«  1  »

 

Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 129

 

einmal genauer angesehen. Während auf der einen Seite bei der von Ihnen gewählten Zahl 2008 die Leistungen aus diesen Zuweisungen, Zuschüssen und Ertragsanteilen um in Summe 24 Prozent gestiegen sind oder 25 Prozent, ist das Bevölkerungswachstum von 2008 bis jetzt um 12 Prozent gestiegen. Das BIP, also das Wirtschaftswachstum, in dem gesamten Zeitraum betrug ungefähr 16 Prozent. Kumuliert sind das 30 Prozent. Das macht eine Differenz von jährlich rund 200 Millionen EUR aus. Diese Differenz bleibt momentan gerade wieder gleich, die liegt gerade bei 170 Millionen EUR. Aber es gab die Jahre 2009, 2010, 2011, wo diese zusammengenommen, weil ja die Kurve der realen Geldflussmittel deutlich darunter gelegen ist, 1,1 Milliarden EUR ausgemacht hat. Also wenn man sich finanzpolitisch interessiert und das ernsthaft diskutiert, dann ist es meines Erachtens sehr wohl notwendig, darauf hinzuweisen, und dann erkennt man, dass von 2008 bis jetzt rund 2,5 Milliarden EUR aus dieser Unterentwicklung vom Wachstum der Ertragsanteile im Vergleich zum Wirtschaftswachstum Bevölkerungswachstum entsteht. Jetzt sage ich gleich dazu, nimmt man ein anderes Jahr als Ausgangsbasis, nimmt man zum Beispiel das schreckliche Jahr 2010, wo die Ertragsanteile in Wien tatsächlich gefallen sind, weil die Steuereinnahmen auf Bundesebene gefallen sind, dann schaut natürlich der Anstieg deutlich höher aus. Nimmt man das Jahr 2007, 2006, dann verflacht die Kurve ein wenig. Also man merkt, es hängt immer von der Basis ab. Aber die Basis 2008 haben Sie eingeführt, und ich habe lediglich bei dieser Basis jetzt weitergemacht.

 

Der restliche Teil ist zunächst einmal noch leicht erklärt. Wir haben den Gratiskindergarten, den Sie nicht abschaffen wollen, den wir auch nicht abschaffen wollen, heute mehrfach erklärt. Und wir haben tatsächlich einen deutlichen Anstieg im Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.

 

Da gebe ich dem Kollegen Gara natürlich gerne in einem Punkt recht und mich freut auch immer seine sehr sachliche Auseinandersetzung. Vielleicht ist es wirklich notwendig zu sagen, die Krise wurde Dauerzustand. Nennen wir es anders, es ist wahrscheinlich wirklich ein radikaler wirtschaftlicher Wandel, wie Sie es selber gesagt haben, ja, dieser ist im Gange. Ich sage manchmal dazu, es ist die Endzeit des Kapitalismus, mal schauen, was danach kommt. Ich weiß nicht, ob es besser oder schlechter wird, aber es stimmt. Es wird, wenn alles so weiterläuft wie jetzt, kein Zurück mehr zum Anfang der 2000er Jahre oder zur Mitte der 80er geben. Dieses „Zurück im Kapitalismus“ wird es nicht mehr geben. Das bedeutet aber auch für die Produktivitätsentwicklung, dass andere Modelle der Arbeitszeitverteilung gemeinsam andiskutiert werden müssen, und das dürfen dann natürlich nicht Modelle sein, wo die Menschen alle weniger verdienen und sich das Leben nicht mehr leisten können, sondern man muss sich überlegen, wie verteilt man Arbeitszeit um, damit für uns alle ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung bleiben, um trotzdem noch dem gesellschaftlichen Leben nachzugehen. Das heißt, wir müssen uns überlegen, wie wir im Endeffekt das gesamt erarbeitete Vermögen anders verteilen, damit wir alle miteinander halbwegs gut leben können.

 

Und, Kollege Aichinger, ich verstehe Sie nicht ganz. Ich mache den Vorschlag, die Steuer- und Abgabenquote um 0,5 Prozentpunkte zu senken, 1,5 Milliarden EUR, und Sie machen sich lustig darüber! Okay, machen wir es anders. Drei Milliarden Vermögenssteuer und eineinhalb Milliarden Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer, sind Sie dafür oder nicht? (Aufregung bei GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger) Umgekehrt, Sie wollen keine Vermögenssteuer, Sie sind der Meinung, das jetzige Steuersystem ist gerecht, und das glaube ich nicht, weil ich tatsächlich der Meinung bin, dass Arbeit deutlich zu hoch besteuert wird und Vermögen bei denjenigen nämlich, die es sich irgendwie leisten können, viel zu wenig besteuert wird. Da ist kein Beitrag mehr für unser aller gesellschaftliches Leben! Und nicht alle Herausforderungen und auch Probleme, die wir gemeinsam zu bewältigen haben, wenn es auf der Welt Kriege und daraus resultierend unglaublich viele flüchtende Menschen gibt, sind nur finanzieller Natur. Aber zu glauben (GR Mag. Manfred Juraczka: Woher nehmen Sie das? Das trifft nicht zu!), dass wir es uns nicht leisten könnten, mit Menschen, die zu uns flüchten, human umzugehen, dass wir es uns nicht leisten könnten, Österreichern und Nicht-Österreichern, die es notwendig haben, die Mindestsicherung auszubezahlen, ist tatsächlich ein (GR Mag. Manfred Juraczka: Wie viel können Sie denn finanziell leisten?) nicht ordnungsgemäßes Auseinandersetzen mit dem gesamten Vermögen, was wir tagtäglich in Österreich erarbeiten. So lange ich mir anschaue, dass das Vermögen, das sich in 1 Prozent aller Hände der österreichischen Bevölkerung befindet, mehr als 1.000 Milliarden EUR beträgt und ich mir denke, nur als ein Beispiel, hypothetisches Beispiel, wenn das 1 Prozent der Österreicher, das 1.000 Milliarden EUR besitzt, 1 Prozent hergibt, dann hat es 10 Milliarden weniger und dann hat dieses 1 Prozent aller Österreicher immer noch 990 Milliarden EUR und wird damit nicht verarmen, aber wir könnten uns die Mindestsicherung für ungefähr 4 Mal so viele Menschen, nicht dass das erstrebenswert ist, leisten. (Aufregung bei GR Mag. Manfred Juraczka.) Wir müssten nicht überlegen, wie kürzen wir, wie streichen wir, et cetera, sondern wir könnten überlegen: Wie schaffen wir neue Arbeitsplätze, von denen wir leben können? Wie schulen wir Leute weiter? Wie bilden wir Leute weiter? Das würde alles gehen und kein einziger derjenigen, die einen Teil an die Vermögenssteuer zahlen würden, würde an Armut leiden, würde am Hungertuch nagen oder würde auch nur ansatzweise bemerken, dass er oder sie ein bissel weniger Geld hat, weil wenn manchmal die Aktien, die jemand besitzt, fallen, sind die Katastrophen oft viel größer. Das wissen wir spätestens seit dem Jahre 2009, und das ist die Auseinandersetzung, die wir führen wollen!

 

Abschließend erlaube ich mir dennoch auch eine Bemerkung zum Wiener Budget, weil auch das gefallen ist. Ja, wir wissen nicht genau, wie die Entwicklung heuer ist. Es kann sein, dass das eintritt, was, glaube ich, Kollege Ornig gesagt hat, dass wir am Ende des Jahres

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular