Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 103
Wolfgang Aigner hat es heute sehr schön formuliert: Kontrolle und Kritik, die dieser Kontrolle entstammen, sind nichts Bösartiges, sondern das soll uns weiterbringen und Verbesserungen in der Verwaltung dieser Stadt bewirken. – Ich muss aber dazusagen, dass ich, was den Bericht des Stadtrechnungshofs zum Kuratorium Wiener Jugendwohnhäuser betrifft, doch einigermaßen erstaunt war, weil ich noch niemals in einer schriftlichen Stellungnahme und dann auch noch bei der mündlichen Stellungnahme im Ausschuss gegenüber dem Stadtrechnungshof eine derartige Arroganz erlebt habe wie im vorliegenden Fall!
Die Geschäftsführung des Kuratoriums der Wiener Jugendwohnhäuser hat sich vollkommen uneinsichtig gegenüber dem Stadtrechnungshof gezeigt, und zwar nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich, hat die Beamten dort der Unkenntnis bezichtigt und gleichzeitig klargestellt, dass man sich sicherlich vom Stadtrechnungshof nichts vorschreiben oder erklären lässt.
Zehn Empfehlungen hat der Stadtrechnungshof abgegeben, und ich empfehle Ihnen wirklich: Lesen Sie sich das durch, es ist jede Seite wert! – Von diesen zehn Empfehlungen werden drei umgesetzt.
Aber es ist nicht nur der kritische Stadtrechnungshofbericht, der uns dazu veranlasst, diesem Aktenstück die Zustimmung zu verweigern, sondern es hat in den letzten Jahren recht originelle Prozessführungen und Prozesstätigkeiten rund um das Kuratorium der Wiener Jugendwohnhäuser gegeben.
Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Chronologie darzulegen, was da geschehen ist. Diese Prozesse ziehen sich mittlerweile über weit mehr als zehn Jahre. – Der Architekt, der den Wettbewerb für das Projekt betreffend die Erweiterung Hietzinger Kai gewonnen hat, wurde vom Kuratorium Wiener Jugendwohnhäuser mit den Planungsleistungen beauftragt. Nach einigen Differenzen über das Projekt hat das Kuratorium den Vertrag mit dem Architekten vorzeitig aufgelöst, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, die seitens des Kuratoriums reklamierten angeblichen Probleme gemeinsam zu lösen. – Das kennen wir doch von irgendwo!
Das Kuratorium hat dann aber auch noch einen Schadenersatzanspruch an den Architekten angestrengt. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wann war das?) Sie sind Präsident des Kuratoriums! Ich habe das jetzt nicht mitgenommen. Aber ich habe es ja gesagt: Vor mehr als zehn Jahren. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Nur dass man es richtig sagt: Es war 2003!) Dann kommt es eh hin! Aber Sie als Präsident des Kuratoriums werden doch genauestens über diese Abläufe informiert sein! Dann ist es ja traurig, dass Sie es erst seit 2010 wissen! (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Ich bin seit 2010 Präsident!) Ach so! Entschuldigung! Ja, das stimmt! Aber ich bringe es jetzt allen anderen zur Kenntnis, damit alle wissen, worüber wir reden. (Weiterer Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Und Sie, Herr Stadtrat, können sich ja auch zu Wort melden! Dieses Recht steht Ihnen ja zu!
Noch einmal: Das Kuratorium hat einen Schadenersatzanspruch an den Architekten gerichtet und hat im Rahmen eines Prozesses einen Betrag in Höhe von rund 536 000 EUR eingeklagt. Die Gerichte haben diese Klage aber in allen drei Instanzen abgewiesen und ausgeführt, dass der Vertragsrücktritt durch das Kuratorium zu Unrecht erfolgte. Dadurch sind Prozesskosten in Höhe von 75 000 EUR sowie Anwaltskosten in Höhe von 173 000 EUR entstanden.
Aber nicht nur das: Nach dem Rücktritt vom Vertrag beauftragte das Kuratorium dann ein anderes Architekturbüro direkt mit den weiteren Planungsleistungen, das heißt, ohne Ausschreibung im Sinne des Bundesvergabegesetzes. Diese Vergaberechtswidrigkeit wurde vom Vergabekontrollsenat Wien mit Erkenntnis festgestellt.
Aber auch das war nicht genug: Obwohl rechtskräftig festgestellt wurde, dass das Kuratorium zu Unrecht vom Vertrag zurückgetreten ist, verweigert das Kuratorium dem Architekten bis dato die Honoraransprüche. Dieser musste jetzt wiederum einen Prozess mit dem Kuratorium anfangen und versucht seit 2009 mühsam, an sein Honorar zu kommen.
Wie gesagt, in drei Instanzen ist das Kuratorium schon verurteilt worden, dass sie zu Unrecht vom Vertrag zurückgetreten sind. Und Sie haben es ja schon gesagt, Herr Stadtrat: Sie sind Präsident des Kuratoriums. Und Herr Vettermann ist Vizepräsident, und Herr Akkilic ist zweiter Vizepräsident. (Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Ich denke, dass Ihnen die Agenden beim Kuratorium vollkommen entglitten sind! Es ist ein Punkt erreicht, an dem man sich seitens der Stadt Wien die Unverschämtheit der Geschäftsführung nicht mehr gefallen lassen darf!
Wir leben in einer Demokratie, Demokratie braucht Kontrolle, und ein ganz wichtiges Kontrollinstrument ist der Stadtrechnungshof. Es ist ungeheuerlich, wie der Geschäftsführer des Kuratoriums der Wiener Jugendwohnhäuser nonchalant und – wie ich es jetzt ganz einfach formulieren möchte – rotzfrech alle Vorwürfe vom Tisch wischt!
Kontrolle ist, wie gesagt, nicht gegen etwas Böses gerichtet, sondern es sollen aus dieser Kontrolle und der richtigen Kritik des Stadtrechnungshofs auch die dementsprechenden Schlüsse gezogen werden,
Dr Podkowicz hat schriftlich in seiner Replik geäußert: „Der Fonds wurde 1969 mit dem Hintergrund geschaffen, außerhalb des Magistratsbetriebes eine Einrichtung zu haben, die die Interessen der Stadt vertritt und erfüllt, aber nicht zu den Bedingungen, die für alle anderen MagistratsbeamtInnen gelten.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war aber nicht der Zweck, dass Sie dort eine Außenstelle schaffen, wo Sie Ihre Günstlinge besonders toll versorgen können, sondern der Zweck dieses Fonds war – und das haben wir am Anfang schon gehört –, Wohnplätze für SchülerInnen, Lehrlinge sowie erwachsene ArbeitnehmerInnen zu schaffen. Die Personalkosten, die dort auftreten, werden durch die Stadt Wien getragen, also durch den Steuerzahler, und da ist es nur recht und billig, dass sich auch die Entlohnungsmodalitäten an die Entlohnungsmodalitäten der Stadt Wien angleichen.
Auch die interessante Prozessführung und Rechtsauffassung der Geschäftsführung ist zu kritisieren, und
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