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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 94

 

beit gemacht, nämlich in der Vorbereitung – denn wenn es in meinem Panel so war, wird es auch in den anderen so gewesen sein –, in der Moderation, in der Protokollierung des Ganzen

 

Dass zum Schluss ein Papier herauskommt, wo nicht alles drinnensteht, worüber man geredet hat, ist doch klar, Herr Kollege. Ich meine, ich konnte mich nur wundern, wie Sie da drübergegangen sind, mit welcher Nonchalance und Unkenntnis des ganzen Prozesses, der dahintersteht.

 

Was man mitnehmen kann, Frau Vizebürgermeisterin, ist, glaube ich, Folgendes: Was wir brauchen werden in den kommenden Jahren, oder was Sie brauchen werden im Speziellen, ist ein starkes Commitment Ihrer Kollegen und Kolleginnen in der Stadtregierung, aber auch der ganzen Verwaltung in einer Querschnittsmaterie. Ich meine, wir haben hier ja schon gemerkt, es ist eine etwas spröde Materie. Ich kenne das aus dem Nationalrat. Was wir da für Schwierigkeiten gehabt haben, den dortigen FTI-Ausschuss zu konstituieren, auf die Beine zu bringen!

 

Das war ursprünglich der Industrieausschuss. Kollege Verzetnitsch war Vorsitzender. Es war nicht ganz einfach, weil die ÖVP damals im Nationalrat alle irgendwie einschlägigen Anträge dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen hat, da hat sie nämlich den Vorsitz gehabt; bis Verzetnitsch und ich, wage ich in aller Bescheidenheit zu behaupten, auf die Idee gekommen sind, wir machen daraus einen Forschungs- und Technologieausschuss. Der kann dann nicht mehr so sabotiert werden.

 

Also das ist eine spröde Geschichte. Es kommt noch dazu: Sie werden auch Geld brauchen, Frau Vizebürgermeisterin, mehr Geld als jetzt. Ich weiß, Sie sind als Finanzstadträtin nicht zu beneiden, alle möglichen Wünsche werden an Sie gestellt, aber in diesem Bereich fürchte ich, ist es absolut notwendig. Die nahezu 100 Millionen EUR, die in Wien statistisch als F- und E-Förderung ausgewiesen werden, sind ja, wie wir alle wissen oder wissen könnten, weitgehend ein statistisches Artefakt. Ich hoffe schon, dass für diese 100 Millionen EUR irgendwo geforscht wird, aber wir wissen es nicht. Der Graubereich liegt vor allem in der medizinischen Forschung.

 

Wien darf sich auch nicht darauf ausreden – oder ich hoffe, dass Sie das nicht tun –, dass Wissenschaft und Forschung im Wesentlichen Bundeskompetenz ist. Wir können nicht darauf warten, was der Bund tut oder genau genommen nicht tut. Er wird seine selbstgesetzten finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem tertiären Sektor nicht erfüllen. Und da ist immer die Frage: Was kann Wien als Stadt tun, ohne dass der Bund die Möglichkeit hat, seinerseits entsprechende Ausgaben zu kürzen. Auf diese Substitutionsmöglichkeit muss man also schon achten.

 

Aber davon abgesehen, Sie haben die Instrumente, Sie haben die MA 7, Sie haben vor allem den WWTF, in der Beziehung mache ich mir keine Sorgen. Wo wir auch Geld aufstellen müssen – und ich weiß nicht, wie man das macht, seit mindestens 20 Jahren wird darüber diskutiert –: Mit Recht wird die große Rolle der Start-ups, der Spin-offs in diesem Papier herausgestrichen. Im IKT-Bereich, wo Österreich, vor allem Wien, sehr erfolgreich ist, braucht man in der Regel für die Start-ups nicht sehr viel Kapital, aber in anderen Bereichen schon. Und wenn ich für ein Start-up 2, 3 oder 5 Millionen EUR brauche, sagen wir, geplant auf 3 bis 5 Jahre, dann reichen die normalen Instrumente, die wir zur Verfügung haben, in der Regel nicht. Wir brauchen echtes Venture-Kapital.

 

Viele Sachen bleiben auf diese Art liegen. Da ist das Projekt schon aus der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung herausgewachsen, die entsprechenden Untersuchungen sind da, aber für den nächsten Schritt, selbst wenn gute Aussichten bestehen – aber ein Risiko gibt es immer –, daraus marktfähige Produkte zu machen, fehlen diese Handvoll Millionen, sage ich einmal etwas salopp.

 

Die Raumfrage soll man auch nicht unterschätzen. Kollege Chorherr hat schon darauf hingewiesen. Die IKTler rund um die Technische Universität Wien wollen dort sein und sonst nirgends, und das aus guten Gründen. Das setzt die Stadtplanung vor gewisse Schranken und Herausforderungen. Eine Schranke ist zum Beispiel: Aspern wird nicht leicht in dieser Beziehung zu aktivieren sein, in anderer Hinsicht vielleicht. Dessen muss man sich im Klaren sein.

 

Der Kollege von der FPÖ wird ja nicht müde, die Gender-Problematik lächerlich zu machen. Ich finde es aber wichtig, dass der Frauenanteil in der Wissenschaft und in der Forschung steigt. Auch wenn er immer noch niedrig ist, bei Weitem nicht dem Anteil der weiblichen Studierenden entspricht, ist er immerhin im Steigen. Ganz generell in der Forschung, aber auch in Unternehmen stellt sich heraus, dass Heterogenität, Diversität wichtig sind, weil sie in gewisser Weise Kreativität fördern. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Dazu gehören auch entsprechende Frauenanteile und dazu gehören auch entsprechend hohe internationale Anteile.

 

Bei diesem internationalen Anteil möchte ich noch Folgendes hinzufügen. Frau Vizebürgermeisterin, Sie haben mit Recht betont, Wien muss Magnet für Hochqualifizierte sein. Wien ist allerdings schon zu einem gewissen Grad Magnet für künftige Gutqualifizierte und Hochqualifizierte, nämlich bei den ausländischen Studierenden.

 

Der neueste OECD-Bericht „Recruiting Immigrant Workers: Austria 2014“ weist darauf hin, dass Österreich den viertgrößten Anteil an ausländischen Studierenden unter allen OECD-Staaten hat – also nur hinter den englischsprachigen Ländern Großbritannien, Australien, und so weiter – und dass sich der Anteil der ausländischen Studierenden aus Drittstaaten, also nicht nur aus EU-Ländern, in den letzten Jahren verdoppelt hat. Diese sind interessanterweise im Mint-Bereich – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – überrepräsentiert, und da sie hier studieren, eignen sie sich im Laufe der Zeit auch sehr gute Deutschkenntnisse an.

 

Aber was ist österreichische Politik? Die dürfen hier gerne studieren, kosten den österreichischen Staat im Form der Studienkosten jede Menge. Dann sind sie fertig, haben etwa in Mathe einen Bachelor oder gar den

 

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