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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 140

 

lich auch die Pendler und Pendlerinnen. Knapp 15 Prozent der täglichen Benutzer und Benutzerinnen der Wiener Linien sind nicht in Wien gemeldet.

 

Wien ist auch die größte deutschsprachige Universitätsstadt, 190 000 Studierende, die entsprechende Infrastruktur brauchen. Das gilt ganz besonders für die Bereiche Wohnen, Verkehr und Erholung. Wien hat im Spitzenmedizinbereich für ganz Österreich eine VorreiterInnenrolle, auch in der Entwicklung medizinischer Standards. 30 Prozent, sehr geehrte Damen und Herren, der Patienten und Patientinnen kommen aus den anderen Bundesländern, allein aus Niederösterreich 20 Prozent, das heißt, jeder 5. Patient.

 

Und in der Hauptstadt gibt es entsprechende Angebote für Kultur- und Sportinteressierte für ganz Österreich. 50 Prozent der BesucherInnen der Vereinigten Bühnen Wien kommen nicht aus Wien, bei der Stadthalle sind es zwei Drittel.

 

Infrastrukturkosten für nationale Einrichtungen, Ministerien, Parlament, internationale Einrichtungen von UNO bis OPEC zählen ebenfalls zu den Aufgaben des Zentralraums.

 

Diese Argumente sind bei den aktuellen Verhandlungen um den Finanzausgleich ganz zentral und wichtig. Es kann hier nicht nur um EinwohnerInnenstärke gehen, es müssen die Aufgaben bewertet werden. Wir werden uns daher bei den Verhandlungen für den aufgabenorientierten Finanzausgleich einsetzen, damit faire Mittel für Wien weiter zur Verfügung stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Trotz des geringen Wirtschaftswachstums, trotz weniger Bundeseinnahmen als prognostiziert, trotz der von uns allen auf nach wie vor hohem Niveau getätigten Ausgaben ist es gelungen, die Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes mehr als zu erfüllen. Der Maastricht-Saldo beträgt moderate 102 Millionen EUR. Damit sind wir voll auf Konsolidierungskurs. Das ist durch einen strengen Vollzug gelungen. Das ist durch einen Personalstand gelungen, der bis auf die KindergartenpädagogInnen gleich geblieben ist, obwohl Wien seit 2006 um die Stadt Salzburg gewachsen ist. Das zeugt von der Effizienz quer durch alle Abteilungen, die ihre Aufgaben auch in der wachsenden Stadt mit gleichem Aufwand bewältigen. Wir sprechen wohl zu wenig darüber, weil es so eine Selbstverständlichkeit ist, wie hier gespart wird und was in der Verwaltung bei der Vielzahl an Strukturreformen passiert. Deswegen nur einige Beispiele und ich beginne mit meinem eigenen Bereich:

 

Strukturreformen und Zusammenlegungen beim Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds und bei der Wirtschaftsagentur Wien, Kostendämpfungspaket bei der Gesundheitsreform, Kompetenzzentren für Betriebsanlagenverfahren zur einfacheren und schnelleren Verfahrensabwicklung und noch höheren Effizienz, Europas größte Hausverwaltung, Wiener Wohnen, wird optimiert, Sozialzentren werden auf Großstandorte zusammengelegt, und, und darauf bin ich besonders stolz, permanente Vereinfachung durch E-Government-Aktivitäten, wo wir gerade den Preis für das beste Projekt für Verwaltungsmodernisierung im Rahmen des Zukunftskongresses in Berlin gewonnen haben. Gratulation an alle Beteiligten! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Daher steht Wien unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen auch gut da. Besserung der wirtschaftlichen Situation, ich habe es schon erwähnt und da sind sich alle Wirtschaftsforscher einig, wird es erst in einigen Jahren geben. Bis dahin bekenne ich mich zur maßvollen Aufnahme von Fremdmitteln, um die Auswirkung der Wirtschaftskrise durch Investitionen einzudämmen, um die Wirtschaft anzukurbeln, die Menschen mit sozialen Maßnahmen am Arbeitsmarkt zu unterstützen und mit anderen Maßnahmen wie dem Gratiskindergarten und dem Kaufkraftpolster zu entlasten, um in die Zukunft zu investieren.

 

Ich sagte schon, Wien hat zum Stichtag 31.12.2014 4,89 Milliarden EUR Schulden bei einem Budget von 12,34 Milliarden EUR. Und ich darf noch einmal die Relation in Erinnerung rufen: Bei einer Wirtschaftsleistung von rund 82 Milliarden beträgt die Verschuldungsquote 5,9 Prozent. Die kritische Grenze wäre mehr als das Zehnfache oder noch einfacher gesagt, wenn man ein Jahreseinkommen von 30 000 EUR hat und die Gesamtverschuldung 12 000 EUR beträgt, das ist nämlich die Relation, so ist die Situation, in der wir sind. Dazu kommt, dass diese 12 000 EUR in meinem Beispiel für sinnvolle Investitionen, eine neue Küche, ein neues Wohnzimmer, ein Auto, ausgegeben wurden.

 

Und eines möchte ich auch sehr deutlich sagen: Mit diesen von der Stadt Wien aufgenommenen Fremdmitteln wurden bleibende Werte für die nächste Generation geschaffen: Spitäler, Schulen, Wohnungen, U-Bahnen. Im Gegensatz dazu sind weit mehr Milliarden an österreichischem Steuergeld in den Hypo-Skandal geflossen. Da ist nichts gekauft, nichts investiert worden. Es wurden keine Chancen geschaffen, sondern wir haben einfach nur für das Desaster, das uns die FPÖ in Kärnten hinterlassen hat, blechen können, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich bekenne mich zu einem Konsolidierungspfad, und Wien wird selbstverständlich auch den Stabilitätspakt einhalten. Dieser Schuldenstand wird wieder abgebaut. Wien hat es schon einmal vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise 2008 bewiesen. Wir haben damals rund 600 Millionen EUR an Schulden rückgeführt und wir werden es auch wieder machen. Aber ich sage es ganz offen: Um weiterhin die wachsende Stadt gestalten zu können, brauchen wir eine wirtschafts- und wachstumsfreundliche Änderung der Maastricht-Regeln. Investieren muss möglich sein. Diese Diskussion gibt es in vielen Mitgliedsstaaten und das vor allem auf kommunaler Ebene. Kein Wunder. Hier spüren es die Menschen als Erstes, wenn die öffentliche Hand nicht mehr ihre Verantwortung wahrnehmen kann. Und auch ganz deutlich: Ich rede hier bewusst von Investitionen und ausschließlich von Investitionen in die Zukunft. Ich möchte nicht den laufenden Betrieb mit Schulden finanzieren. Wenn wir aber unseren Kindern und Enkeln keine Schulen, keine Kindergärten, keine Forschungseinrichtungen hinterlassen, dann haben wir den wichtigsten Pakt gebrochen: Den Pakt für Zukunft und Wohlstand für die nachfolgenden Generati

 

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