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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 23.11.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 65

 

undenkbar scheint, dass Arbeiter und Bürgerliche gemeinsam zum Beispiel einen Turnverein betreiben.

 

Dementsprechend ist die Gesellschaft unserer Republik leider noch immer aufgeteilt. Jede Institution gibt es ein Mal in einer schwarzen und ein Mal in einer roten Ausführung. Ein schwarzer und ein roter Autofahrerklub, ein schwarzer und ein roter Alpenverein, ein schwarzer und ein roter Sportverband, ein schwarzer und ein roter Kindergartenbetreiber, Direktorenbesetzung nach Proporz, Seniorenverband ein Mal in Schwarz, ein Mal in Rot; die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Und natürlich hat jeder die Freiheit, sich in Vereinen oder sonstigen Institutionen zu organisieren, wie er will. Das System hat aber zwei grundlegende Probleme, an denen es in unserem ganzen Land krankt.

 

Das ist zum Ersten eine Ineffizienz durch Doppel- und Mehrfachstrukturen. Jede dieser doppelt geführten Organisationen hat einen eigenen Überbau, eigene Strukturen auf Landes- und Bundesebene, und dass es auch immer zwei Organisationen zu finanzieren gibt, geht letztendlich zu Lasten der Leistung und der Angebote, die hier eigentlich geliefert werden könnten.

 

Zum Zweiten ist es der politische Zugriff auf diese Lebensbereiche. Vorstände dieser Vereine sind sehr oft mit Politikern der jeweiligen Couleurs besetzt. Weder einen Sportverein noch einen Kindergarten noch eine Kulturinitiative kann man ohne einen entsprechenden politischen Kontakt betreiben.

 

In diesem Sinne lehnen wir auch die Förderungen an den Mieter- und Wohnungseigentümerbund und an den Familienbund ab. Aus unserer Sicht ist es Steuergeldverschwendung, immer das schwarze Pendent zum roten Verein und vice versa zu fördern. Ich rufe in Erinnerung: Vorstand des Mieterbundes sind die Kollegen Ulm und Juraczka, Wiener Landesvorsitzende des Familienbundes, der ja durchaus gute Arbeit leistet, wie auch der Mieterbund, ist Ines Koch, die bis 2015 auch noch Abgeordnete in diesem Hause war.

 

Ich möchte mich aber bei dieser zugegebenermaßen geringen Förderung nicht allzu lange aufhalten, es geht um 52.000 EUR, sondern auf eine grundlegende Problematik in der MA 5 zu sprechen kommen.

 

Es gibt in Wien unzählige Stellen, Magistratsabteilungen, aber auch Fonds und Stiftungen der Stadt Wien, die Subventionen ausschütten. Und bei aller Kritik an der Förderpraxis ist es zumeist klar, zu welchem grundsätzlichen Zweck es den jeweiligen Fördertopf gibt. Der WAFF fördert die Weiterbildung der Arbeitnehmer, die Wirtschaftsagentur fördert die Unternehmen, die MA 51 die Sportvereine, die MA 10 die Kindergärten, und so weiter, und so fort.

 

Völlig unklar ist aber die Zweckwidmung der Förderungen durch die MA 5. Die MA 5 fördert ein buntes Potpourri an Organisationen und keiner weiß, warum. Hiezu ein kurzer Streifzug durch die Fördernehmer im vergangenen Jahr: 5,75 Millionen EUR Rahmenbetrag für die Förderung der Kreativwirtschaft, 15.000 EUR für die Freiwillige Feuerwehr Gußwerk, eine Reihe von Wissenschaftsförderungen, die, aus welchen Gründen auch immer, weder über die MA 7 noch über die Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds abgewickelt werden. Und dann eine Reihe von parteinahen Vereinen wie Seniorenbund, Pensionistenverband, das Lois Weinberger-Institut für christlich-soziale Politik, oder eben Mieter- und Familienbund.

 

Wir haben daher eine Anfrage an Frau StRin Brauner geschickt und wollten wissen, wie bei der MA 5 eigentlich Förderungen vergeben werden, und haben folgende Fragen gestellt:

 

„Erstens: Was gibt es für Förderkriterien, was für Förderziele, was darf gefördert werden, wie werden die Förderakte dokumentiert und vor allem, über wie viel Geld reden wir da überhaupt insgesamt?“

 

Zum Zweck der Förderungen hält Frau Brauner fest: „Nicht in allen Geschäftsbereichen ist eine Vergabe von Subventionen möglich. Dafür hält die Magistratsabteilung 5 die subsidiäre Generalkompetenz.“ Das ist eine schöne Formulierung dafür, dass in der MA 5 Förderungen unter alles und nichts fallen können, oder, wenn man es ein bisschen weniger blumig formuliert, die MA 5 ist eigentlich die Handkassa der Stadt Wien.

 

Weiter heißt es dann: „Subventionsanträge können schriftlich oder mündlich gestellt werden. Über die Anzahl aller mündlichen oder schriftlich vorgebrachten Anträge an die Stadt Wien wird in der MA 5 keine gesonderte Statistik geführt.“

 

Und weiter: „Subventionsrichtlinien im Sinne stets gleicher, normierter Vorschriften wären zu starr, um eine Ermessensentscheidung auf Basis fundierter Prüfung und Begründung zu ermöglichen.“

 

Aber nun zur entscheidenden Frage: Über wie viel Geld reden wir da?

 

2015 waren es 37 Millionen EUR, über die letzten 5 Jahre kumuliert ganze 26,6 Millionen EUR. Diese enorme Summe wird teilweise nur mündlich beantragt, die Anträge werden nicht dokumentiert, und es gibt dafür keine Förderrichtlinien, keinen Hinweis darauf, wo man sich um Förderungen bewerben kann, und sogar für Maßstäbe der Stadt Wien die dünnsten Förderunterlagen, die man von einer Magistratsabteilung bekommen kann.

 

Es geht nicht um die Organisationen, die von der MA 5 gefördert werden, diese leisten ja zum großen Teil hervorragende und wichtige Arbeit, es geht darum, dass über eine Wahlperiode über 200 Millionen EUR quasi freihändig ohne Richtlinien und ohne Dokumentation vergeben werden.

 

Das unterstreicht nochmal unsere Forderung: Wien muss mit der Freihandvergabe von Subventionen Schluss machen. Wir brauchen ein Subventionsgesetz nach Schweizer Vorbild: einheitliche Regeln für alle Magistratsabteilungen bei Förderansuchen, Kontrolle, Rechenschaft und Förderzielen. Mehr Transparenz und klare Spielregeln im Förderwesen bedeuten, dass in Wien das Geld für die wirklich wichtigen Vorhaben da ist und weniger Geld im Subventionssumpf versickert. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

 

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