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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 103

 

Wenn Sie von Spekulation reden, dann darf ich Sie einmal fragen: Was ist eine Spekulation? - Eine Spekulation ist (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ihre Politik!) alle auf Gewinnerzielung aus Preisveränderungen gerichtete Geschäftstätigkeit, also die Ausnützung von zeitlichen Preisunterschieden. Und zwar reden wir von täglichen Spekulationen, das heißt vom Rein-raus-Geschäft.

 

Diese Spekulationen haben wir in Wien nicht gemacht. Wir haben in Wien überhaupt nicht spekuliert! Wir haben uns preisgünstig, zum Vorteil aller Wienerinnen und Wiener, refinanziert (Zwischenrufe bei der FPÖ), indem wir Zinsvorteile in der Schweiz genutzt haben, um hier günstiger Kredite aufnehmen zu können zur Finanzierung der Wienerinnen und Wiener. (GR Mag Wolfgang Jung: ... hat Ihnen Kollege Neuhuber schon erzählt!)

 

Es ist keine Zockermentalität, die die Frau Stadträtin, die Frau Vizebürgermeisterin hat. (GR Mag Alexander Neuhuber: Es ist Zockermentalität, es tut mir leid!) Es ist auch keine Spekulation, die sie betreibt, sondern es geht einfach darum - wie Kollege Margulies schon gesagt hat -, wie man einen Währungswechselkurs sinnvoll abbauen kann.

 

Wenn Sie schon verlangen, dass wir aussteigen sollen mit heutigem Tag, dann sagen Sie uns aber auch, wo wir die 300 Millionen einsparen sollen. Denn das ist die Folge davon, wenn wir mit sofortiger Wirkung aussteigen, dass wir 300 Millionen EUR im laufenden Budget, also heuer wirksam, einsparen müssen. Tun Sie nicht so, wie wenn das überhaupt keine Folgen hätte!

 

Herr Schock, da Sie sagen, die Vorgänger hätten Gewinn gemacht: Das heißt ja, Sie waren offenbar damit einverstanden, dass diese ganzen Veranlagungen gemacht wurden. Dass Sie Kärnten zitieren und sagen, in Kärnten werden Reserven angelegt - ich meine, Entschuldigung: Das ist der Witz des Tages! Das ist wirklich der Witz des Tages.

 

Ich kann Ihnen aber sagen, warum Kärnten heute ... (StR DDr Eduard Schock: Ein sozialistischer Landeshauptmann! Haben Sie das nicht mitbekommen? Ein sozialistischer Landeshauptmann! Das haben Sie nicht mitbekommen! Sie sind noch in der alten Zeit!) Ich kann Ihnen sagen, warum Kärnten heute Reserven anhäufen kann: Weil sich die Kärntner von der Geißel der FPÖ befreit haben und eine Konzentrationsregierung gegen die FPÖ ist. Die Kärntner haben richtig getan und gut getan. Denn die Zeche fressen eh alle Österreicher, die Ihre Regierungsbeteiligung in Kärnten gehabt haben! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Linz als Vorbild zu nehmen ... (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, Linz ist kein Vorbild!) Linz als Vorbild zu nehmen, weil sie dort heute aus dem Schweizer Franken aussteigen: Entschuldigen Sie! Ich meine, ich will nicht schlecht über eine Schwesterstadt reden. Aber (GR Mag Wolfgang Jung: Aber?) haben Sie schon einmal gehört, dass dort vielleicht eine halbe Milliarde an Swap-Verlusten ins Haus steht? Möglicherweise - und Margulies hat es ja gesagt - ist das quasi die Flucht nach vorne, um überhaupt noch ein Budget zusammenzubringen. Aber auch die ... (StR DDr Eduard Schock: Das sollte Sie auch anregen ...) Aber auch die Linzer werden am Ende des Tages entsprechend einsparen müssen, um diesen Ausstieg finanzieren zu können.

 

Ich frage Sie: Welche Swaps hat denn die Stadt Wien zur Finanzierung der Kredite gemacht? - Gar keine, null! Wir haben einen Schweizer-Franken-Kredit mit variabler Verzinsung aufgenommen. Das heißt, wir haben in der Stadt auch darauf reagiert durch die Rollierung. Wenn die Zinsen gesunken sind, haben wir das Sinken auch mitgemacht. Wenn wir Fixzinsen über fünf, zehn Jahre gehabt hätten, würde ich mir den Vorwurf gefallen lassen, dass wir spekulieren, denn dann spekulieren wir auf steigende Zinsen. Das haben wir aber nicht gemacht. Wir nehmen in Wien die Zinsgewinne mit, sprich, sinkende Zinsen, aber als Nachteil, muss man sagen, auch steigende Zinsen. Das ist sehr wichtig.

 

Wenn hier von Kollegen Neuhuber gesagt wird, Rollierung ist Spekulation - ich meine, ich schätze deine wirtschaftliche Fachkenntnis sehr, aber dann ist der größte Spekulant in Österreich der Bund! Denn der Bund rolliert ebenso seine kompletten Finanzschulden. (GR Mag Alexander Neuhuber: Aber die haben doch ...) Der begibt, was weiß ich, eine 20-jährige Staatsanleihe, und mit einer neuen Staatsanleihe zahlt er die alte Staatsanleihe zurück. Entschuldigung, nicht böse sein, aber das Argument (GR Mag Alexander Neuhuber: In welcher Währung?) ist falsch.

 

Ebenso wie in Wien seit 2011 gibt es im Bund keine Neuverschuldung mehr in ausländischer Währung. Es gibt die Rollierung, das ist richtig. Aber vor 2011 hat auch der Bund einen Milliardenverlust realisiert, als die Krise war! Das weißt du ganz genau, dass der schwarze Finanzminister kalte Füße bekommen und damals Milliardenverluste realisiert hat! Die Geschäftsführerin der Bundesagentur für Staatsschulden hat ja damals auch ihren Hut nehmen müssen für diese Dinge.

 

Daher sage ich, es ist einfach vollkommen unzulässig, uns hier vorzuwerfen, dass wir auf Kosten der Wienerinnen und Wiener sparen. Im Gegenteil, wir versuchen, nicht die Gewinne zu privatisieren, sondern wir wollen die Gewinne selbst einstecken. Daher warten wir auch, bis sich der Schweizer Franken wieder ordentlich entwickelt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Auch was die Entwicklung der Schweiz betrifft, weil da von meinen Vorrednern gesagt wurde, na ja, das wird jetzt alles weitergehen und es geht weiter runter: Die Schweiz steht ja vor einer Deflation! Die werden eine extreme Steigerung in den Arbeitslosen haben, weil sie die Exporte nicht mehr zusammenbringen. In der Schweiz werden heute Lohnkürzungen bei den Angestellten und Beschäftigten diskutiert. Das ist in der Schweiz die Realität.

 

Aber das ist auch leider der Nachteil, wenn man eine kleine geschlossene, offene Volkswirtschaft ist - mit „geschlossen“ meine ich, dass man nicht im Euro ist, sondern eine eigene Währung hat -, dass die Schweizer jetzt ganz blutig und brutal ihre Hausaufgaben werden machen müssen. Da wird es sehr, sehr schmerzhafte Schnitte geben. Davor schützt uns aber der Euro, da wir

 

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