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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 23.11.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 65

 

beheimatet sind. Im Hinblick darauf ist es eigentlich nur logisch, dass man in der Hauptstadt der Bälle auch eine Verknüpfung mit Wissenschaftsangelegenheiten herstellt.

 

Vor allem geht es dabei auch darum, eine vergnügliche Netzwerkplattform für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zustande zu bringen, um so vielleicht auch den Brain Drain bei den Scientifics ein bisserl mehr zu reduzieren. Es geht auch darum, darauf hinzuweisen und dafür Werbung zu machen, dass die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier nicht nur studieren, sondern danach auch hier bleiben sollen, denn Wien hat auch im Forschungsbereich mehr zu bieten als nur Lebensqualität.

 

Es gibt aber auch Wissenschaftsgebiete, die leider historisch vorbelastet sind, und gerade deswegen haben die Republik und die Stadt in dieser Hinsicht eine besondere Aufgabe. 2008 hat sich die Republik gemeinsam mit der Stadt Wien dazu entschlossen, das Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien zu finanzieren. Nach jahrelangem Hin und Her, wo dieses Institut beheimatet sein soll, ist jetzt endlich ein schön adaptiertes Gebäude am Rabensteig 3 mit genügend Platz gefunden worden, das eröffnet wird. Damit wird das Wiesenthal-Institut zu dem wichtigsten Forschungszentrum zur Geschichte und auch zu den Folgen von Antisemitismus, Rassismus und Holocaust.

 

Ich war gestern in der IKG Wien bei der Feierlichkeit zum 200-jährigen Archivjubiläum, und es ist beeindruckend, welche Arbeit dort geleistet wurde, aber auch, welche Anstrengungen weiterhin notwendig sein werden, um das in der ganzen Welt zerstreute Archiv wieder nach Wien zurückzuführen.

 

Ich bin froh, dass der Bund und das Land gemeinsam den Verbleib des Nachlasses Simon Wiesenthals hier in Österreich bewirken konnten, denn es waren ja auch bereits andere Standorte in Diskussion, sowohl in den USA oder auch in Israel selbst. Eine Errichtung dieses Instituts anderswo hätte aus meiner Sicht nicht nur einen großen Verlust für den Wissenschaftsstandort Wien bedeutet, sondern wäre auch ein Armutszeugnis für das Geschichtsbewusstsein unseres Landes gewesen.

 

Die Arbeit des Institutes basiert auf drei Säulen, erstens auf der Forschungstätigkeit an sich, zweitens auf der Auswahl der Fellowship Programs, in dessen Rahmen Stipendiaten nominiert werden, und drittens auf dem Element der Vermittlung, was wahrscheinlich einer der wichtigsten Bereiche ist. Gerade in Zeiten wie diesen ist das nicht hoch genug einzuschätzen, wenn hier immer von Spaltung der Gesellschaft und von der Rückkehr des Nationalismus die Rede ist.

 

Weiters hören wir immer wieder, dass wir in einem „postfaktischen“ Zeitalter leben, was nichts anderes bedeutet, als dass unsere Meinungen auf Annahmen gründen, die bei näherer Betrachtung nicht haltbar sind, und dem muss auch die Politik und da vor allem die Wissenschaftspolitik entgegenwirken. Wenn wir nämlich behaupten, in einer aufgeklärten Gesellschaft zu leben, dann heißt das nicht, dass wir die Grundprinzipien der wissenschaftlichen Aufklärung hinter uns lassen dürfen, sondern dann heißt das, dass wir sie implizit ständig leben müssen. Dabei kommt der Politik eine große Verantwortung zu, wenn es um die Themenbereiche Rassismus und antisemitische Tendenzen geht, denn gerade in Zeiten eines zunehmenden radikalen Islamismus droht dieser Aspekt wieder zurückzukehren, und das muss unter allen Umständen verhindert werden.

 

Daher ist die Arbeit des Wiesenthal-Institutes wahrscheinlich nicht hoch genug einzuschätzen, denn es geht ja nicht nur darum, dass den jungen Menschen, die in Österreich heranwachsen, dieser Aspekt von Geschichte vermittelt werden soll, sondern es muss auch den vielen Menschen, die zu uns kommen, dieser Aspekt der österreichischen Geschichte nähergebracht werden. Gerade Wien hat als wachsende Metropole in dieser Hinsicht eine besondere Aufgabe.

 

Die IKG Wien beabsichtigt weiters, einen 200 m² großen Raum im Erdgeschoß des Gebäudes des Institutes für künstlerische Zwecke zu öffnen, um dieses ohnehin sehr, sehr schwierige, sperrige und historisch herausfordernde Thema über das Medium der Kunst besser vermitteln zu können. - Ich meine, diese Idee ist äußerst unterstützenswert! Deswegen ersuchen wir die Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderatsausschusses für Kultur, Wissenschaft und Sport, unserem Antrag, in welchem es um die Unterstützung dieses Vorhabens geht, stattzugeben, und ich bitte auch Kulturstadtrat Mailath-Pokorny, dieses Vorhaben gemeinsam mit dem Herrn Finanzminister nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten zu unterstützen. Mein Kollege wird danach noch den entsprechenden Antrag einbringen. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau GRin Mag. Huemer. Ich erteile ihr das Wort.

 

11.46.45

GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ja, auch mich freut es, dass wir das Thema Wissenschaft heute wieder einmal breit diskutieren können. Interesse dafür gab es ja auch schon in der Fragestunde, und ich möchte jetzt auf einige Punkte noch einmal genauer eingehen.

 

Kollege von den NEOS! Bezüglich Ihrer Bemerkung, dass die Vision stimmt, es aber mehr Ausgaben braucht: Ja! Natürlich wäre es schön, mehr Geld in Wissenschaft und Forschung investieren zu können! Ich möchte aber daran erinnern, dass die Wissenschaftsförderung in erster Linie beim Bund liegt, und ich glaube, dort wurden, wie wir hier schon mehrmals diskutiert haben, die Gelder bei Weitem nicht nach dem herrschenden Bedarf ausgerichtet. Ich möchte daher hier wirklich noch einmal unterstreichen, dass die Wissenschaftsförderung, wenn es diesbezüglich eine Lücke gibt, auf Bundesseite eingefordert werden muss. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Etwas ist schon interessant: Auf der einen Seite wird von Ihnen der Schuldenabbau gefordert. Sie haben zwar gesagt, Schuldenrückzahlung sei nicht das vorrangigste Ziel, aber trotzdem sind die NEOS doch jene Partei, die hier ständig Sparsamkeit einfordert. Gleichzeitig stellen

 

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