Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 102
führen, welche Schritte hier zu Gunsten der pflegenden Angehörigen und Zugehörigen geplant sind?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin - Bitte.
Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das ist sozusagen auch eine Teilmenge der Frage, die soeben Frau Kollegin Korosec gestellt hat: Im Mittelpunkt der Strategie stehen die Bedürfnisse der Menschen mit Pflege und Betreuungsbedarf. Aber ich bin hundertprozentig bei Ihnen. Um diese Bedürfnisse gut beachten zu können, sind die Bedürfnisse der Angehörigen ganz genauso wichtig. Daher ist es auch hier ganz besonders wichtig, die gesellschaftlichen Veränderungen zu sehen, nämlich zu sehen, dass Pflege und Betreuung nebenbei auch immer schwieriger werden und um pflegende Angehörige zu unterstützen, ein starkes ambulantes Angebot dringend notwendig ist. In der Strategie gibt es eine eigene Leitlinie mit dem Ziel der Entlastung der pflegenden und betreuenden Angehörigen. Und der besondere Fokus besteht hier auf der Entlastung von Frauen, da der ganz überwiegende Teil der pflegenden Angehörigen Frauen sind.
Das Maßnahmenbündel wird sowohl Informations- und Schulungsangebote als auch ganz konkrete Entlastungs- und Unterstützungsangebote beinhalten. Viele der schon genannten Maßnahmen werden dazu beitragen, die Angehörigen zu entlasten. Wir sehen das bei der ersten Umsetzung des Konzepts Pflege und Betreuung 2030, nämlich der Erweiterung der Öffnungszeiten jetzt schon ganz konkret. Wir haben im Tageszentrum Favoriten die Erweiterung der Öffnungszeiten gerade im Pilotversuch, aber auch die geplanten Angebote für die Nacht - das ist immer wieder ein Thema -, nämlich mobile Nachteinsätze, aber auch Nachtrufbereitschaft sind für pflegende Angehörige ganz besonders wichtig. Zudem sind konkrete Maßnahmen geplant, die Angehörigen und Betroffenen eine individuelle und kurze und intensive Intervention in der Unterstützung beim Übergang in eine neue Lebenssituation oder ganz konkrete Krisensituation bieten.
Wichtig scheint mir, scheint auch allen ExpertInnen ein neues Angebot zur Entlastungspflege und Betreuung. Das soll ein kurzfristig anforderbares, zeitlich befristetes und individuelles Pflege- und Betreuungsangebot zu Hause anbieten, insbesondere, wenn die pflegende betreuende Person krank wird; damit man diese Sorge nicht hat, was passiert, wenn ich krank bin, mit dem, den ich pflege.
Wichtig - und das ist der Punkt, den Kollegin Korosec angesprochen hat - sind eben auch die Informationsmöglichkeiten über die bestehenden Angebote. So wollen wir perspektivisch eine zentrale Anlaufstelle für betreuende und pflegende Angehörige schaffen, die Beratung und Information bietet. Die Angehörigenberatung soll ein spezifisches Beratungsangebot ermöglichen, dabei stehen die Bedürfnisse der Angehörigen und nicht die Vermittlung von Leistungen und Angeboten für die zu Pflegenden im Fokus.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage stellt Herr GR Seidl.
GR Wolfgang Seidl (FPÖ): Guten Morgen, sehr geehrte Frau Stadträtin!
Danke für die Beantwortung der bisherigen Fragen. Auch von mir gibt es zu dem Konzept heute Lob, denn ich finde es klug, dass man sich im Jahr 2016 bereits Gedanken macht, wie Pflege und Betreuung im Jahr 2030 aussehen kann. Ich habe eine ganz kurze Frage dazu: Wissen Sie vielleicht schon, mit welchen jährlichen Kosten wir dann ab 2030 für Pflege und Betreuung in Wien rechnen können?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin.
Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Na ja, das wäre jetzt gar zu prophetInnenhaft. Aber wir gehen schon davon aus, dass die - ich möchte nicht sagen, Kosten - Mittel, die die öffentliche Hand für Pflege einsetzten muss, damit es so bleibt, wie es ist - und bei der Pflege finde ich es gut und wichtig, dass unabhängig vom Einkommen jeder das bekommt, was er oder sie braucht -, steigen werden. Mein Ansatz ist - wie Sie wissen, ist das kein Thema, dass wir hier erledigen können, aber ich halte das für eine politisch ganz wichtige Frage -, dass ich schon hoffe, dass wir 2030 nicht mehr in der Sozialhilfelogik sind. Denn die Sozialhilfelogik ist auch unverständlich für die betroffenen Menschen: Im Spital ist ohne Vermögenszugriff alles möglich, in der Pflege muss man zuerst auf das Vermögen zugreifen. Und dafür gibt es eine wirklich einfache Lösung, nämlich eine sehr moderat bemessene Erbschaftssteuer, die für die Pflegefinanzierung zweckgewidmet ist. Ich halte das auch deshalb aus einem Gerechtigkeitsgrund für richtig, denn derzeit haben wir die Situation, dass jemand, der pflegebedürftig ist, selbst eine hundertprozentige Vermögenssteuer hat, denn sein Vermögen muss erst einmal aufgebraucht werden, und die Erben haben eine hundertprozentige Erbschaftssteuer, weil nichts mehr übrig bleibt. Es wäre tausend Mal gerechter, man glaubt da nicht ans Glück, sondern verteilt dieses Risiko unter der gesamten Bevölkerung, dann ist es auch ganz sicher auch in Zukunft sehr gut finanzierbar.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 5. Zusatzfrage stellt GR Baxant.
GR Petr Baxant, BA (SPÖ): Danke, Frau Stadträtin, für die Beantwortung der bisherigen Fragen. Auch von mir natürlich Lob für diese sehr ambitionierte Strategie. Sie haben es selbst ausgeführt, ein Ziel dieser Strategie ist es, keine neuen zusätzlichen stationären Einrichtungen mehr zu errichten. Angesichts der demographischen Herausforderungen, ich sage nur, Wien wächst, knapp gefragt: Ist das realistisch?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Stadträtin. - Bitte.
Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Herr Gemeinderat, das ist eine ganz berechtigte und wichtige Frage, da wir ja sagen könnten, na gut, wie soll das denn gehen, wenn dann Wien zwei Millionen Einwohner hat und alle werden älter.
Ich bin mir der großen demographischen Herausforderungen in den nächsten Jahren natürlich bewusst. Ein ganz wesentlicher Punkt, den wir jetzt schon sehen, ist,
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