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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 129

 

ne, wenn Sie das wollen, bin ich gerne und jederzeit offen, allerdings unter Einbeziehung von Experten und Expertinnen.

 

Wir bekennen uns als Menschenrechtsstadt Wien, und Wien ist eine Menschenrechtsstadt, meine Damen und Herren, sowohl zur Deklaration der allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen als auch der Konvention der Menschrechte und fundamentalen Freiheiten in Europa, und davon werden wir nicht abweichen.

 

Damit zur Willkommenskultur, meine Damen und Herren: Der Herr Vizebürgermeister hat einen direkten Zusammenhang zwischen der Neuverschuldung der Stadt und der Bewältigung von Flüchtlingsströmen gezogen. Meine Damen und Herren, das weise ich zurück. Dieser Zusammenhang besteht so, wie er hier genannt worden ist, nicht. Er hat sich darauf berufen, dass es so etwas wie eine Willkommenskultur gibt. Das Wort Willkommenskultur ist auch so ein Schlagwort. Ich frage Sie: Was ist das Gegenteil von Willkommenskultur, und wer will das? Es ist eine schlechte Art von Politik, mit Konnotationen Begriffe zu entwerten und Haltungen madig zu machen. Ich werfe Ihnen ja auch nicht vor, dass Sie Heimatbegriffverderber sind, weil ich den Begriff Heimat für wichtig halte, und wenn er permanent missbräuchlich verwendet wird, man ihn entwertet.

 

Die Menschen kommen aus Reaktion auf Krieg und Verfolgung zu uns, und es ist heute gefordert worden, für Flüchtlinge die Mindestsicherung auf null zu streichen. Mir fehlen nicht die Worte, aber fast. Der Oberrabbiner des Vereinigten Königreiches und jetzt des Commonwealth of Nations, Lord Jonathan Sacks, hat einmal gesagt: „Wenn die Hoffnung stirbt, kommt die Angst, und wenn die Angst kommt, kommt der Hass.“ So erzeugt man ihn. So erzeugt man ihn, mit Hass, Diffamierung, Lüge und Unterstellung. So schafft man eine Kultur, in der das gedeihliche Zusammenleben nicht entsteht, und diese entsteht auch durch Not. Herr Klubobmann, besser gesagt, Herr Stadtrat: Sie sind ja an sich christlich-sozial! Versuchen Sie das zu bedenken. Dasselbe gilt auch für den Herrn Vizebürgermeister.

 

Ich persönlich bin nicht christlich, aber ich kenne die Geschichte von einem Ehepaar mit einem kleinen Kind, das Herberge sucht, vor vielen, vielen Jahren. Da frage ich mich dann schon, wie das mit „So wahr mir Gott helfe“ zusammenpasst. Wie geht das? (GR Mag. Wolfgang Jung: Es gibt eine ganze Menge Einheimischer in Wien, die eine Herberge suchen! Schauen Sie sich die Herbergssuchenden an!) Erinnern Sie sich an die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. In der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens spielt ein gewisser Ebenezer Scrooge eine Rolle. Für die, die es nicht wissen, dieser Ebenezer Scrooge ist ein Grauslicher. Ich darf allen, die heute diese Vorschläge gemacht haben, anlässlich von Weihnachten in der Weihnachtsnacht einen Traum wünschen. Nicht weil ich garstig bin, sondern wegen der Läuterung wäre es, denn die Geschichte endet bekanntlich gut, und so wünsche ich mir das auch in diesem Haus.

 

Zum Abschluss, danke, meine Damen und Herren, und Dank an die Dienststellen, an die MA 27 mit dem Kollegen Pospischill, der Kollegin van Oers, dem Kollegen Troper und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dem Büro unserer Geschäftsgruppe und den Mitarbeitern, dem Menschenrechtsbüro mit der Kollegin Shams Asadi und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich wünsche Ihnen alle schöne Weihnachten und ein erfolgreiches schönes neues Jahr. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Das waren 11 Minuten, die verbleibende Restredezeit der Sozialdemokraten wären noch 16 Minuten. Wir haben noch eine Wortmeldung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Wiederkehr, die verbleibende Redezeit für Ihre Fraktion sind 8 Minuten.

 

13.19.28

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Als glühender Europäer freue ich mich natürlich, dass wir hier auch im Zuge der Generaldebatte das Europathema diskutieren und das Europathema auch in Bezug zur Stadt Wien erörtern, Wien als Herzen Europas, und wir als Österreicher, die sehr von der europäischen Integration profitiert haben. Es ist ein unglaublich wichtiges Thema, und ich freue mich sehr, dass bei der Bundespräsidentenwahl das Thema Europa und die proeuropäische Einstellung eines der wichtigsten Wahlentscheidungskriterien waren. Das hat mich als Europäer sehr, sehr freudig gestimmt, hier eine klare proeuropäische Kraft gewählt zu sehen und auch eine klare proeuropäische Kampagne zu sehen, die so stark war, dass sogar die FPÖ unter Zugzwang gekommen ist und einen Zickzack-Kurs gemacht hat von Öxit ja, zu nein, zur Volksabstimmung, zu „wir sind ja eh auch für Europa, aber ein anderes Europa“. (GR Mag. Manfred Juraczka: Und die Haselsteiner-Kampagne hat Ihnen auch gefallen?) Am Schluss hat eigentlich niemand mehr gewusst, wofür die FPÖ in diesem Bereich steht, außer dass es ein starkes Fragezeichen zur Europäischen Union gibt. Genau deshalb ist auch die Wahl so ausgegangen, weil die Österreicher auf Europa stolz und auch stark proeuropäisch sind. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Aber diesen Zickzack-Kurs merkt man ja auch an dem, was Sie sagen, Herr Jung, und auch dieses fehlende Verständnis von dem, was Europa sein soll. Sie kritisieren zwar einerseits die starken Kompetenzen der Europäischen Union und die fehlende Subsidiarität, sagen aber auch, dass Europa im Bereich Flüchtlinge keine Lösung bringen kann. Ich sage Ihnen, in der heutigen Zeit, in der es so komplexe Probleme gibt, schaffen wir es nur im Teil und im vereinten Europa, zu großen Herausforderungen auch gemeinsame Antworten zu finden. Das heißt, im großen Bereich gibt es noch zu wenig Europa, wie zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Dass Sie dann Frontex sehr belächelnd ansehen: Genau in dem Bereich könnte man ja zu einer klaren Migrationspolitik kommen, indem man Frontex ein klareres Mandat und noch mehr Kompetenzen gibt. (GR Mag. Wolfgang Jung: Die sollen Leute zurückschicken!) In diesem Bereich würde es etwas nützen, aber Ihre Haltung ist ja immer, nein, ja keine Kompetenzen Richtung

 

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