahr. Im vorliegenden Budget wird die Stadtentwicklung mit etwas mehr als 14 Prozent höher dotiert. Wir werden natürlich genau verfolgen, ob die Mittel eine nachhaltige und zukunftsorientierte Handschrift tragen. Ich baue darauf, dass nicht nur die Konzeptpapiere, die in den Schubladen verschwinden, die nächsten Jahre mit Leben befüllen. Ein bisschen fürchte ich mich davor, dass die notwendigen Schritte zur Ökologisierung der Stadtentwicklung auf der Strecke bleiben. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir hier auch die Angst in der Zukunft genommen wird. Das vorliegende Budget zeigt jedenfalls keine Ansätze, die dazu beitragen würden, daher werden wir dem Budget nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Die Frau Kollegin hat die 15 Minuten nicht ausgenutzt, sondern nur 12 Minuten gebraucht, das heißt, die Restredezeit

 

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