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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 129

 

heißen Stein. Es ist leider ein bedauerlicher Umstand, dass trotz höherer Einnahmen aus dem Finanzausgleich ein so hoher Schuldenstand über bleibt.

 

Nach Ihrer Rede ist der Eindruck entstanden: Einerseits ist ohnehin alles super, Arbeitsmarktdaten sind super, Verschuldungsstand ist kein Problem, und zweitens ist der Bund ja noch schlimmer als wir in Wien. Das nenne ich, wie Ellensohn es gesagt hat, eigentlich postfaktisch: das Ignorieren von Problemen und nur das Hinweisen auf andere, die es ja noch schlimmer machen. Wie in der Schulklasse, wo man auf den anderen verweist, der sich noch schlimmer verhalten hat als man selbst. Es ist im Bund ein Problem, und es ist in Wien ein Problem. Aber natürlich ist es anders zu gewichten, ob es ein Land wie Österreich ist, wo ein Großteil der Ausgaben auf Bundesebene erfolgt, auf Bundesebene der Schuldenstand gemacht wird, was natürlich auch nicht gut ist, oder ob es auf Wiener Ebene passiert. Es ist beides zu kritisieren, aber in der Kombination ist es natürlich höchst problematisch für die Zukunft.

 

Aber wenn man es in Relation setzt, wenn Sie von einem Jahrhundert großartiger Sozialdemokratie sprechen, in der ja immer alles gut funktioniert hat, dann schauen wir uns die letzten 10 Jahre an: Wenn in den letzten 10 Jahren der Schuldenstand vervierfacht wurde, dann stimmt irgendetwas in dieser Entwicklung nicht. Und da kann man nicht sagen, ja, absolut gesehen sind es ja noch immer erst 7 Prozent des BIP an Verschuldung. Wenn diese Tendenz einen nicht zum Aufwachen bringt, dann wundert es mich wirklich, denn diese Tendenz ist unglaublich beängstigend und geht in eine komplett falsche Richtung. (Beifall bei den NEOS.)

 

Trotz dieser falschen Richtung, Frau StRin Brauner, sagen Sie, dass die Tendenz richtig ist: Wir haben 2017 den richtigen Pfad eingeschlagen. - Der Pfad 2017 ist genauso wie bisher mehr Schulden. Ich sehe da keinen neuen Pfad, ich sehe die Kontinuität des Pfades, das heißt, mehr Schulden, mehr Schulden um jeden Preis. Weltwirtschaftskrise, mittlerweile haben wir das 9. Jahr der Weltwirtschaftskrise, vielleicht wird im 19. Jahr diese Ausrede irgendwann mal langweilig werden. Wir müssen uns an diese Zeiten gewöhnen, in denen es kein so hohes BIP-Wachstum mehr gibt, beziehungsweise war es im heurigen Jahr ja gar nicht so schlecht, aber wenn man nicht mit dem Budget haushalten kann, wird es sich nie ausgehen.

 

Von der FPÖ hat man großteils eine Rede zur Burka gehört, ein bisschen zu Fahrradwegen, die großen Einsparungsvorschläge habe ich nicht gehört. Generell sehe ich bei allen Beschlussanträgen, die eingereicht worden sind, sehr mäßig konstruktive Vorschläge, um einzusparen. Wir haben ein ganzes Paket eingereicht. Wir haben einen Einsparungsvorschlag von 500 Millionen EUR ausgearbeitet und haben sehr viele Vorschläge, über die ich auch gerne inhaltlich diskutieren wollen würde. Vorher aber noch zum Budget, denn es erinnert mich schon sehr stark an letztes Jahr, als ich das erste Mal meine Rede zum Budget gehalten habe und es damals als Prinzip Hoffnung bezeichnet habe. Damals waren im Budget falsche Annahmen und Sie, Frau StRin Brauner, haben gemeint, ja, der Verschuldungsstand wird zwar hoch sein, aber nicht so hoch wie im Voranschlag verrechnet. Im Endeffekt waren es dann sogar 220 Millionen EUR mehr als im Voranschlag, und wenn diese Tendenz hält, müssen wir uns nächstes Jahr auf eine noch größere Verschuldung einstellen. Sie, Frau Brauner, haben letztes Jahr gesagt, es wird ohnehin weniger Geld ausgegeben, weil die Verwaltungseinheiten werden von selber Geld sparen - das war nirgends der Fall, es wurde mehr ausgegeben - und man wird ohnehin mehr Geld vom Bund bekommen. Das hat zwar gestimmt, aber bei hohen Ausgaben ist das auch irrelevant.

 

Der heurige Budgetplan ist eigentlich auch ein Brief ans Christkind. Wenn man sich den Finanzrahmen anschaut und wenn Sie vorhaben, 2020 ein ausgeglichenes Budget zu erwirtschaften, stellt sich die Frage, wie sich das ausgehen soll. Bei der antizyklischen Budgetpolitik, die Sie einschlagen wollen, und dem prognostizierten Wirtschaftswachstum gehen wir von einer Verschuldung im Jahr 2021 von 10 Milliarden EUR aus. Hier haben wir noch keine Ansätze dafür gesehen, wie das dann besser werden soll. Sie gehen halt von einem sehr positiven Szenario aus, von einem nominellen Wirtschaftswachstum zwischen 3,1 bis 3,6 Prozent in den nächsten 10 Jahren. Das gehört eher in die Kategorie Wunschvorstellung, vor allem, wenn man bedenkt, dass Wien meist unter 90 Prozent des österreichischen Wachstums erwirtschaftet. Das ist zum Beispiel gar nicht eingerechnet worden. Auch in Anbetracht der Steigerungen, wenn man sich diese seit 2005 anschaut, wo zusätzliches Geld ausgegeben worden ist, dann waren das großteils Schuldenrückzahlungen - über 50 Prozent der zusätzlichen Ausgaben, die entstanden sind - und Pensionslasten - über 50 Prozent zusätzlich in den letzten 10 Jahren. Das sind Bereiche, die im Budget wirklich schlagend werden, und das sind keine Zukunftsinvestitionen. Das ist keine Investition in die Zukunft, wenn man Schulden begleichen muss oder Pensionsrückstellungen leisten muss, das sind Klammern, die einen im Budget festhalten. (Beifall bei den NEOS.)

 

Nun aber zum Voranschlag 2017: Wir haben ja schon gesehen, dass wir hier ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem haben und dass wir hier massiv ansetzen müssten. Mittlerweile sieht das auch die rot-grüne Stadtregierung ein, dass es theoretisch ein Problem geben würde, sonst würde man auch nicht WiStA einberufen und versuchen, mit einer Strukturreform Geld zu erwirtschaften. Aber diese Strukturreform ist Augenauswischerei, es ist eher eine Ankündigungspolitik als konkrete Maßnahmen. Die 100 Millionen EUR, die Sie vorhaben, wären auch viel zu wenig bei einer Neuverschuldung von 500 Millionen EUR, aber diese 100 Millionen EUR sieht man gar nicht im Budget. Diese Aufschlüsselung ist für mich ziemlich unverständlich. Ich habe es anhand von drei Beispielen mal genommen: Es steht zum Beispiel drinnen, dass die Gebäudekosten massiv eingespart werden sollen. Wir haben in der letzten Gemeinderatssitzung beschlossen, dass wir Gebäude von 10.000 m² in der Seestadt Aspern für 2.400 Magistratsbedienstete zu einem sehr, sehr hohen Preis neu

 

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