Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 94
lässt, und zwar in allen Altersstufen, beginnend vom Kindergarten – jawohl, ab dem Kindergarten, denn hier wird sozusagen schon der Samen gelegt – bis zu den Hochschulen. – Als wichtiger Bestandteil in diesem Zusammenhang seien die Gratiskindergärten und das Campusmodell erwähnt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Nun komme ich zum Innovationsziel Nummer 2: Ich habe schon die wichtige Rolle der Staatsverwaltung per se angesprochen. Die innovative Stadtverwaltung Wien bekennt sich zur Innovationsfreudigkeit der öffentlichen Hand und zur Rolle der Stadt als Gestalterin, Nachfragerin und Nutzerin von Innovation.
In diesem Zusammenhang ergibt sich das Handlungsfeld 5: Die Stadt unterstreicht ihre Rolle als innovative und kreative Organisation. Innovation ist jedenfalls auch Sache der öffentlichen Hand und nicht nur der Privaten.
Im Rahmen des Handlungsfeldes 6 geht es darum, dass die Stadt Wien mit ihrer innovativen Beschaffung einen doppelten Innovationseffekt erzielt: Einerseits tragen innovative Leistungen zur Weiterentwicklung der städtischen Leistungen bei, andererseits werden Unternehmungen dazu angeregt, nach innovativen Lösungen zu suchen.
Damit komme ich zum Innovationsziel Nummer 3 – Wien als Ort der Begegnung: Wien schafft ein innovatives Milieu und setzt auf Kooperation und Offenheit.
Das Handlungsfeld 7 befasst sich damit, dass Wien ein Netz an innovativen, experimentellen Räumen schafft, und dabei sprechen wir nicht unbedingt nur von Räumen physischer Natur, sondern es sind auch virtuelle Freiräume damit gemeint.
Das Handlungsfeld 8 befasst sich damit, dass Wien international besser sichtbar werden muss, denn wir werden zu Recht weltweit als die Stadt mit der höchsten Lebensqualität gelobt. Wir sind die Stadt der Musik, die Stadt der Kultur, aber Wien ist auch die Stadt der Wissenschaft und der Forschung. – Letzteres müssen und werden wir international noch stärker sichtbar machen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Wien braucht die Wissenschaft. Wien braucht die Forschung. Wien braucht die Innovation. Deshalb haben wir in der Vergangenheit viel dafür getan und werden auch in Zukunft sehr viel dafür tun. Wissenschaft, sehr geehrte Damen und Herren, ist international. Wie international auch Wien in diesem Bereich ist, zeigt ein Beispiel, nämlich der „Campus Vienna Biocenter“, einer jener schon existierenden Leuchttürme in Neu Marx. Dort arbeiten und forschen 1 400 Wissenschafter und Wissenschafterinnen und 700 Studierende aus über 40 Ländern dieser Welt. Wir brauchen diese internationalen Wissenschafter und Wissenschafterinnen, und wir brauchen internationale GründerInnen genauso wie internationale InvestorInnen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf das 3. Wiener Innovationsziel verweisen: Wien ist und soll ein Ort der Begegnung bleiben. Wir sind eine weltoffene Stadt, in der man sicher leben und arbeiten kann. Hier kann man seine Ideen verwirklichen, und hier wird man unterstützt, wenn Lösungen für die Gesellschaft erarbeitet werden, egal, woher man kommt. Aus Sicht des Wirtschaftsstandortes, sehr geehrte Damen und Herren, ist daher der Versuch einer Abschottung, wie von manchen propagiert, eine Bedrohung, denn der Wirtschaftsstandort Wien lebt von der Diversität.
Erlauben Sie mir jetzt angesichts der aktuellen, oft sehr emotional geführten Diskussion über nach Europa flüchtende Menschen eine kleine Rückschau: In der Geschichte sind sehr viele Wissenschafter und Wissenschafterinnen immer wieder zu Flüchtlingen geworden, auch Menschen aus Wien. Sie alle kennen Sigmund Freud, der ebenso wie der Nobelpreisträger für Psychologie Eric Kandel ein Flüchtling war, und zwar ein Flüchtling vor den Nazis. Freud floh nach London, Kandel in die USA. Aber auch die Kernphysikerin Lise Meitner, der Biologe Max Perutz, nach dem unser wundervolles Institut benannt ist, Maria Jahoda, die Autorin der berühmten Untersuchung „Die Arbeitslosen von Marienthal“, Otto Neurath und der Begründer des „kritischen Rationalismus“ Karl Popper flüchteten vor den Nazis. Insgesamt 16 Familienangehörige Poppers wurden durch die Nazis ermordet. Und die Liste geflohener Wissenschafter und Wissenschafterinnen ließe sich leider sehr lange fortsetzen.
Heute sind wir es, die Menschen in Not helfen können. Der Umgang mit Flüchtlingen ist auch Ausdruck einer weltoffenen Gesellschaft und sagt viel über Innovationsfähigkeit, Neugier und über die eigene soziale Haltung aus. Wien hat eine Tradition, Menschen, die in Not sind, zu helfen. Das war 1956, 1968 und während der Balkankriege der Fall, und das zeigen wir auch heute wieder. Die Zivilgesellschaft, die Blaulichtorganisationen, der Fonds Soziales Wien, die NGOs wie Arbeiter-Samariter-Bund, Volkshilfe, Caritas und unendlich viele Ehrenamtliche helfen gemeinsam mit den Institutionen der Stadt Wien und zahlreichen Unternehmungen wie zum Beispiel den ÖBB.
Wir helfen heute, und wir haben auch in der Vergangenheit geholfen. Das war für alle gut, für die Flüchtlinge, aber auch für Wien, und zwar erstens, weil eine Gesellschaft lebenswert ist, wenn sie offen ist, und zweites, weil wirklich spannende, wichtige Menschen zu uns gekommen sind.
Ich erinnere mich gerne an unsere Auftaktveranstaltung zur Strategie „Innovatives Wien 2020“, die ich schon angesprochen habe. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde eine wunderbare junge Wissenschafterin namens Frau Dr Ivona Brandic interviewt. Auch sie ist ein Flüchtling: Sie kam im Jahr 1992 gemeinsam mit ihren Eltern aus Bosnien-Herzegowina zu uns nach Österreich. Heute ist sie Informatikerin und Universitätsassistentin an der TU Wien und mia-Award-Preisträgerin 2011. Gerade erst hat sie den Start-Preis des FWF erhalten. – Was für eine Bereicherung für unsere Stadt!
Als weiteres Beispiel nenne ich A Min Tjoa, der mit 13 Jahren aus Indonesien, damals einer Diktatur, geflüchtet ist. Er ist heute Professor an der TU Wien. In einem Interview mit dem „Standard“ sagte er: „Uns wurde in Sachen Integration nichts in den Weg gelegt.“ Er
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