Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 129
formieren die europäische Politik auf die lokale Ebene, und darauf sind wir auch stolz.
Meine Damen und Herren! Es gibt ein wichtiges Dokument des Europarates, das am 15. Oktober 1985 beschlossen worden ist, das ist die European Charta of Local Selfgovernment, die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung. Im Art. 9 wird festgestellt, dass die nationalen Staaten ihre Regionen und Gemeinden verpflichtend mit den dementsprechenden Finanzmitteln auszustatten haben. Das hat auch Österreich ratifiziert, um die vom Gesetz und besonders den Verfassungen vorgesehenen Aufgaben der Regionen und Gemeinden erfüllen zu können. In dem Fall stehe ich nicht an, Frau Stadträtin, Sie zu beglückwünschen, dass Sie das bei den Finanzausgleichsverhandlungen durchgesetzt haben und dafür gesorgt haben, dass wir unsere Aufgaben erfüllen können. Das ist nicht selbstverständlich.
Ich habe mir zum Beispiel in Straßburg erzählen lassen, dass über 96 Prozent der französischen Gemeinden über Minderfinanzierung durch den französischen Nationalstaat klagen und demzufolge deren Aufgaben, wie Sie selbst im Kongress der Regionen und Gemeinde sagen, nicht nachkommen können. Da sind wir Gott sei Dank in einer glücklicheren Situation, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. -Zwischenruf von GR Mag. Wolfgang Jung.)
Das führt mich zur sogenannten Frage der Golden Rule - sperriges Wort, wichtiges Thema. Herr Klubobmann, die Golden Rule ist im Gegensatz zu dem, was Sie hier vertreten haben, schon eine wichtige und essentielle Frage. Worum geht es nämlich wirklich bei der Golden Rule? (GR Mag. Manfred Juraczka: Das habe ich Ihnen erklärt!) Die Golden Rule ist die Idee, dass, wenn man nachweisen kann, dass bestimmte Finanzinstrumente, beispielsweise PPP-Modelle, über lange Frist budgetwirksam negativ auf die nationalen und in dem Fall auf die kommunalen Budgets sind, man Ausnahmeregelungen zu den Fiskalkriterien, also den Maastricht-Kriterien, erreichen kann. Das ist eine vernünftige Regelung, denn, wenn ich heute sage, ich kann als Stadt Wien über die Europäische Investitionsbank zu 0 Prozent Zinsen einen Kredit aufnehmen, um ein Schulgebäude zu bauen und dem gegenüberstelle, dass ein normales PPP-Modell über einen Zeitraum von 20 Jahren sicher 12 bis 15 Prozent Kosten verursacht, dann bleiben diese 12 bis 15 Prozent Kosten im Budget der Stadt hängen. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger müssen das bezahlen.
Wenn wir heute hergehen und ein Modell entwickeln und mit der Kommission ein Modell verhandeln - und das ist eine Aufgabe europäischer Städtepolitik -, damit wir für bestimmte nachhaltige Projekte, die auf diese Art und Weise budgetwirksam sind, Ausnahmekriterien für die Fiskalkriterien erhalten, dann ist das eine gute Sache, Herr Klubobmann, und dazu stehe ich auch, dass wir das tun, denn wir sparen den Menschen viel Geld. (GR Mag. Manfred Juraczka: Das war aber nicht das Thema!) Herr Klubobmann, ich weiß schon, nur um es richtigzustellen, denn ich lasse mir eine gute Idee, nämlich die Golden Rule, nicht einfach so en passant in den Orkus werfen, um das einmal so zu sagen.
Meine Damen und Herren, die außenpolitischen Felder unserer Stadt sind eine Fülle von europäischen Institutionen, wie der Ausschuss der Regionen, der Kongress der Regionen und Gemeinden, das Projekt Juracities, die Region Centrope und die Donauraumstrategie. In all diesen Bereich sind wir als Stadt auf unterschiedlicher Ebene aktiv. Ich bedanke mich in dieser Frage beim Herrn Bürgermeister, der ein glühender Europäer ist und der in vielen, vielen dieser Fälle hochaktiv ist. Das unterschätzen Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, wie groß der Stellenwert der Stadt Wien und des Bundeslandes Wiens auf europäischer Ebene ist. Wir sind ein geachteter und sehr bewunderter Partner. Ich darf Ihnen eines sagen, und darauf bin ich als glühender Europäer stolz: Wir sind nicht alleine. Wir sind ein Mitglied der europäischen Familie und darauf können wir auch durchaus stolz sein.
Etwas, worauf wir besonders stolz sein können, ist das Wien-Haus in Brüssel. Über das werden wesentliche Projekte abgewickelt. (GR Mag. Wolfgang Jung: Darüber haben Sie die Opposition nicht informiert!) Ich sage eines dazu, denn die Zeit ist knapp: Wir haben Freiraum für die Seestadt Wien, wo wir über 2 Millionen EUR Förderungen aus dem europäischen Raum erhalten haben, und viele andere Projekte auch. Herr Abgeordneter, sage ich in dem Fall: Sie wissen, was das Wien-Haus tut. (GR Mag. Wolfgang Jung: Da sind wir nicht eingeladen worden!) Wir haben es in der letzten oder vorletzten Ausschusssitzung berichtet, und es ist, wenn ich mich recht erinnere, auch bei Ihnen auf Anklang gestoßen.
Meine Damen und Herren, zu Europa gehört neben der Fiskalfrage - weil es eine Generaldebatte ist, bringe ich das jetzt hier ein - auch die Frage der Menschenrechtsorganisation. Europa ist der Kontinent der Menschenrechte und Europa ist der Kontinent, wo Menschenrechte ernst genommen werden, mehr als in allen anderen Regionen der Welt. Bei aller Kritik und allen Verbesserungsvorschlägen, und es wurde heute angesprochen, dass Konflikte aus dem Ausland zu uns gezogen werden: Meine Damen und Herren, das ist so eine typische Diskussion, das ist schlecht. Niemand in diesem Haus will, dass Konflikte, die im Ausland oder in anderen Ländern geführt werden, hier in Wien geführt werden. Da kommen wir allerdings auch an die Frage der Grenze der Meinungsfreiheit, und das ist in der Tat ein Menschenrecht. Kollege Blümel, Demonstrationszonen, die dazu dienen, um Grundrechte einzuschränken, werden von uns abgelehnt. Ich verstehe schon die Idee, aber das lehnen wir ab. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Mag. Manfred Juraczka: Beim G7-Gipfel hatten Sie kein Problem, dass man nicht demonstrieren darf!) Herr Klubobmann, ich bin bereit, mit Ihnen fachlich über die Frage der Kollision von Grundrechten und wie diese aufzulösen wäre, zu diskutieren, dazu ist jetzt die Zeit zu gering. (GR Mag. Manfred Juraczka: Leider!) Nur, eine Kollision von Grundrechten liegt nicht vor, wenn der gute Geschäftsgang gestört ist. Das ist klar. (GR Mag. Manfred Juraczka: Diskutieren wir das einmal im Ausschuss!) Ger
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