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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 111 von 125

 

länger zu Hause zu lassen, dann sind das für Sie schlechte Eltern. Wenn eine Frau sich bewusst dafür entscheidet, das Kind zu Hause zu betreuen, dann ist diese Frau für Sie gleich ein schlechtes Beispiel für alle anderen Frauen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und es geht auch noch weiter: Nach Ihrem ideologischen Denken, gemäß welchem Kinder eben nicht zu hinterfragenden, selbstbewussten und selbstbestimmten Erwachsenen erzogen werden sollen, ist es ja auch vollkommen logisch, warum Sie gegen die Wahlfreiheit sind. Sie lehnen diese ja sogar ab, so wie Sie etwa unseren Antrag in der letzten Gemeinderatssitzung abgelehnt haben, in dem wir die Wahlfreiheit bei der Nachmittagsbetreuung und bei der Bildung gefordert haben.

 

Sie haben in Ihrem Arbeitspapier kein einziges Mal das Wort Wahlfreiheit erwähnt. Das zeigte genau, wohin es gehen soll! Sie drohen uns Eltern in Wirklichkeit, dass es nur noch inklusive Schulen und eine verschränkte Ganztagsschule geben wird. Im Hinblick darauf sage ich Ihnen: Damit entmündigen Sie uns Eltern, obwohl wir Eltern immer noch am besten wissen, in welcher Schulform unser Kind sich wohlfühlt und in welcher Schulform es auch die besten Fortschritte macht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es gibt sicherlich Familien, denen die verschränkte Ganztagsschule entgegenkommt. Aber es gibt auch genug Familien, die sich bewusst für die Offene Volksschule entscheiden, weil das einfach ihrem Familienmodell und ihrem Kind entgegenkommt. Aber dagegen sind Sie ja auch, und es ist auch ganz klar, warum: Dann haben nämlich die Eltern die Wahl und die Freiheit, ihr Kind abzuholen, wann sie wollen, und Sie sind ja gegen die Wahlfreiheit.

 

Wenn Ihnen die Wünsche der Kinder auch ein Anliegen wären, dann würden Sie vielleicht ein bisschen darüber nachdenken. Die neueste Studie von Karmasin zeigt nämlich, dass 69 Prozent der Jungen und 83 Prozent der Mädchen den Nachmittag lieber mit ihren Eltern oder im Rahmen der Familie verbringen würden. Dass das natürlich im Hinblick auf die Arbeitswelt nicht möglich ist, ist klar, aber wenn eine Familie sich bewusst dafür entscheidet und auch auf den Wunsch der Kinder eingehen möchte, dann verstehe ich nicht, warum Sie bewusst die Augen davor verschließen! Sie drängen die Familien richtiggehend in diese verschränkte Ganztagsschule! Es zeigt sich nämlich, dass im Durchschnitt auf 60 Erstklassenplätze 14 Hortplätze in einer Nachmittagsbetreuung kommen. Im Hinblick darauf gratuliere ich Ihnen auch!

 

Die nächste Chuzpe ist Ihr beliebter Satz: „Die frühe Trennung der Kinder mit zehn Jahren ist pädagogisch falsch, stark stigmatisierend und erzeugt bei Eltern, Kindern und Lehrern enormen Druck.“ - So viele Unwahrheiten in einem Satz sind echt eine Höchstleistung! Mit Ihrer Modellregion, die Sie jetzt so großartig beworben haben, dass der Kindergarten mit zwei Jahren begonnen werden soll und dann die Volksschule und dann die Neue Mittelschule folgen sollen, zwingen Sie das Kind in Wirklichkeit, mit spätestens zwei Jahren einen einzigen Bildungsweg einzuschlagen! Da gibt es keine Wahlfreiheit, da gibt es keinen individuellen Bildungsweg, da gibt es nur einen Weg ab zwei Jahren, den das Kind gehen darf. (Zwischenruf von GR Christian Oxonitsch.) Das stimmt nicht! Dann zeigen Sie mir doch einmal ein pädagogisches Konzept, das Sie haben! Individuelle Förderung und Wahlmöglichkeiten kann es nämlich nur geben, wenn es ein breites Angebot gibt, Herr Kollege! Und das gibt es nicht in diesem Fall! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir müssen es schaffen, dass die Kinder, die mehr Förderung benötigen, um ein gutes Fundament an Bildung zu erreichen, diese auch bekommen. Es geht nicht darum, ob ein Kind gescheit oder dumm ist, sondern es geht um Entwicklungsgeschwindigkeiten und um die Persönlichkeit jedes einzelnen Kindes.

 

Rot-Grün ist gegen Vielfalt. Wunderbar! (GR Christian Oxonitsch: Welches Bundesland war das erste mit einer flächendeckenden Versorgung?) Sie sind so überzeugt von der Neuen Mittelschule. Daher stelle ich jetzt einmal die Frage: Wieso gibt es so viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die wirklich dahinter sind, dass ihre Kinder in privaten Volksschulen und im Gymnasium unterkommen, wenn Sie so begeistert sind von der Neuen Mittelschule? Denken Sie einmal darüber nach! (Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf von GR Christian Oxonitsch.)

 

Wenn Sie, meine Damen und Herren, so überzeugt von der Inklusion sind und sogar immer die UN-Behindertenrechtskonvention zitieren, dass es jedem Menschen grundsätzlich möglich sein muss, jede staatliche Bildungseinrichtung zu besuchen, dann vergessen Sie aber bitte einmal den Art. 5 Abs. 4 nicht! Dort ist nämlich zu lesen, dass besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind, nicht als Diskriminierung im Sinne des Übereinkommens gelten. - Aber das lassen Sie ja wieder einmal aus!

 

Es gibt jedoch nun einmal Kinder, die einen besonderen Schutz und einen besonderen Rahmen brauchen, um in ihrem eigenen Tempo den Weg in unsere Gesellschaft zu finden. Und es zeigt sich, dass diese Gleichmacherei der vollkommen falsche Weg ist. Kinder, die nur einen kleinen Stups bräuchten, werden diesen in einem Inklusionsmodell nicht bekommen. Kinder, die mit zehn Jahren hingegen schon Gymnasialreife haben, werden bewusst gedrückt, und ihnen wird die Freude am Lernen genommen, und Kinder, die mehr Förderung brauchen, bekommen sie nicht, weil man sie ja nicht aus dem Regelunterricht nehmen will.

 

Das, was Sie in der Bildungspolitik betreiben, ist ein Kahlschlag der Talente, der Begabungen und der Interessen unserer Kinder! Sie nehmen den Kindern und den Eltern die Freiheit, aus einem vielfältigen Bildungsangebot wählen zu können, und nehmen den Familien auch die Sicherheit, einen Bildungsplatz zu bekommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Ein weiterer Punkt, zu dem ich kommen möchte, ist das Schulsanierungspaket. Dieses endet 2017, und demnach sollen 242 Pflichtschulen saniert werden. Wissen Sie, was das Schöne ist? - Ich war zehn Jahre Bezirksrätin im 3. Bezirk, und ich habe immer, wenn die

 

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