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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 102

 

waltigungsphantasien sind in diesen Postings oft zu lesen.

 

Was hier also zum Thema wird, ist, dass Frauen, wenn sie an einen Platz treten, der vormals exklusiv, muss man sagen, gerade in der Sportkommentierung, in der Sportberichterstattung, wenn sie diesen Platz einnehmen, ihnen Hass entgegenschlägt und gezeigt wird, dass sie hier nichts zu suchen hätten. Aber diese Frauen, die jetzt aufstehen, schlagen zurück mit einer Öffentlichkeit! Und Öffentlichkeit, meine Damen und Herren, glaube ich, ist genau das richtige Mittel, mit dem wir Gewalt begegnen müssen. Sie hilft, diese Gewalt auch zu reduzieren. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Es ist ja nicht so, dass sexualisierte Gewalt an sich ein neues Phänomen ist. Aber mit dem Internet und im Internet ist es natürlich möglich, dass unter dem Deckmantel der Anonymität Menschen mit Hilfe dieser elektronischen Kommunikation leichter diffamiert, belästigt und bedrängt werden können und dass fehlende Kontrollen und Sanktionsmechanismen es natürlich auch erleichtern. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Frauen von Hass-Postings betroffen sind, und insbesondere Journalistinnen und Politikerinnen, Frauen, die in der Öffentlichkeit sehr präsent und sehr sichtbar sind.

 

Frauen werden aber nicht nur wegen ihres Geschlechts per se hier attackiert, sondern es kommen auch andere Merkmale dazu, die zu einer Verstärkung führen. Beispielsweise migrantische Frauen, Frauen, die muslimischer Religion sind, jüdische Frauen, schwarze Frauen: Sie haben ja eine doppelte Diskriminierung, mit der sie hier konfrontiert sind, was die Situation noch einmal verstärkt.

 

Gewalt gegen Frauen geht primär von Männern aus, und auch Gewalt im Netz geht primär von Männern aus. Bislang ist diese Gewalt sehr ungehindert und sehr ungestraft. Das können wir so nicht länger hinnehmen. Das wollen wir so auch nicht länger hinnehmen, dass Männer Frauen einen Platz zuweisen wollen, dass sie sie wegweisen wollen, weg aus dem öffentlichen Raum, weg aus beruflichen Positionen, weg, wenn sie etwas sagen.

 

Denn eines zeigt sich: Sobald Frauen etwas sagen, löst das nach wie vor Irritation aus. Wenn Frauen heute etwas sagen, dann haben wir es mit einer Generation von Frauen zu tun, die sich von diesen Stellen, wo sie sich vermutlich auch hart hingekämpft haben - wer weiß, wie schwer es ist, Chefjournalistin zu werden, wer weiß, wie schwer es ist, Sportkommentatorin zu werden! Diese Frauen sind toughe Frauen, und diese Frauen lassen sich das heute nicht mehr so gefallen. Sie schlucken nicht mehr runter, sie verschleiern nicht mehr die Gewalt. Sie privatisieren ihre Gewalterfahrungen nicht mehr, sondern sie machen sie öffentlich.

 

Dieses öffentlich Machen wurde von einer breiten Solidaritätswelle unterstützt, was auch zeigt, meine Damen und Herren, dass Gewalt an Frauen nicht toleriert wird, von sehr vielen Menschen nicht toleriert wird, und dass wir hier im Gemeinderat als Politikerinnen und Politiker heute ebenfalls ein Zeichen setzen werden, dass wir auch diese Gewalt im Netz nicht tolerieren werden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Dass es trotzdem nicht leicht ist, über diese Gewalterfahrungen zu sprechen, das wissen, glaube ich, viele von Ihnen. Die Gewalt, die Hassäußerungen, die Beleidigungen, die Diffamierungen richten sich an Frauen in jeder Phase ihres Seins. Sie zielen ab auf ihr Äußeres, auf ihren Körper, auf ihr Geschlecht, auf ihr Denken. Es werden abwertende Bezeichnungen verwendet.

 

Alle, die sich bis jetzt mit Gewalt, mit sexualisierter Gewalt beschäftigt haben, wissen: Diese Gewalt macht etwas mit einem! Diese Aussagen lassen niemanden kalt. Diese Aussagen können so weit führen, dass sie psychische Belastungen hervorrufen, dass sie Frauen auch krank machen. Dafür gibt es genug Beweise. Es ist hier egal, ob es sich um Gewalt im Internet handelt oder Gewalt auf der offenen Straße oder in den eigenen vier Wänden.

 

Was das Internet ebenfalls ermöglicht hat, ist eine unheimlich schnelle Reaktion auf öffentliche Stellungnahmen. Diese unheimlich schnelle Reaktion zeigt sich in Initiativen, die mit Hashtags wie vorhin gekennzeichnet sind, Hashtags wie „solidaritystorm“. Hier haben mittlerweile 13.600 Personen offen bekundet, dass sie Gewalt gegen Frauen im Netz nicht tolerieren, dass sie Frauen den Rücken stärken wollen, dass sie ihren Mut unterstützen wollen und hinter ihnen stehen.

 

Auch wir können heute diese Solidarität zeigen, indem wir hinter den Frauen stehen, indem wir ihnen den Rücken stärken. Aber dieses Rückenstärken allein nützt nichts. Es gibt in Wien beispielsweise schon den 24-Stunden-Notruf, der sehr wohl auch Anlaufstelle für Erfahrungen von Gewalt im Netz ist. Wir haben diesen Notruf 365 Tage im Jahr in Betrieb - übrigens eine Einmaligkeit, und das schon seit 20 Jahren!

 

Es ist wichtig, dass es diese Anlaufstelle gibt. Aber was können die dort raten? Sollen sie raten, eine Anzeige zu erstatten, wenn es diesen Tatbestand, nämlich in der Form, gar nicht gibt oder wenn der bestehende Tatbestand so weich, so weit formuliert ist, dass praktisch keine Anzeige angenommen wird? Können wir ihnen raten, Anzeige zu erstatten, wenn die Staatsanwaltschaft hier nach wie vor überhaupt nicht sensibilisiert ist für das Thema von sexualisierter Gewalt gegen Frauen? An sich müssen wir ihnen raten, etwas zu tun. Und wir hier als PolitikerInnen sorgen dafür, dass diesem Anraten auch Taten und Umsetzungen folgen werden.

 

Ich habe es schon erwähnt: Gewalt - egal, ob im Netz oder auf offener Straße - tut immer weh! Sie verletzt die Würde von Frauen und kann psychische Folgen nach sich ziehen. Gewalt ist niemals und nirgends tolerierbar.

 

2016, gerade Anfang dieses Jahres - Sie werden sich wahrscheinlich erinnern -, wurde Cyber-Mobbing schon als Straftatbestand in die Strafrechtsreform einbezogen. Aber die aktuellen Fälle zeigen eindeutig, dass es weiteren Handlungsbedarf gibt, dass dieses Gesetz zu weit gefasst ist, spezielle Aspekte nach wie vor nicht inkludiert und daher Nachbesserungen dringend notwendig sind.

 

Es ist hier unsere Aufgabe als PolitikerInnen, solidarisch den Frauen zur Seite zu stehen, den Frauen, die Gewalt erfahren haben, den Rücken zu stärken, ihren

 

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