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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 94

 

sen verbandelt ist! Sie betreiben hier heute das Geschäft von Konzernen und verfolgen Konzerninteressen im Zusammenhang mit der Smart City, erwähnen hingegen die soziale Dimension der Smart City im Konzept nicht einmal mit einem Satz und gehen auch auf die Belastung der Arbeitnehmer gerade mit kleinen Einkommen überhaupt nicht ein!

 

Nur ein konkretes Beispiel, Frau Stadträtin: In Österreich wird mit dem Smart Meter, wie der neue intelligente Stromzähler heißt, auch ein riesiges Geschäft gemacht, und das ist nur ein ganz kleines Detail aus diesen Konzepten! Dieser Smart Meter wird allein in Österreich 1,5 Milliarden EUR kosten! Im Hinblick darauf frage ich Sie, Frau Stadträtin: Wer wird diese 1,5 Milliarden EUR bezahlen? Haben Sie sich das schon einmal überlegt? Werden vielleicht Sie das aus Ihrem Wiener Budget zahlen? – Wir wissen, wie dieses ausschaut, das glaubt Ihnen kein Mensch!

 

Die Arbeiterkammer sagt uns aber ganz genau, wer das bezahlen wird: Das wird für 85 Prozent der Haushalte – und das betrifft vor allem die Menschen mit kleinen Einkommen, die gerade die Sozialdemokratische Fraktion vertreten sollte – ein Verlustgeschäft werden, denn sie werden Mehrkosten durch diesen Smart Meter haben.

 

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Auch das zeigt, dass Sie heute eigentlich Konzerninteressen verfolgen, auf diese Probleme hingegen mit keinem Wort eingehen, und das ist ein Armutszeugnis gerade für eine Sozialdemokratische Fraktion und ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Jetzt noch kurz zu den Fehlern in diesem Konzept, die es auch gibt und deren Auftreten in einem Papier, das ja die Grundlage für die Wirtschaftspolitik sein sollte, unangenehm beziehungsweise, wie man auch sagen könnte, peinlich ist. – Man macht sich hier etwa auch Gedanken darüber, auf welche Branchen Wien in Zukunft den Schwerpunkt legen sollte. Man überlegt, bei welchen Branchen, die in Wien jetzt schon stark vertreten sind, welche Stärken noch gestärkt werden sollen. Meine Damen und Herren! Da will man also für die Zukunft eine Strategie entwickeln und weiß nicht einmal, welche Stärkefelder es in dieser Wiener Wirtschaft bereits gibt! Das ist ein gravierender Fehler!

 

Frau Stadträtin! So hat Wien etwa im Zusammenhang mit der gesamten Verkehrstechnik beziehungsweise der Verkehrstelematik gewaltige Chancen, und zwar vor dem Hintergrund, dass sich in der Slowakei in den letzten 20 Jahren quasi neben unserer Haustüre viele Konzerne angesiedelt haben und es dort eine riesige Autoproduktion gibt. Im Hinblick darauf muss es doch unsere Vision sein, dass die Software für diese Autos der Zukunft aus Wien kommen muss, etwa die Software für das intelligente Auto, das am Ende gar keinen Fahrer mehr benötigt, Stichwort Google-Auto dessen Prototyp ja schon präsentiert wurde.

 

Frau Vizebürgermeisterin! All das fehlt in Ihrem Papier! – Sie haben auch die Stärkefelder heute hier noch einmal verlesen. Sie haben die Life Sciences erwähnt: Okay, das passt! Außerdem haben Sie die Kulturwissenschaften noch einmal herausgestrichen und gesagt, dass auch die Sozialwissenschaften natürlich nicht fehlen dürfen. Sie haben aber eine ganze Branche vergessen, nämlich den Bereich der Verkehrstechnik und vor allem der Verkehrstelematik, wo Wien große Chancen hat, weil es gerade diesbezüglich bei uns viele vielversprechende Ansätze gibt.

 

Ich denke jetzt etwa an die Firma Siemens am Standort Wien. Die werden sich freuen, wenn sie dieses Konzept lesen, Frau Stadträtin! Im Hinblick darauf frage ich mich schon: Was soll ein solches Konzept für die Zukunft taugen, wenn hier nicht einmal der Ist-Stand gewissenhaft recherchiert wurde, wenn Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, gründlich zu recherchieren, welche tollen Dinge es in diesem Zusammenhang in Wien bereits gibt?! – Auch deshalb meine ich, dass es wirklich ein Armutszeugnis für Sie ist, wenn Sie uns heute dieses dilettantische Papier präsentieren, Frau Stadträtin! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Schließlich darf natürlich auch „die wachsende Stadt“ in diesem Konzept nicht fehlen. – Da steht, dass Wien mit enormer Geschwindigkeit wächst und dass Sie die Rahmenbedingungen für eine hohe Lebensqualität in einer wachsenden Stadt schaffen wollen. – Na, dazu sind wir ja auf dem besten Weg, meine Damen und Herren! Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit von 15 Prozent in dieser Stadt! Wir haben 150 000 Arbeitslose, und 400 000 Menschen sind bereits armutsgefährdet.

 

Das Interessante ist aber auch ihr Ziel. – Frau StRin Brauner formuliert wörtlich: „Wien ist 2050“ – Sie postulieren also ein Ziel im Jahre 2050 – „weiterhin eine der zehn kaufkraftstärksten Regionen Europas nach BIP pro Kopf.“

 

Schauen wir uns das einmal an, meine Damen und Herren! Blicken wir nur zehn Jahre zurück! Sehen wir uns die offizielle Statistik der Europäischen Union von Eurostat und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf an, also genau das, was die Stadträtin hier anspricht: In der Statistik sieht man, dass wir in Wien vor 10 Jahren noch auf dem 5. Platz waren. Wir waren also vor zehn Jahren betreffend Kaufkraft und eigentlich betreffend den Wohlstand der Wienerinnen und Wiener noch die fünftreichste Metropole in der Europäischen Union. Und jetzt schreiben Sie, dass Sie unter den zehn Besten bleiben wollen. – Da fragt man sich: Was ist da geschehen?

 

Wenn man dann nachschaut, dann sieht man, Frau Stadträtin, dass wir bereits in den letzten Jahren dramatisch zurückgefallen sind. Wir sind etwa von Paris, von Stockholm, ja sogar von Preßburg und Prag im Wohlstand überholt worden! Ich habe das selbst nicht geglaubt, meine Damen und Herren, als ich das gelesen habe. Auch die Frau Stadträtin schüttelt den Kopf. Ja, man glaubt es kaum, dass wir in den letzten zehn Jahren betreffend Wohlstand so weit zurückgefallen sind! Aber Eurostat hat ja gemessen, was sich die Menschen mit dem, was sie erwirtschaften, leisten können, und wir sind, gemessen an der Kaufkraftparität, heute hinter Prag und hinter Preßburg zurückgefallen, Frau Stadträtin!

 

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