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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 102

 

der Gemeinderat noch nicht geeint gesprochen hat, das hat er jetzt getan. Mein Kollege Nikolaus Scherak bemüht sich jedes Mal wieder, im Verfassungsausschuss den Antrag, der im Übrigen ja auch von der ehemaligen Verfassungssprecherin der GRÜNEN, der Daniela Musiol, ich glaube, im gleichen Wortlaut oder vielleicht ein bisschen abgewandelt, vorliegt, zu diskutieren und zu einer Entscheidung zu kommen.

 

Ich glaube eigentlich, dass jeder hier im Raum weiß, dass diese nicht amtsführenden Stadträte tatsächlich eine Fehlkonstruktion sind. Wir bringen aber irgendwie in diesem Zusammenspiel, in diesem föderalen Zusammenspiel, keine Lösung zustande. Das ist eigentlich meiner Meinung nach ein jämmerliches Bild, das wir hier auch den Bürgerinnen und Bürgern abgeben, die, wie gesagt, in so einer großen Mehrheit, 98,7 Prozent, auch kein Verständnis zeigen, dass hier Leute mit Posten und Titeln ausgestattet werden.

 

Die ÖVP war in dieser sinnlosen Funktion zusammenaddiert 98 Jahre lang untätig, die FPÖ 61 Jahre lang und die GRÜNEN kommen auch auf 24 Jahre Untätigkeit, zusammenaddiert auf Posten der nicht amtsführenden Stadträte. Umso mehr freut es mich, dass ich heute gesehen habe, dass sich die GRÜNEN mit einem Shareable auf Facebook, sogar mit Cat-Content, auch wirklich engagiert für die Abschaffung dieser nicht amtsführenden Stadträte einsetzen, und ich hoffe da auch auf weitere entsprechende Initiativen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Es ist wirklich eine unfassbare Geldvernichtungsmaschine, die hier läuft, aber diese Maschine nimmt noch an Geschwindigkeit zu, denn die Menge an nicht amtsführenden Stadträten nimmt zu. Unter dem Bgm Häupl, dem gebührt da sozusagen die Krone in dieser Zwitterstellung zwischen Proporz- und Koalitionsregierung, da gibt es nämlich durchschnittlich 36,9 nicht amtsführende Stadträte im Stadtsenat, während es bei Helmut Zilk etwas weniger waren, und Gratz kam noch mit 22,59 Prozent aus. Also, vielleicht ist das noch einmal interessant für Sie, so etwas ein bisschen zu hören. (GR Dominik Nepp: Sind das jetzt Prozente oder Jahre?)

 

Das erste Argument, das man ja in diesem Zusammenhang oft hört, ist die Sonderstellung Wiens, einerseits Gemeinde, andererseits Land. Das ist meiner Meinung nach und unserer Meinung nach keine ausreichende Begründung für solche sinnlosen Posten. Wir sind ja als Wienerinnen und Wiener immer zu Recht stolz, dass wir eine Weltstadt sind, auf Internationalität, daher schauen wir auch gerne, und auch wir fordern es ja immer ein, über den Tellerrand zu anderen Städten, die auch gleichzeitig Bundesländer sind, wie zum Beispiel der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, oder der Senat in Berlin oder auch der Stadtrat von Zürich, und überall sind diese Konstruktionen nicht bekannt. In zwei anderen Städten, Berlin und Hamburg, gibt es eine klare Mehrheitsregierung, und in Zürich gibt es ein klares Proporzsystem. (Zwischenruf von GR Mag. Dietbert Kowarik.) In diesen Ländern herrscht anscheinend nicht die gleiche Selbstverständlichkeit beim Bedienen aus den Steuertöpfen für Parteigünstlinge, und Hamburg verfügt, obwohl klarerweise Koalitionsregierung und Opposition, wenn man sich das anschaut, über durchaus weiter ausgebaute Kontrollrechte der Opposition und ist meiner Meinung nach federführend im deutschsprachigen Raum, wenn es um das Thema Open Governance und auch Open Data geht.

 

Aber schauen wir auch in andere Bundesländer in Österreich. Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich und Burgenland, dort funktionieren die Kontrollrechte auch ohne diese nicht amtsführenden Posten sehr gut. In Eisenstadt, Graz, Linz, Salzburg, Klagenfurt, Innsbruck, Bregenz gibt es keine Stadträte ohne Kompetenz, es gibt eigentlich nur zwei Landeshauptstädte, das sind Wien und St. Pölten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Schauen Sie, ich höre immer wieder die Argumente, dass damit ja die Kontrollrechte gewahrt sind, man hat Einsichtsrechte, und aus diesem Grund ist das ja ein so wichtiger Bereich.

 

Man hat zwei Möglichkeiten, meiner Meinung nach, und darauf wird man möglicherweise eingehen: Entweder Koalitionsregierungen oder Proporzregierungen. Ich bin der Meinung, die Zeit des Proporzes ist vorbei und wir brauchen dieses System nicht. (GR Dominik Nepp: Und der Proporz, wenn wir dann die Ausschüsse aufblasen, ist dann gut, oder wie?) Ich stehe ein für eine klare Trennung zwischen Regierung und Opposition und eine gute Ausstattung der Opposition mit Kontrollrechten, mit der Möglichkeit, Dokumente einzusehen und nicht, wie wir es hier in Wien auch haben, diesen systemischen Webfehler, wo man dann in manche und sehr weitreichende Bereiche der Stadt auch nicht hineinschauen kann. Nur, jetzt muss ich Ihnen schon sagen: Die Ausstattung mit einem Titel, die Ausstattung mit höheren Bezügen, die Ausstattung mit einem Büro und die Ausstattung mit einem Chauffeur bringen noch keine weiteren Kontrollrechte. (Beifall bei den NEOS.)

 

Darüber hinaus ist es auch kein Geheiminis, dass wir NEOS seit Beginn, seit es uns gibt - es war überhaupt mein erster Antrag seinerzeit im Nationalrat -, für die Schaffung eines echten Informationsfreiheitsgesetzes eintreten. Tatsächlich halte ich es für völlig verstaubt und antiquiert, dass das Amtsgeheiminis noch immer in der Verfassung steht, und es nicht wie in anderen Ländern oder in anderen Städten völlig selbstverständlich ist, dass Bürgerinnen und Bürger jederzeit Einsicht in die Akte der Verwaltung nehmen können und auch letztlich schauen können, was die Politik macht.

 

Hier braucht es tatsächlich einen Paradigmenwechsel, der auch dazu beitragen würde, dass Steuergeldverschwendung und dass, von dem wir auch gestern wieder gehört haben, dass Sie es kritisieren, dass wir es sagen, aber Freunderl- und Günstlingswirtschaft hintangestellt werden. Nun weiß ich, dass diese Verhandlungen geführt werden, ich warne nur an der Stelle auch, dass in dieser Realverfassung der föderalen Konstruktion schon wieder von weitreichenden Ausnahmen die Rede ist. Und sehen Sie, dieser Paradigmenwechsel ist dringend notwendig. Wenn wir einen solchen Paradigmenwechsel herbeiführen, das könnten wir auch als Wien machen,

 

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