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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 94

 

Aber es ist ja ganz egal! Ich denke jetzt nur an die Wehleidigkeit, mit der die ÖVP reagiert hat. – Überlegen Sie einmal, welche Verkehrspolitik Sie in dieser Zeit betrieben haben! Zuerst haben Sie 100 000 Unterschriften gegen das Parkpickerl gesammelt. Gleichzeitig haben Sie aber gesagt, dass man ein Parkpickerl braucht. Das war für viele Menschen schwierig. Dann hat es eine Abstimmung darüber gegeben, aber diese ist anders ausgegangen, als Sie es gerne gehabt hätten.

 

Dann haben Sie gesagt, dass wir ganz Wien über die Mariahilfer Straße abstimmen lassen sollen. – Herr Homole hat auch nicht gleich zwei Mal ganz Wien über den 18. Bezirk abstimmen lassen! Herr Homole hat auch nicht ganz Wien über Tempo 30 in der Martinstraße und Umgebung abstimmen lassen, sondern eben nur dort.

 

Wir haben in Wirklichkeit in den beiden betroffenen Bezirken Mariahilf und Neubau abstimmen lassen. Und da waren nicht nur ein paar Grün-Sympathisanten mit der Frau Vizebürgermeisterin in einem Kaffeehaus, sondern wir haben dort alle Haushalte aufgesucht. Es hat eine sehr lange Debatte mit vielen, vielen Menschen auf der Straße, auch mit der ÖVP, mit dem Öamtc und mit wem auch immer gegeben, und dann haben jene Personen abgestimmt, die bei einer Bezirkswahl – also nicht bei einer Landtags- oder Gemeinderatswahl, sondern bei einer Bezirkswahl – stimmberechtigt sind. Die haben dort abgestimmt.

 

Und wenn Sie jetzt hergehen und sagen, dass die Geschäftsleute nicht abstimmen durften, dann ist das einfach sehr wehleidig! Da könnte man ja auch sagen, dass bei allen Abstimmungen im 1. Bezirk, die die Frau Stenzel durchgeführt hat – ich weiß, dass sie jetzt nicht mehr bei der ÖVP, sondern bei der FPÖ ist°–, auch nur eine bestimmte Gruppe von Menschen abstimmen durfte. Dabei ist es immer darum gegangen, wer von der Stadtregierung oder in diesem Fall von der Bezirksregierung legitimiert wurde. Das war so.

 

Jetzt aber kommen Sie her und wollen uns irgendwie zeigen, dass wir das und jenes nicht getan haben und gescheitert sind. – Nein! Gescheitert ist nicht die Frau Vizebürgermeisterin, und gescheitert ist auch nicht die Verkehrspolitik der rot-grünen Stadtregierung, sondern gescheitert ist vielmehr die ÖVP! Wenn da jemand gescheitert ist, dann ist es die ÖVP, und zwar deshalb, weil sie in Wirklichkeit die Abstimmung über die Mariahilfer Straße verloren hat. Und die ÖVP hat auch die Abstimmung über das Parkpickerl verloren. Und sie wird auch in Zukunft verlieren.

 

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Sie haben ein Problem auch bei dieser Wahl. Es verhält sich ja nicht so, dass Ihre Zahlen bei den Meinungsumfragen jetzt in den Himmel hinauf zischen und Sie plötzlich über 25 Prozent haben werden wie seinerzeit unter Busek. Vielmehr werden Sie möglicherweise, wenn es blöd hergeht, Fünfte. Das ist ja wohl nichts für die ehemals große Partei! Und dann sagen Sie uns, wir hätten verloren, wir seien gescheitert? – Nein! Nicht wir sind gescheitert, sondern die ÖVP ist gescheitert! Und die Reaktion auf dieses Scheitern war ein Auswechseln der halben Mannschaft für die nächste Wahl. So war es!

 

Darum meine ich, dass man schon aufzählen kann, was wir in der Verkehrspolitik in Wirklichkeit zusammengebracht haben. – Ganz kurz: Wir haben die Jahreskarte um 365 EUR in Wien eingeführt. Die Zahl der Jahreskartenbesitzer ist auf über 650 000 gestiegen. Und wenn Sie sagen, dass wir jedes Jahr 700 Millionen hineinbuttern müssen, dann frage ich Sie: Was tun denn die Niederösterreicher betreffend öffentlichen Verkehr? Was tun andere Bundesländer?

 

Der öffentliche Verkehr ist nicht einfach – wenn man es so ausdrücken will – gewinnbringend durchzusetzen. Das geht nicht! Oder wollen Sie für die Jahresskarte 1 000 EUR verlangen? Dann würde wahrscheinlich kaum jemand mehr mit den Öffis fahren!

 

Das Zweite ist die Tempo-30-Geschichte. – Alle Verkehrsexperten sagen, dass Tempo 30 dazu führt, dass die Zahl der Verkehrstoten weitaus geringer ist als vorher. Wir haben diese Zahl mehr als halbiert. Schon unter StR Schicker ist viel weitergegangen, jetzt wurde das noch forciert, und die Verkehrstotenzahl ist rückläufig. Sollen wir die Leute jetzt wieder schneller fahren lassen und wieder mehr Verkehrstote haben? – Das wollen Sie sicherlich nicht!

 

Unsere Avancen – wenn man es so ausdrücken will – an die niederösterreichische Landesregierung betreffend S-Bahn-Verbesserung sind gescheitert, und zwar nicht, weil wir das nicht konnten, sondern weil die Niederösterreicher ganz einfach gesagt haben: „Nein! Das machen wir nicht!“

 

Demnächst wird die S3 bis zum Krankenhaus Nord und ein Stück weiter bis zur Station Großjedlersdorf fahren, aber eigentlich hätte sie bis Stockerau fahren müssen! Der Verkehrslandesrat von Niederösterreich hat jedoch gesagt, dass er das nicht zahlt und einfach nicht macht. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, mit ihm zu reden und ihn zu überzeugen. (GR Gerhard Kubik: Der ist von der ÖVP!) Genau! Der ist von der ÖVP! Danke für den Hinweis! Es ist kein Roter und kein Grüner, sondern er ist bei der ÖVP.

 

Stattdessen quälen Sie uns aber die ganze Zeit, dass wir irgendwohin eine U-Bahn ausbauen sollen, zum Beispiel nach Purkersdorf oder nach Gerasdorf oder nach Schwechat oder wohin auch immer. – Da frage ich mich dann: Wenn die nicht einmal die Schnellbahn nach Stockerau zahlen, warum sollten Sie dann die U-Bahn zahlen? Die kostet noch viel mehr!

 

Ich frage mich also ganz ernsthaft: Was ist passiert mit Ihnen? Wir als rot-grüne Stadtregierung haben uns endlich einmal mit den schlechten Luftwerten, die es in dieser Stadt vorher gab, befasst. Wir haben jetzt in Wirklichkeit viel weniger Feinstaubüberschreitungen als vorher. Wir haben weitaus mehr Lärmschutz. Wir haben weniger Ozonüberschreitungen, obwohl der Sommer so heiß war, und auch betreffend Stickoxide haben wir etwas zusammengebracht. Warum? – Weil der Individualverkehr auf Grund der rot-grünen Verkehrspolitik auf ein erträglicheres Maß gesenkt wurde, und zwar einerseits durch die Parkraumbewirtschaftung und andererseits durch das 365-EUR-Ticket.

 

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