Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 129
zeit und die fraktionelle Restredezeit sind jeweils 10 Minuten.
GR Mag. Wolfgang Jung (FPÖ): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Mein Vorredner hat also hier über das Christkind gesprochen. Ich kann Ihnen eines sagen, Herr Kollege: Der Glaube ans Christkind ist seriöser als der Glaube an das Budget von Frau Brauner! (Beifall bei der FPÖ.)
Der Kollege Margulies - ja, er ist noch da - hat sich vorhin so begeistert über den Finanzausgleich geäußert. Ich darf Ihnen vorlesen: „Finanzausgleich: Reform für Grüne gescheitert“, „Vom ‚Einstieg in den Umstieg‘ bleibt nichts übrig.“ - Es ist Ihr Kollege Rossmann, der das vor Kurzem in einem Interview im „Standard“ gesagt hat. Die Begeisterung der GRÜNEN in diesem Bereich scheint also nicht allgemein zu sein.
Frau Meinhard-Schiebel hat auf die Wahl des nicht-grünen Kandidaten zum Bundespräsidenten Bezug genommen, war ebenfalls ganz euphorisch und hat dann gemeint, die Analysen werden noch zeigen, wie das ist. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des heutigen „profil“. Da schreibt die Redaktion: „Was bedeutet der Wahlausgang nun für Österreich wirklich? Sind wir wirklich ein gutes Land oder betreibt man damit gutmenschelnde Augenwischerei? Immerhin holte ein rechtspopulistischer Kandidat 46 Prozent der Stimmen.“ - Also Ihre Analyse scheint nicht auf ungeteilte Begeisterung draußen zu treffen. Sie ist auch, gelinde gesagt, an den Haaren herbeigezogen.
So, und jetzt zum eigentlichen Bereich, der ja hier auch angesprochen werden sollte, nämlich zur Europadebatte. „Im Gegensatz zu den nationalistischen Europazerstörern sind wir Sozialdemokraten für Europa.“, sagte Bgm Häupl 2014 beim Wahlauftakt. Er ist ja wie der Kanzler ein glühender Europäer. Und was ist die Realität? - Die SPÖ möchte am Thema Europa möglichst gar nicht anstreifen. Das haben wir ja gemerkt, das haben wir auch jetzt bei den bisherigen Reden gemerkt. Der Kollege Florianschütz wird ja, nehme ich an, doch noch auf Europa auch eingehen.
Und hier zeigt sich wirklich ein Spalt in der Bevölkerung, der allerdings fast auf der Zweidrittellinie verläuft. Der Glaube an eine funktionierende Europäische Union in der Bevölkerung ist nämlich massiv gesunken - eine Folge der Allmachtsphantasien in Brüssel, wo man immer mehr Kompetenzen an sich ziehen will, statt vernünftigerweise eine Reduktion der Brüsseler Kompetenzen herbeizuführen, indem man sie auf das Notwendige beschränkt, und eine Rückbesinnung auf die Subsidiarität, die eigentlich dringend nötig wäre. Darauf müsste Rücksicht genommen werden, denn sonst steigt die Stimmung, die eben in eine eher kritische Richtung geht, wie wir es beim Brexit gesehen haben, wie wir es jetzt in der Flüchtlingsfrage sehen, wo die Bevölkerung Ihnen nicht mehr glaubt, in der Frage der Flüchtlingsverteilung, auf die sich die EU immer bezieht und die einfach nicht funktioniert. Und das müssten sie doch wissen in Brüssel, beziehungsweise sie wissen es ja, aber sie wissen nicht, was sie tun sollen und wie sie darauf reagieren sollen, und deswegen beten sie dieses Mantra vom Aufteilen auf verschiedene Länder immer weiter, obwohl es halt einfach nicht funktioniert.
Genauso die Scheinkonstruktionen wie Frontex: Frontex ist keine Grenzschutzagentur, meine Damen und Herren, Frontex ist ein Transportunternehmen für Flüchtlinge nach Europa geworden. Man informiert nicht mehr, sondern man hält den Wählern, der Bevölkerung in Europa Wunschträume vor, die einfach nicht mehr geglaubt werden.
Nur ist es heute in zunehmendem Maß so, und das regt manche auf, dass sich die Leute nicht nur aus den inseratengesteuerten Printmedien und aus dem Staatsfunk informieren, sondern sich die Informationen direkt aus dem Netz holen. Das setzt Sie jetzt in Verzweiflung, und dann reden Sie so schön, wie wir heute gehört haben, von postfaktischen Argumentationen und glauben sich in einer Blase und als Oberschicht hier bessergestellt und klüger als die Masse der Bevölkerung. Es zieht einfach nicht mehr, das kann man Ihnen sagen.
Sie haben Angst, die Bevölkerung zu fragen, gerade die GRÜNEN, die früher einmal so für die Befragungen waren. Sie kennen Ihre eigenen Beschlüsse, was man nicht alles der Bevölkerung zum Abstimmen vorlegen darf. Demokratie, meine Damen und Herren, heißt Volksherrschaft. Sie vertreten aber einen aufgeklärten Absolutismus: alles für‘s Volk, aber nichts mit dem Volk. (Beifall bei der FPÖ.) Wobei man bei dem „alles für‘s Volk“ Zweifel haben kann.
Machen wir aber einen Realitäts-Check der Europaaktivitäten in Wien, und wie es um die Begeisterung der SPÖ für die EU steht. Erinnern wir uns doch einmal: Jahrelang haben wir drängen müssen, damals noch mit den GRÜNEN gemeinsam, damit wir überhaupt einen Europaausschuss bekommen. Dann haben wir den Europaausschuss bekommen, es hat dann wiederum lange gedauert, bis das Rederecht für die EU-Abgeordneten eingeführt wurde. Wer hat denn gedrängt? - Ja, die GRÜNEN, damals noch mit der Kollegin Vana, da haben Sie noch ein bisschen einen Impetus bei Europa gehabt, und wir. Nicht die SPÖ, meine Damen und Herren, die hat sich dagegen gesperrt.
Wir haben auch heute noch keinen eigenen Tagesordnungspunkt für Europa, sondern er wird hier mit ein paar Minuten hereingeflickt, weil Sie Angst haben, dieses Thema vor der Bevölkerung zu diskutieren. Wir treten dafür ein, wir, denen Sie dauernd einreden, wir sind die Europagegner. Wir sind es, die die Europathemen hier zur Sprache gebracht haben. Der Kollege Van der Bellen war durch die Zeit, die er da war, im Ausschuss der steinerne Gast.
Was geschieht heute in Wirklichkeit im Europaausschuss? Wir haben vielleicht drei oder vier Sitzungen im Jahr, im Jahr, bitte, mit geradezu lächerlichen Tagesordnungen, wo zwei, drei Zettel Papier zur Abstimmung oder zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Das ist eines Ausschusses unwürdig, das können Sie sich hinter die Ohren schreiben, meine Damen und Herren, weil Sie eben nicht darüber reden wollen.
Es gab einen Europabericht, der ist heuer bisher nicht erschienen. Da habe ich nachgefragt. Der Vorsit
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