Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 102
Stück Weg des Vertrauens in die Politik zurückgewonnen worden wäre, wenn man einfach mit diesem Beispiel entsprechend vorangeht.
Ich möchte aber noch zu einem zweiten Punkt kommen, wenn wir über die nicht amtsführenden Stadträte diskutieren, und zwar ein bisschen eine Replik auch zum österreichischen Parlament. Eigentlich kann man ja sagen, das ist ein Begräbnis erster Klasse, die Proporzregierung von Wien im Parlament, und das darf man auch nicht vergessen. Wie Sie wissen, der größte Feind des Politikers ist das Archiv, und die Diskussion um die nicht amtsführenden Stadträte zeigt genau dies. (GR Armin Blind: Für die NEOS gibt es noch kein Archiv, die sind zu kurz da!) Wir haben, insofern ist es im Archiv nachzulesen, die NEOS haben als Parlamentsklub am 11. Dezember 2014 folgenden Antrag eingebracht: „In Art. 112“ des Bundes-Verfassungsgesetzes „wird nach der Wortfolge ‚mit Ausnahme des Art. 117‘ die Wortfolge ‚Abs. 5 und‘ eingefügt“. Dieser Antrag klingt jetzt ein bisschen sperrig, aber ich erzähle Ihnen, worum es hier geht. Um den Kollegen Steinhauser im Nationalrat von den GRÜNEN zu zitieren, so lange bei den Gemeinden Proporzregierungen vorgeschrieben sind, dies Auswirkungen auf das Land Wien hat. (GR Armin Blind: Da schau her!)
Daher braucht es eine Lex Wien, weil Wien einfach eine verfassungsrechtliche Sonderrolle hat. Wien ist das einzige Land, das auch Gemeinde ist, und die einzige Gemeinde, die auch Land ist. (GR Armin Blind: Das Zweitere ist der Fall!) Daher braucht es eben diese Lex Wien, die nichts anderes besagt, und das wäre eben der Wunsch, als dass man verfassungsrechtlich, und dafür sind wir zuständig, Wien die Möglichkeit eröffnet, zu entscheiden - mit wir zuständig meine ich natürlich das Parlament -, wir wollen eine Konzentrationsregierung oder wir wollen eben eine Mehrheitsregierung. Darüber hat Kollege Wiederkehr schon sehr ausführlich gesprochen.
Diese Möglichkeit hätten wir gerne dem Landtag Wien gegeben, aber es wurde in den Ausschuss verschoben. Das ist eine typische Situation, die wir hier ja auch schon haben, denn wenn jemand Vorschläge gibt, verschiebt man es in den Ausschuss, dort gibt es dann ein Begräbnis erster Klasse, Ähnliches war ja auch hier der Fall. Das heißt, man hat das in den Ausschuss verschoben, damit dort eben zügiger gearbeitet werden kann. Das ist das Argument, in Wirklichkeit ist es ja eher ein Begräbnis der ersten Klasse, und wir setzten damals einen Fristsetzungsantrag bis zum 24. März 2015. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Wir haben diesen Antrag wieder eingebracht, am 23. September 2015 wiederholten wir diesen Antrag, mit dem 11. Oktober 2015. Die Begründung war eben folgende, und das war ganz interessant, denn man muss schon auch schauen … Die BürgerInnen sollten das nämlich auch wissen, wenn sie vor einer Wahl den Wahlhelfer in einer Zeitung aufschlagen oder im Internet nachlesen, zum Beispiel hier in der „Wiener Zeitung“, was die politischen Parteien denn nicht so alles versprechen, was sie machen würden, wenn sie dann an der Regierung oder in der Opposition wären, wofür sie sich einsetzen werden. Es ist immer ganz interessant, auch das im Archiv nachzulesen, denn die Realität ist dann oft eine andere.
Die Frage der „Wiener Zeitung“ diesbezüglich war: Wie stehen Sie zur Funktion von nicht amtsführenden Stadträten? Soll die gestrichen werden, oder sollen sie künftig nur noch als Regierungsfraktion im Stadtsenat vertreten sein? Was mich bei diesem Wahlhelfer sehr überrascht hat, ist, dass die SPÖ hier ganz klar mit Ja geantwortet hat, bei einer Gewichtung von vier Punkten immerhin mit drei Punkten, also doch ein relativ großes Gewicht, dass die FPÖ auch eher mit Ja geantwortet hat. In der Realität sieht man, dass es eigentlich nicht der Fall ist, weil Sie sich ja hier einer entsprechenden Veränderung verweigern. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das stimmt ja gar nicht, Herr Kollege! Sie haben es noch immer nicht kapiert!) Auch die ÖVP hat hier mit eher Ja geantwortet, die GRÜNEN haben eindeutig mit Ja geantwortet, mit einer Gewichtung von vier von vier Punkten, und wir haben natürlich ganz klar mit einem entsprechenden Ja geantwortet. Also frage ich mich, beziehungsweise frage ich Sie: Warum gibt es diese Posten dann eigentlich noch? Warum gibt es diese Posten? Denn im Wahlhelfer, also sprich, das, was Sie den BürgerInnen versprechen, sagen Sie ja, Sie wollen keine nicht amtsführenden Stadträte. Aber die Realität ist eine andere! (Beifall bei den NEOS. - GR Mag. Dietbert Kowarik: Wir haben noch nicht die Mehrheit!) Ich spreche vom Nationalrat und von den Ausschüssen.
Die Realität ist eine andere, das heißt, es wäre durchaus möglich, wenn der Wille da ist, aber es fehlt der tatsächliche Wille, und insofern, muss man sagen, täuschen Sie ja hier schon ziemlich die Wähler, weil in diesen Wahlhelfern in der „Wiener Zeitung“ doch etwas anderes erklärt wird, als Sie dann eigentlich tun. Und das verstehe ich nicht, und das verstehen die Bürger auch nicht. (GR Armin Blind: Sie haben nichts verstanden, Herr Kollege!)
Deswegen ist es ganz wichtig, hier auch einmal darüber zu sprechen und auch den BürgerInnen die Möglichkeit zu geben, und dazu dient ein Parlament, nämlich zur politischen Debatte durchaus von sehr, sehr wichtigen Tagesordnungspunkten, wie der Wahl eines nicht amtsführenden Stadtrates oder einer nicht amtsführenden Stadträtin, um einfach zu sehen, das, was Sie auf der einen Seite sagen und wie Sie handeln, zwischen der Realität, klafft ein riesengroßer Unterschied.
Zum Fristsetzungsantrag hat damals der Dr. Tosch (GR Mag. Dietbert Kowarik: Den gibt es gar nicht! Toch!) von der SPÖ gesagt, es gibt ja für den neuen Wiener Landtag politische Willenserklärungen - ich sage, damals gesagt hat - der kandidierenden Parteien, dass sich die Wiener und Wienerinnen das Gremium einmal anschauen und entsprechende Weichen stellen. Aber ich frage mich: Wo sind diese Weichenstellungen? Das erinnert mich an sehr, sehr viele Pläne, die es gibt, Weichen zu stellen, aber die Realität sieht dann auch anders aus, wenn man dann offensichtlich wieder in eine andere Richtung abzweigt.
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