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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 75

 

für gut findet, dann könnte man von deiner Seite an den Innenminister Sobotka herantreten, dass er für den Nationalrat einen Vorschlag macht, damit man dort die Regelung ändert. Aber wir in Wien haben uns hier sicher nichts vorzuwerfen. Wir haben die bürgerfreundliche Regelung, dass wir Textgleichheit haben. Danke schön. (Aufregung bei GR Mag. Wolfgang Jung. - Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schweiger-Stenzel. Selbstgewählte Redezeit ist 9 Minuten, Restredezeit der Fraktion wäre 30 Minuten.

 

15.26.43

GRin Ursula Schweiger-Stenzel (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Verehrter Herr Stadtrat! Verehrte Damen und Herren!

 

Gestatten Sie mir, ich möchte hier einige Wünsche an die Kulturpolitik bringen, nicht so sehr Kritik, weil ich glaube, im Wesentlichen ist das kulturelle Angebot, das wir hier haben, ein sehr interessantes, auch ein weltstädtisches. Ich wünsche mir für das Kulturressort im Prinzip mehr Mittel, mehr Geld. Inhaltlich würde ich mir Schwerpunktsetzungen wünschen und nicht gießkannenartig über tausende Vereine drüberfahren. Ich habe nur einen im Gedächtnis, der heißt „Der Verein für die glückliche Gebärmutter“. Was das soll, weiß ich nicht, aber es ist nur ein kleines Beispiel.

 

Ich will aber etwas hier anbringen: Das Recht auf Kultur und wie man Kultur in dieser Stadt versteht. Das Recht auf Kultur ist ein Menschenrecht. Die UNESCO, die jetzt zwei Kongresse abgehalten hat, einen über die Zerstörung des Kulturerbes in Syrien, das war in Berlin, und einen Kongress in Brüssel über „Unite 4 Heritage“, also „Verbinden wir uns für das kulturelle Erbe“, und ich durfte als Vertreterin einer NGO als Österreich-Präsidentin daran teilnehmen. Das hat mich ungeheuer inspiriert und über die Wertigkeit von Kulturgut, vom kulturellen Erbe weltweit ungeheuer aufgeklärt. Natürlich gilt das auch für Österreich, natürlich gilt das auch für Wien. Kulturerbe und das Bewahren von Kulturerbe ist ein fundamentales Menschenrecht laut UNESCO. Es ist seit Neuestem auch einklagbar und zwar beim Menschenrechtsgerichtshof in Den Haag. Am Podium dieser beiden Kongresse, sowohl in Berlin als auch in Brüssel, saßen die unterschiedlichsten Vertreter bedrohten Weltkulturerbes. Es waren Syrer unterschiedlichster Richtungen da, es war ein Vertreter von Mali, es war ein Vertreter von Sarajewo, es war ein Vertreter von Mostar da. Wenn wir denken, was hier alles an Raubbau geschieht, dann wird einem schlecht und man kann nur bedauern, warum die Weltgemeinschaft da so hilflos ist: Bamiyan Buddha-Statuen, Palmyra Syrien nur ein Beispiel, Mostar Stari most die Brücke, Sarajevo die Bibliothek.

 

Ja, und der Richter vom Menschenrechtsgerichtshof, ein Amerikaner übrigens, hat gesagt: „Der Angriff, der gezielte Angriff auf Weltkulturerbe ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ist das Vorspiel oder eine Facette von Völkermord.“ So müssen wir es sehen. Jeder Mensch hat das Recht und jedes Volk hat das Recht auf kulturelle Identität, auf Übereinstimmung mit seinem historischen Erbe.

 

Es war bei diesem Kongress natürlich auch die Rede von dem Weltkulturerbe in Wien, und ich bedaure zutiefst, die Innere Stadt ist Weltkulturerbe, dass dieses Weltkulturerbe nur so zersplittert in den diversen Ressorts wahrgenommen werden kann. Dass das Weltkulturerbe sich ausgerechnet nur im Planungs- und Verkehrsressort findet und nicht im Kulturressort bei Ihnen, Herr Stadtrat, bedaure ich sehr, denn ich könnte mir vorstellen, dass, wenn dieses Ressort hier auch etwas zu sagen hätte, vielleicht der Umgang mit dem Weltkulturerbe Innere Stadt, und der gesamte Bezirk ist aus gutem Grund Weltkulturerbe, ein anderer wäre. (Beifall bei der FPÖ.) Dass man sich da vielleicht nicht so leicht getan hätte, ein Areal an einen potenten Unternehmer zu verkaufen und abzutreten, das in unmittelbarer Nähe der Ringstraße angelagert ist, das die Ringstraßen-Architektur berührt, das einen historischen Blick zerschneidet, Sichtachsen zerschneidet, dass man in letzter Minute sagt, hier ist Denkpause, und dass man gleichzeitig aber zu erkennen gibt, es ist nur Denkpause, ich habe noch keine Garantie, dass das Projekt, das für das Weltkulturerbe Innere Stadt ein Skandal wäre, dieses Hochhaus, dass das wirklich gestoppt würde. Und ich rufe Sie auf, Herr Stadtrat: Mischen Sie sich da ein und verlangen Sie, dass auch das Kulturressort über Weltkulturerbe etwas zu sagen hätte oder melden Sie sich ungefragt zu Wort, wenn es denn ein Anliegen von Ihnen ist! Sie haben es bis jetzt nicht getan. Ich wage es zu bezweifeln.

 

Und das andere ist, Wien ist Weltmusikstadt. Frau GRin Bluma hat natürlich Weltkulturhauptstadt gesagt, wunderbar, da sind wir alle dafür. Das wird jetzt angegriffen durch ein wichtiges Projekt. Da sage ich: Absolut, ich verstehe, dass man Zeitgeschichte, Geschichte, Vergangenheit, Schuldhaftigkeit, auch der Österreicherinnen und Österreicher, der Wienerinnen und Wiener im Dritten Reich für den Holocaust, dass man das zur Sprache bringen muss, an Generationen weitergeben muss. Dass man das aber auf Kosten eines Gutes tun muss, das eigentlich zum Weltkulturerbe gehört, nämlich der Sammlung alter Musikinstrumente in der Neuen Hofburg, ist nicht nachzuvollziehen! (Beifall bei der FPÖ und NEOS.)

 

Ich habe mir diese Musiksammlung angeschaut: Unglaubliche tolle Kuratorin, die einem das nahebringt. Ich kann sie nur jedem empfehlen. Mir ist aufgefallen, dass während meines ganzen Aufenthaltes dort, und es waren gut eineinhalb Stunden, sehr, sehr viele internationale Besucher in diese Sammlung alter Musikinstrumente gekommen sind, die anhand von historischen Musikinstrumenten einen Bogen von der Renaissance bis in die Gegenwart spannt. Das ist äußert aussagekräftig. Eine derartige Sammlung zu amputieren, ist in meinen Augen ein kulturpolitisches Verbrechen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich bin davon überzeugt, dass es andere Möglichkeiten gibt. Wenn man denn Geschichte schon einhausen will, von der Zukunftseinhausung halte ich schon gar nichts, aber wenn man sie einhausen will, dass man das auch dezentral machen könnte. Es ist ja nicht so, dass sich alles nur auf die Innere Stadt konzentrieren sollte. Die Innere Stadt ist die touristische Cashcow. Wir leben

 

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