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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 102

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner auf der Rednerliste gemeldet ist Frau GRin Dr. Kickert. Ich erteile ihr das Wort.

 

17.09.27

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich finde das bedauerlich, worauf Herr Aigner eingegangen ist, aber ich möchte ihn gerne ein bisschen stärken und unterstützen, wenn er behauptet, dass diese Familienkonstruktionen ihm Angst machen. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie zum Beispiel vor mir und meinen Kindern Angst haben müssen! Ich und meine Kinder, wir sind ausgesprochen zivilisierte Menschen. Wir sind irgendwie ziemlich durchschnittlich. Ich und meine Kinder haben eine gute Schulbildung absolviert, der eine hat einen ganz normalen technischen Beruf, die andere hat ihr Studium abgeschlossen. Wir sind also ziemlich durchschnittlich, ich und meine Kinder.

 

Ich könnte jetzt so sprechen wie Frau Schwarz und sagen, ich als Mutter … Ja! Ich als Mutter vierer Kinder, die ich zwar nicht selbst auf die Welt gebracht habe, fühle mich ihr Leben lang - nämlich das Leben meiner Kinder lang - sozial für sie verantwortlich. Ich habe für diese Kinder Verantwortung getragen und werde sie auch in Zukunft tragen, wie es sich für ein Elternteil gehört, und zwar in Kombination mit den jeweils leiblichen Müttern und erstaunlicherweise in Kombination mit den jeweils leiblichen Vätern, von denen einer leider nicht mehr am Leben ist.

 

Egal: Wir sind ziemlich durchschnittlich, ziemlich gewöhnlich, wahrscheinlich gar nicht so anders als die vielen Familienkonstruktionen von heterosexuell liebenden Menschen.

 

Vor diesen Personen, lieber Herr Aigner, liebe FPÖ, brauchen Sie sich bei Gott nicht zu fürchten! (Anhaltender Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Blind. Ich erteile ihm das Wort.

 

17.12.01

GR Armin Blind (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Frau Kollegin El-Nagashi!

 

Ich darf kurz auf Ihre Wortmeldung eingehen: Ich halte das Verhalten der Regierungsparteien schon für ein bisschen ambivalent, und ich darf das auch begründen.

 

Wir hatten gerade in den letzten Tagen betreffend Kindergärten eine Wortmeldung, die ich sehr richtig finde, nämlich dass es zu wenig männliche Kindergärtner gibt. Das ist eine sehr richtige Feststellung! Diese Feststellung basiert nämlich auf der Annahme, dass Kinder eine männliche und eine weibliche Bezugsperson brauchen. Deshalb ist das eine sehr richtige Feststellung, die von unserer Fraktion auch vollkommen unterstützt wird.

 

Interessant ist nur: Einerseits betreiben die GRÜNEN eine Fifty-Fifty-Politik. Sie nennen immer Quoten und Zielvorgaben, die Sie erreichen müssen. Das gilt aber natürlich nur in der heteronormativen Welt - wie Sie das bezeichnen -: Also 50 Prozent Männer und 50 Prozent Frauen.

 

Wenn es dann aber um Partikularinteressen geht, dann gilt diese Grundannahme nicht mehr, sondern es kommen Annahmen wie - ich zitiere Sie wörtlich: „Wir sind eine ganz normale Familie.“ - Entweder ist also die Grundannahme falsch, dass Kinder ein männliches und ein weibliches Vorbild beziehungsweise eine männliche und eine weibliche Bezugsperson brauchen, oder die zweite Annahme, dass Sie eine ganz normale Familie sind! Jedenfalls passt das in sich nicht zusammen!

 

Ich erwarte mir aber gar nicht mehr, dass Sie herauskommen und in eine Art Diskurs eintreten! Frau Huemer hat es ja vorher auch nicht getan. Ich möchte nur feststellen: Das ist ein Widerspruch, und Sie sind nicht bereit, diesen aufzulösen! Ich bin aber - die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt - auf Ihre Replik sehr gespannt, obwohl sich meine Erwartungshaltung in Grenzen hält.

 

Ich möchte zweitens feststellen: Bei der ÖVP wird immer groß von Familie und von einem konservativen Weltbild geredet, aber dann kommt kein Einziger heraus und erklärt uns das. Es ist so wie bei den Grünen: Die Mauer des Schweigens hier und die Mauer des Schweigens da, zumindest wenn eine Frage kommt, und wenn nachher jemand herauskommt, dann redet er sicherlich nicht zu der Frage, die ich gestellt habe. Das ist anscheinend der Diskurs, den Sie immer predigen und den Sie vermissen!

 

Wogegen ich mich aber wirklich wehre, ist Ihr Protest, wenn ein Kollege von uns herauskommt und seine Ansicht zur Definition der Familie zum Besten gibt. Das müssen Sie ihm auch zugestehen! Es passt vielleicht nicht in Ihr Weltbild, dass es auch eine andere Meinung als Ihre gibt! Seine persönliche Ansicht deckt sich aber - das sage ich jetzt einmal ganz offen - mit einem Großteil der Meinungen der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das sind dann nämlich die Denkverbote und Sprechverbote, die auf uns zukommen, und genau deswegen war ich bei meiner vorigen Wortmeldung so vorsichtig. Die GRÜNEN maßen sich nämlich als geistige Nachfahren der Jakobiner - das behaupte ich immer wieder, und das ist meines Erachtens auch eindeutig zu sehen - an, zu beurteilen, was gesagt werden darf und was nicht gesagt werden darf.

 

Die Grenze ist dort gegeben, wo in wichtige Rechte anderer Menschen eingegriffen wird. Die Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie ein ganz essenzielles Gut, und diese ist nur so lange gegeben … (Zwischenruf von GRin Mag. Barbara Huemer.) Ich habe die „Margulies-Doktrin“ schon genannt, die lautet: Man darf keinem freiheitlichen Antrag zustimmen, weil er der grünen Weltsicht nicht dient. - Es hat einmal eine andere Doktrin gegeben, die so ähnlich war, nämlich: Verboten ist, was dem Sozialismus widerstreitet. Das war die „Breschnew-Doktrin“. (Zwischenruf von GRin Mag. Faika El-Nagashi.)

 

Sie meinen: Die Meinungsfreiheit ist nur so lange gegeben, als sie ihre Meinung abdeckt. Und dagegen wehren wir uns, weil wir für eine pluralistische Gesellschaft eintreten! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir weigern uns auch ganz entschieden, das sage ich von diesem Rednerpult hier ganz deutlich, hinzunehmen, dass Menschen, die auf Grund einer weltan

 

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