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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 86

 

Abgesehen davon konzentrieren sich sowohl der Juncker-Fonds als auch das Zehn-Punkte-Programm im Wesentlichen auf diesen Sektor. Die Kommission ist gerade dabei, das Weißbuch „Verkehr“ zu überarbeiten, um es an die Meta-Ziele der Union Wachstum und Beschäftigung anzupassen. Kurz gesagt, hier wird in Kürze etwas auf die Mitgliedsstaaten zukommen, nicht nur auf die Mitgliedsstaaten, sondern auch auf die Länder und auf die Kommunen und Städte. Mit dem Weißbuch „Verkehr“ von 2011 nahm sich die Europäische Kommission dem Ziel für ein ressourcenschonendes Europa an, das sektorübergreifend realisiert werden sollte. Bis zum Jahr 2050 setzt sich die EU-Kommission vier Ziele bestehend aus der Verringerung der Importabhängigkeit von Öl, der Senkung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen um 60 Prozent, der Schaffung eines europäischen Verkehrsbinnenmarktes und der Steigerung der Effizienz des Verkehrs. Im Fokus steht aber die Vorstellung eines stabilen und wettbewerbsfähigen Verkehrssystems, das es zu realisieren gilt. Und das gilt es auch zu nutzen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die neugewählte Kommission unter der Führung von Kommissionspräsident Juncker das Ziel ausgegeben hat, dass der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Verkehrsträger in Europa wieder an erster Stelle stehen soll. Die Verkehrspolitik auf österreichischer, europäischer und internationaler Ebene ist eine der wesentlichsten Stellschrauben, die über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Beschäftigung entscheiden. Österreichische Unternehmen sind auf gute Straßen, auf vernünftige Schienenanbindungen und offene Lufträume angewiesen. Daher ist ein integriertes Verkehrskonzept, das die Stärken aller Verkehrsträger nutzt und einbezieht, klar zu bevorzugen, anstatt sich wie bisher auf Kämpfe zwischen Verkehrsträgern zu konzentrieren. Verkehrspolitik muss eine effiziente Komodalität zum Ziel haben. Zur Bewältigung des weiteren Verkehrswachstums werden alle Verkehrsträger gleichermaßen gebraucht. Zentrale Aufgabe ist daher die Effizienzsteigerung bei jedem Verkehrsträger einzeln und in Kombination. Deshalb sollte die reibungslose und effiziente Verzahnung verschiedener Verkehrsträger gefördert werden. Investitionen in Verkehrsinfrastruktur sollten sich auf die wichtigen Verkehrskorridore konzentrieren und die bestmögliche Nutzung der nationalen und EU-Mittel auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse gewährleisten.

 

Wien zum Beispiel liegt an der Schnittstelle von zwei der neuen transeuropäischen Hochleistungskorridore und verfügt über einen internationalen Flughafen. Wiens Ausgangssituation ist also blendend. Nicht blendend bestellt ist es jedoch um den Schienenverkehr, im Nahverkehr als auch im Fernverkehr. Hier ist jedoch vieles im Umbruch sowohl von politischer Seite hinsichtlich der längst überfälligen Liberalisierung der Dienstleistungen als auch im Investitionsbereich. Hier scheint sich ein Fenster aufzutun. Ich habe allerdings die Angst, dass wir dieses Fenster verpassen.

 

Um auf meine Eingangsworte zurückzukommen: Es passiert leider viel zu wenig außer ein paar Sonntagsreden. Im Alltag findet Europa keinen oder zu wenig Niederschlag. Über 2 000 Projekte wurden bereits bis jetzt für den Juncker-Fonds eingereicht und davon stammen stolze 0,1 Prozent aus Österreich, in absoluten Zahlen peinliche 22. Von den Bundesländern haben sich überhaupt nur die Steiermark, das Burgenland und Salzburg um Projekte bemüht. Aus Wien gibt es bis jetzt nur ein Projekt der Wien Energie, welches für ein Wasserkraftwerk in Molln um Finanzmittel wirbt. Im Vergleich dazu hat allein die Stadt Brüssel 77 Projekte eingereicht. In Österreich wurde in der offiziellen Debatte mehr darüber gesprochen, ob Investitionen, die unter den EFSI fallen, Maastricht-konform sind oder nicht, anstatt sich Gedanken zu machen, mit welchen Projekten man das Geld der österreichischen Sparer, Banken und Pensionsfonds im Land halten kann. Es ist geradezu absurd, dass wir darüber debattieren, mehr Schulden zu machen, anstatt die sich bietenden Chancen zu nutzen, um privates Kapital in öffentliche Interessen zu lukrieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Wirtschaft anzukurbeln, ohne dass man den nächsten Generationen einen noch höheren Schuldenberg hinterlässt, sollte eigentlich auf breiten Konsens stoßen. Das geht aber nur, wenn wir Politiker über den Tellerrand blicken und Europa 20 Jahre nach dem Beitritt als Chance wahrnehmen und in unsere Arbeit integrieren. Nur dann können wir den Wohlstand sichern und den nächsten Generationen ein lebenswertes Land übergeben! Herzlichen Dank für die geteilte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie von GRin Marianne Klicka und GR Godwin Schuster.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Frau Dr Vana, Abgeordnete zum EU-Parlament. Ihnen muss ich nicht erzählen, wie unsere Bräuche und Sitten sind. Bitte schön.

 

11.58.37

EP-Abg Dr Monika Vana (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich freue mich ja heute besonders, dass wir 2011 in diesem Haus und auch vor dem Wiener Landtag ein Rederecht für EU-Abgeordnete eingeführt haben und dass ich jetzt das erste Mal seit der Europa-Wahl hier sprechen darf. Also nicht nur, weil ich viele Kolleginnen und Kollegen wieder treffen kann, auch wenn nicht nur bei mir heute der Sitzplatz gewechselt hat, bei einigen oder bei dem einen oder anderen, lassen Sie mich das so formulieren. Wien war ja beim Rederecht eines der VorreiterInnenbundesländer. Wir waren auch immer sehr stolz darauf. Vor ein paar Wochen hat der Nationalrat nach jahrelanger Debatte jetzt endlich nachgezogen und dort ein Rederecht eingeführt, das auch qualitativ sehr hochwertig ist. Wir dürfen dort zukünftig auch in Fachausschüssen sprechen, was, finde ich, für Wien vielleicht auch überlegenswert wäre. Natürlich haben wir starke zeitliche Restriktionen. Viele von uns Europa-Abgeordneten sind zwei Drittel ihrer Zeit in Brüssel, in Straßburg, in anderen europäischen Städten und Regionen unterwegs und maximal ein bis zwei Tage in der Woche in Wien. Das heißt, ich denke, der Schnitt, den wir hier in Wien im Gemeinderat und Landtag mit zirka ein Mal im Jahr haben, ist gar kein so schlechter.

 

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