Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 102
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Ich bin jetzt gerade erst auf den Vorsitz gekommen. Das heißt, ich kann nichts dazu sagen, ob die Berichtigung so war oder nicht.
Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Juraczka. Ich erteile ihm das Wort. 20 Minuten.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Von meiner Seite ganz kurz bezüglich des eingebrachten Resolutionsantrages. Ich halte es in der Tat für ein Problem, mit dem wir uns gegenwärtig auseinanderzusetzen zu haben: Gewalt im Internet. Ich habe auch absoluten Respekt vor den vier Journalistinnen, die sich hier zu dieser Initiative zusammengefügt haben. Wir werden diesen Antrag - ich mache es kurz - unterstützen.
Ein Problem - und das ist der Grund meiner Wortmeldung -, das ich aber hier ansprechen wollte, ist ein Nebensatz im Resolutionsantrag. Nämlich: Man will sich nicht nur gegen die hassschürenden Menschen im Internet sozusagen rechtlich bessere Möglichkeiten holen, sondern auch gegen Betreiber von Plattformen für Postings und dergleichen. Ja, ich sage, wir sollten aber den Fokus darauf legen, dass diejenigen, die wirklich Hass schüren, in erster Linie zur Verantwortung gezogen werden, und nicht Homepage-Betreiber, die das vielleicht noch gar nicht gesehen haben. Denn ich glaube, das Verursacherprinzip sollte hier schon im Vordergrund stehen.
Das zu sagen, war mir wichtig. Ansonsten ist es unterstützenswert und bekommt daher auch unsere Zustimmung. Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Blind. Ich erteile ihm das Wort.
GR Armin Blind (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Das Wichtige zuerst: Wir werden diesem Antrag auch zustimmen. Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil es ja gestern im Zuge der Debatte zu einigen, sagen wir einmal, Vorwürfen oder zu einem Vorwurf gekommen ist, was den Schutz von Frauen betrifft. Ich hoffe, durch unsere Debattenbeiträge haben wir das dann ausreichend aufklären und die Unrichtigkeit der Behauptung darlegen können.
Wir werden dem Antrag vor allem deswegen zustimmen, weil er, was die Forderung betrifft, sehr allgemein gehalten ist. Das ist aber zugleich auch, sage ich, eine wesentliche Schwäche dieses Antrags. Die Begründung des Antrags ist ja einwandfrei, also dagegen kann man gar nichts sagen. Hass gegen Frauen ist abzulehnen, wie im Übrigen Hass gegen alle Menschen abzulehnen ist, meine Damen und Herren, da gibt es ja gar keine Frage.
Aber ich frage mich schon eines, und Kollege Juraczka hat das ja auch angesprochen. Der erste Satz des Beschlussantrags ist auch ganz unproblematisch und verurteilt die Entwicklung der Gewalt im Internet in der spezifischen Form, die vor allem Frauen trifft - ganz unproblematisch -, und ersucht die Bundesregierung, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Lücken in der strafrechtlichen Verfolgung solcher Angriffe zu schließen.
Da habe ich mich gefragt: Welche Lücken sind das? Jetzt bin ich nur aus dem Redebeitrag meiner Kollegin von den GRÜNEN nicht ganz schlau geworden, welche Lücken das sind.
Es wird dann eben auch - Kollege Juraczka hat auch darauf hingewiesen - gefordert, die Betreiber von Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen und auch für eine Sensibilisierung der Justiz zu sorgen. Ich kann nur sagen, eine Sensibilisierung ist in einem Rechtsstaat natürlich nur dort sinnvoll, wo es auch dementsprechende Tatbestände gibt. Also die Staatsanwaltschaften können selbstverständlich nur gerichtlich strafbare Handlungen, die von Amts wegen zu verfolgen sind, verfolgen, und eben keine anderen.
Jetzt muss man sich aber vergegenwärtigen, dass das Strafrecht wirklich das allerschärfste Schwert des Staates ist. Das ist sozusagen die Ultima Ratio. Ich frage mich jetzt: Wir haben, was diese angebliche Lücke betrifft, die Situation, dass wir die Bestimmungen über die Nötigung haben. Hier ist nämlich der Begriff der Gewalt angeführt. Den Nötigungstatbestand werden vielleicht manche von Ihnen kennen: Wer durch Gewalt oder durch gefährliche Drohung, und so weiter, und so fort, jemanden zu einer Handlung, Duldung, Unterlassung - und so weiter. Also welchen Gewaltbegriff legen Sie hier zugrunde? Das ist einmal eine ganz essenzielle Frage bei so einem Antrag.
Die weiteren einschlägigen Tatbestände, wo behauptet wird, dass das Strafrecht nicht ausreicht: Wir haben den Verhetzungsparagraphen vor Kurzem erst novelliert. Da ist natürlich das Geschlecht dabei, meine Damen und Herren! Das ist ja ganz offenkundig, im § 283, also eben Gewalt - da wären wieder beim Gewaltbegriff -, Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft - und des Geschlechts! Also so gesehen wieder ein Tatbestand.
Wir haben, was die Individualrechtssphäre betrifft, die Beleidung, und wir haben natürlich eine ganze Menge zivilrechtlicher Schutzmechanismen, die es ebenfalls gibt. Also in den Ausführungen meiner Kollegin habe ich jetzt einmal die Darlegung dieser Lücke vermisst. Vielleicht kann sich dann die Kollegin noch einmal zum Wort melden und uns erklären, was damit gemeint ist.
Wenn in der Begründung - und die Begründung ist ja auch immer eine Art Leitfaden, wenn der Text des Antrags selber lückenhaft und interpretationsbedürftig ist - „antifeministische Postings“ steht, ist die Frage: Was ist Antifeminismus? Wer definiert das? Definiert das der Grüne Klub? Oder dann irgendeine Beratungsstelle, die die Frau Stadträtin ins Leben gerufen hat? Oder eine Kontrollstelle?
Das ist natürlich gerade im Strafrecht eine sehr kritische Sache. Analogien im Strafrecht sind zulässig. Das muss man schon genauer sagen, wenn man so etwas
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