Gemeinderat, 15. Sitzung vom 23.11.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 65
Berechnung aus. Dazu möchte ich kurz aus dem Vorwort des Voranschlags 2014 der Stadt Wien zitieren: „Um die Konsolidierung des Wiener Haushalts fortzusetzen, denn bis 2016 wird ein Nulldefizit vorgesehen, sind aber auch Reformen in allen Bereichen notwendig, vor allem dort, wo Strukturen modernisiert und dadurch Kostensteigerungen gedämpft werden können.“ Im aktuellen Voranschlag, im sogenannten Finanzrahmen und Strategiebericht, steht wieder etwas ganz Ähnliches: „Um das erforderliche Ergebnis für das Jahr 2017 samt Folgejahren trotz all dieser Herausforderungen zu erreichen beziehungsweise sich diesem schrittweise anzunähern, ist unter anderem ein restriktiver Budgetvollzug geplant, welcher auch mit der Wiener Struktur- und Ausgabenreform WiStA maßgeblich unterstützt werden soll. Dabei handelt es sich um eine Verwaltungsreform, die das Ziel hat, bis 2020 einen administrativ ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.“ Die Aussagen aus 2014 und aktuell hören sich zwar ein bisschen unterschiedlich an, aber inhaltlich gibt es eigentlich überhaupt keinen Unterschied. Zusammenfassen kann man es so: Um einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen, braucht es in Wien Reformen und Budgetdisziplin. Das wäre richtig und das wäre wichtig. Genau das brauchen wir auch. Es passiert nur überhaupt nichts! Nur leere Worthülsen, falsche Ankündigungen, keine Reformen und keine Budgetdisziplin! (Beifall bei den NEOS.)
Wer sagt mir, dass Sie in drei Jahren nicht einfach wieder nur das Datum ändern, frei nach dem Motto: „Dann bauen wir halt erst im Jahr 2023 die Schulden ab, ist ja bisher auch irgendwie gegangen.“
Aber halten wir den derzeitigen Stand fest. Allein im Haushalt der Stadt Wien sind wir schon bei Schulden von 6 Milliarden EUR. Für 2017 und die Folgejahre stehen uns weitere Millionenschulden ins Haus. Da geht es dann in die Richtung 6,5 bis 7 Milliarden EUR. Von den Schulden der Stadtwerke, der Holding und den anderen ausgelagerten Bereichen rede ich da noch gar nicht. Ich frage mich schon: Wann ist eigentlich der Zenit erreicht? Wann hören wir mit dem Schuldenmachen wirklich auf? Wenn wir bei 10 Milliarden stehen? Wenn wir bei 15 Milliarden stehen? Ich weiß es nicht. Denn der Voranschlag bietet keinerlei Hinweis darauf, dass sich die Situation ändern wird.
Auch Ihr Finanzrahmen- und Strategiebericht, für den wir diese Budgetsitzung extra um ein Monat nach hinten verschoben haben, bietet keinen Anhaltspunkt für Konsolidierungsmaßnahmen. Nirgends finde ich auch nur ein einziges Sparvorhaben Ihrerseits. Kein einziges! Das geht so nicht!
Ihrer Argumentation nach sind „Wien neu denken“ und WiStA die Garanten für den zukünftigen Sparkurs. WiStA wurde im Frühjahr beziehungsweise vor dem Sommer ins Leben gerufen. Wir haben heute ein paar Kleinigkeiten gehört. Aber wo sind die versprochenen 100 Millionen Einsparungen? Wir haben noch überhaupt keine Ideen dazu gehört. Konkrete Maßnahmen fehlen komplett. Wieder nur leere Versprechungen, wie eigentlich schon gewohnt in der Ära Brauner!
Genauso wie im Vorjahr sind die Aufwendungen für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung und den FSW zu niedrig budgetiert. Im Voranschlag 2017 liegen sie unter den tatsächlichen Ausgaben von heuer. Alleine dadurch ist schon sichergestellt, dass sich der Voranschlag wieder nicht halten wird und dass es sich durch die steigende Arbeitslosigkeit wieder nicht ausgehen wird.
Frau Stadträtin, liebe Mitglieder der Stadtregierung, ich rate Ihnen dringend zu einem Kurswechsel! (GR Christian Oxonitsch: Was heißt wieder? Wann war das so?) Sie müssen sich endlich von der Schuldenpolitik verabschieden und mit ernsthaften Konsolidierungsmaßnahmen anfangen, nicht in drei Jahren, nicht in sechs Jahren, sondern jetzt, hier und heute! (GR Christian Oxonitsch: Wann war wieder?) - WiStA. (GR Christian Oxonitsch: Nein, Sie haben gesagt, wieder!)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege, die Redezeit ist abgelaufen.
GR Markus Ornig, MBA (fortsetzend): Danke. (Beifall bei NEOS, FPÖ und ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Bitte allfällige Privatgespräche dann in den Reihen zu führen.
Als nächster Redner zum Wort gemeldet hat sich Herr StR Mag. Blümel. Ich erteile ihm das Wort.
StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Es gibt in den letzten Wochen, Monaten viele Zitate aus den Reihen der SPÖ, die es wert wären, sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenn man die Situation der SPÖ Wien intern, also auch den Zustand der Stadtregierung, beschreiben möchte, gleich vorweg, Pracht und Herrlichkeit trifft es nicht wirklich. Wenn der Herr Bürgermeister vor zirka einem Jahr gemeint hat, das Wahlergebnis ist kein Auftrag, so weiterzumachen wie bisher und der Herr Bundeskanzler Kern gemeint hat, wenn wir so weitermachen, dann haben wir noch wenige Monate Zeit bis zum endgültigen Aufprall, unterschreibe ich beides. Leider Gottes kann man sich die Ernsthaftigkeit von diesen Aussagen aufpicken, um es mit dem Zitat einer weiteren SPÖ-Politikerin zu sagen. Dieses Zitat stammt von der Frau Wehsely, einer Dame, die ohnehin für fast alles zuständig ist, was in der Stadt schiefläuft. Wenn schon sinnvolle Reformvorschläge von der ÖVP zum Thema Mindestsicherung kommen, sagt sie: „Das können Sie sich aufpicken!“ Das können wir uns also aufpicken. Ich finde den Satz sehr bezeichnend, denn er bringt auf eine unglaublich prägnante Art und Weise auf den Punkt, was die Haltung der SPÖ und der rot-grünen Stadtregierung zum Thema Reformfreudigkeit und Problembewusstsein ist. Immer wenn es um Herausforderungen der Stadt geht, können wir uns die Politik aufpicken. Egal, ob es die Reform der Mindestsicherung oder die Schuldenreduktion ist, können wir es uns aufpicken. Wirtschaftswachstum können wir uns aufpicken. Funktionierendes Gesundheitswesen können wir uns aufpicken. Tourismuszonen können wir uns aufpicken. Demonstrationszonen können wir uns aufpicken. Und Pensionsreform - raten Sie einmal - können wir uns aufpicken. Unter Rot-Grün gilt, alles, was für die Zukunft dieser Stadt notwendig wäre, können wir uns aufpicken.
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