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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 94

 

Sie zu diesem Anlass nicht über Ihre Hinterlassenschaft sprechen wollen, über die Rekordverschuldung der Stadt Wien, über die Rekordarbeitslosigkeit in Wien, über die Tatsache, dass mehr als die Hälfte des Budgets ausgegliedert und dem Gemeinderat entzogen ist, darunter auch zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge.

 

Sie kennen das Stichwort, Sie kennen das Programm Flucht aus dem Budget. Da überrascht es nicht, dass Sie ein nebuloses Strategiepapier zum Gegenstand ihres Abschieds machen, nach dem Motto Ablenken von dem selbstverursachten Chaos. Statt Fakten gibt es schöne Floskeln, Wohlfühlphrasen und Sprechblasen über künftige Zeiten.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, es ist höchst bedauerlich und alles andere als verantwortungsbewusster Stil, dass ein so wichtiger Bereich wie die Forschung, Entwicklung, Technologie und Innovation für Ihr durchschaubares Manöver herhalten muss. Gerade diese Bereiche wären die Grundlagen für die Zukunft, wichtig für unsere Kinder und Enkelkinder, die bereits für Ihre Verfehlungen und Versäumnisse im Finanzbereich, für die angehäuften Schulden, für die noch immer nicht sichergestellten Spekulationsverluste, einschließlich Cross-Border-Leasing-Transaktionen, geradestehen müssen.

 

Aber bleiben wir noch kurz bei dieser Verlassenschaft von Bgm Häupl, von Ihnen und von der SPÖ für die Wienerinnen und Wiener. Es ist immer dasselbe rote Strickmuster, bei dem die letzten fünf Jahre auch die Grünen mitstricken durften. Es wird versteckt, es wird getarnt, es wird getäuscht und es wird schöngemalt. Nur einige Stichwörter – erstes Stichwort, Spekulation: Sie behaupten immer noch, dass die Stadt Wien unter Führung von Bgm Häupl gemeinsam mit Ihnen nicht spekuliert hätte; Sie bezichtigen sogar die Fachleute und den Rechnungshof, die Ihre Spekulation und die daraus resultierenden Verluste nachweisen, der Falschdarstellung, also der Lüge, wie es Herr Bgm Häupl an dieser Stelle gemacht hat.

 

Aber ich will hier gar nicht auf die hunderte Millionen Spekulationsverluste durch Schweizer-Franken-Kredite eingehen, die sind bereits nachgewiesene traurige Realität. Ich nenne Ihnen hier ein konkretes, noch nicht so bekanntes Beispiel aus dem Geschäftsbericht 2014 der Wien Holding GmbH. Ich zitiere wörtlich:

 

„Im Konzern sind folgende zwei Derivativgeschäfte im Einsatz. Es handelt sich um einen Euro-Türkische Lira Cross Currency Swap mit einem Nominale in Höhe von 10 Millionen und einen Euro Receiver Swaption mit einem Nominale in Höhe von 10 Millionen EUR.“ Und jetzt kommt die zentrale Stelle im Bericht: „Im Berichtsjahr ist auf Grund des Überschreitens des vereinbarten Kurses des Euro/Türkische Lira-Verhältnisses die Put Knock Out Option verfallen. Der beizulegende Zeitwert beträgt beim Euro-Türkische Lira Cross Currency Swap 3,79 Millionen EUR“ – das bedeutet 62 Prozent Spekulationsverlust – „und beim Euro Receiver Swaption 3,12 Millionen.“ – Das bedeutet 69 Prozent Spekulationsverlust.

 

Ich frage Sie: Was ist das, wenn nicht Spekulation? Was ist das, wenn nicht Spekulationsverlust? Was ist das, wenn nicht das Gegenteil von verantwortungsbewusster Finanzpolitik? (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Ich verspreche Ihnen, dass wir Freiheitliche diesem SPÖ-Spekulations… – man ist fast versucht zu sagen, Spekulationswahnsinn, und es wird in der Öffentlichkeit auch gesagt – in Wien ein Ende setzen werden.

 

Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies (unterbrechend): Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ganz kurz: Ich habe Sie jetzt sieben Minuten lang reden lassen. Es wurde in der Präsidiale vereinbart, dass man bei Thema Mitteilung selbstverständlich, wenn es Abschiedsreden gibt, etwas von der Sache abschweifen kann. Ansonsten wurde in der Präsidiale nicht vereinbart, dass das eine offene Debatte zu allem und jedem ist. Ich ersuche Sie daher, zur Sache zu sprechen. Ich danke sehr. Ich habe Sie sieben Minuten lang reden lassen zu was Sie wollten.

 

GR Mag Dr Alfred Wansch (fortsetzend): Na ja, von 20 Minuten habe ich 7 Minuten reden dürfen, das ist objektiv. Habe ich mir nicht erwartet nach Ihrer Wortmeldung. (GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch: Zum Thema! – GR Godwin Schuster: Bei der Sache bleiben!)

 

Aber ich sage Ihnen zwei Dinge zum Thema. Erstens: Der Herr Margulies hat ja von Abschiedsreden gesprochen. Und ich sage, das ist hier die Abschiedsrede von Frau Brauner, und dazu spreche ich. (Beifall bei der FPÖ.) Zweitens: Ich zitiere Prof Van der Bellen, der an Sie, Frau Vizebürgermeisterin, gerichtet gesagt hat zu Ihrer Strategie 2020, Sie werden Geld brauchen. Ich spreche hier über Geld und bin erstaunt, wenn mir hier im Sinne objektiver Vorsitzführung das Wort genommen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber ich verstehe es auch, dass Sie als Angehöriger der rot-grünen Koalition es nicht gerne hören, weil alle diese Dinge während der Zeit der rot-grünen Stadtregierung passiert sind und alle diese Dinge von den GRÜNEN mitgetragen wurden. Aber wir können es im Sinne der Redezeitbeschränkung … Der Prof Van der Bellen hätte mir wenigstens zehn Minuten gegeben, aber bleiben wir dabei, die Forschung. Wir sind bei Forschung, wir sind bei Strategie, wir sind bei Prof Van der Bellen, man wird Geld brauchen. Da erinnere ich an das Beispiel, das alle hier kennen, nämlich an die Häupl-Privatisierung der ehemaligen Zentralsparkasse im Wert von 1,8 Milliarden EUR. Da haben wir bereits mehrmals darauf hingewiesen, die Medien haben darüber berichtet, nach der Privatisierung sind in der Häupl-Stiftung sehr zum Gaudium einiger Kollegen von der SPÖ, erstaunlich, das Gaudium, 1,8 Milliarden von Vorständen aus dem roten Umfeld verspekuliert worden. Dieses Geld, diese 1,8 Milliarden, fehlen der Forschung, meine Damen und Herren! Die waren zweckgewidmet für Forschung! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und dann, weil wir beim Thema Forschung bleiben, noch ein Beispiel, dass es auch im Bereich der Forschung, Entwicklung, Innovation im Argen liegt. Als Donaustädter nenne ich als ein Beispiel für viele Beispiele das Scheitern beim oder das gescheiterte Innovationsprojekt „Innovationsquartier Aspern“. Herrlicher Name:

 

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