«  1  »

 

Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 129

 

kann da ja nicht nur ein furchtbares sozialistisches Multikulti-Spektakel sein, das alle furchtbar ablehnen, sondern offensichtlich findet das auch Anklang, offensichtlich wird das akzeptiert. Offensichtlich rennt niemand herum in der Stadt und sagt, um Gottes Willen, das ist eine furchtbare Parteipolitik in der Kultur, sondern ich kenne eigentlich nur Leute, die sagen, das ist eigentlich toll, was hier passiert, und zwar egal, ob es jetzt -entschuldige, dass ich das jetzt sage - Ausländer sind, oder ob das Menschen sind, die hier wohnen. Es ist allgemein akzeptiert, deshalb ist es auch im Grunde nicht nachvollziehbar, was Sie hier sagen, und es sind auch die kulturelle Unterstützung, die finanziellen Mittel, die in die Kultur, aber auch in viele andere kreative Bereiche gesteckt werden, ein gut investiertes Geld und auch allgemein anerkannt.

 

Ich bin zum zweiten Mal hier und spreche über ein Budget eines sehr gewachsenen Ressorts, eines Ressorts, das ich am besten mit Kreativressort umschreiben kann. Es geht um Sport, es geht um Lebensgefühl, es geht um Kultur, es geht um Freizeit, es geht um Wissenschaft, es geht um Informations- und Kommunikationstechnologie, es geht um Medien, und es geht auch um rechtliche Rahmenbedingungen für all das. Und es gelingt uns, das in dieser Stadt auf ganz wunderbare und über viele Jahre international akzeptierte Art und Weise zu verwirklichen. Nicht umsonst ist die Stadt Jahr für Jahr in Spitzenpositionen, was das Lebensgefühl anbelangt, was Innovation anbelangt, was die Anerkennung von Innovation und vieles andere mehr anbelangt.

 

Da - wahrscheinlich auch, um ein bisschen sozialistische, politische, ideologische Beeinflussung einzudämmen - gesagt wurde, wir sollen doch jetzt endlich ein Kulturförderungsgesetz einführen, da alle anderen Bundesländer das haben, darf ich nur zart in Erinnerung rufen: Es stimmt schon, Wien ist ein Bundesland, aber das, was wir hier in Kultur beschließen, machen wir im gesamten Detailreichtum, in der Transparenz, in der Nachvollziehbarkeit im Gemeinderat. Ich hätte überhaupt kein Problem damit, dass man, wenn man als Land zwei, drei Kulturgesetze im Jahr beschließt, ein Landesgesetz zusammenstellt. Ich frage nur: Wofür? Der Unterschied ist, Wien agiert kulturpolitisch und was die Kulturförderungen anbelangt als Gemeinde. Wir beschließen faktisch jeden einzelnen Cent hier im Gemeinderat, was die Bundesländer alle nicht tun. Die beschließen einmal ein Budget, dann kommt nachher ein Rechnungsabschluss - und dazwischen passiert genau nix. Da kann die Opposition dann vielleicht dankbar dem Herrn Landeshauptmann Pröll nachlaufen und sagen, bitte könnt ihr uns sagen, was alles gefördert worden ist. Das ist doch also ein eklatanter und wesentlicher Unterschied. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Noch ein Wort dazu, was mir aus vielerlei Hinsicht kulturpolitisch von allergrößter Bedeutung ist, da der ORF angesprochen wurde. Jetzt bin ich weder für den ORF zuständig noch bin ich der Ex-Cathedra-Verteidiger des ORF. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen - die Frau Meinl-Reisinger zieht es vor, nicht hier zu sein -, ich bitte wirklich ernsthaft zu überlegen, was man tut, wenn man versucht, den ORF seiner grundlegenden Existenzmöglichkeiten zu berauben und ihn zu zerschlagen. Denn das, was die NEOS tun, ist nichts anderes als neokonservative, wirtschaftsliberale Politik, die bedeutet, holen wir doch die Privatsender alle herein und stärken wir sie. Versuchen wir doch, den ORF in dem, was er kann, was er tut und wofür er auch steht, zu unterstützen, nämlich ein nationaler Rundfunk und ein Fernsehen zu sein, der auch in der Lage ist, nationalen Content zu erzeugen, und darüber hinaus auch in der Lage ist, eine Informationspolitik zu garantieren und zu bewerkstelligen, die es sonst nicht gäbe, und darüber hinaus auch Sender und Senderformate zu ermöglichen, die es sonst nicht gibt, beispielsweise Ö1, beispielsweise FM4, aber auch die Information des ORF. Was Sie fordern, ist nichts anderes als eine Zerschlagung des ORF zu Gunsten von kleineren privaten Sendern, die sich dann sozusagen von Deutschland aus kontrolliert ihren Markt ausmachen. Das halte ich aus kulturpolitischer Sicht für nicht sinnvoll und kann auch nicht nachvollziehen, warum Sie das unbedingt wollen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind sonst noch verschiedene Dinge genannt worden, auch immer wieder das Bashing der Vereinigten Bühnen. Natürlich stimmt es - ich glaube, es war die Frau Kollegin Meinl-Reisinger, die, als sie noch da war, gesagt hat -, dass ein ganz großer Teil der Kulturfördergelder in die Vereinigten Bühnen fließt. Ja, wie denn auch nicht? Das ist einer der weltgrößten Musiktheaterkonzerne. Selbstverständlich fließt ein großer Teil der Bundeskulturfördermittel in die Bundestheater. Wie denn auch nicht? Das sind die großen Theater. Und wenn man das nicht will, dann muss man aber auch sagen, man will die Vielfalt des Kulturangebotes in der Stadt nicht. Und wenn man das nicht will und weiterhin behauptet - und wir haben das hundert Mal hier abgehandelt -, das sei anderswo privat möglich, dann lade ich Sie ein, fahren wir gemeinsam nach Berlin, nach Hamburg, nach Düsseldorf, nach sonst wo hin, wo selbstverständlich auch Musical gemacht wird, aber einerseits im Falle von Hamburg zum Beispiel sehr wohl, was die Infrastruktur anbelangt, sehr wohl unterstützt wird. Aber alle privaten Anbieter, die ich hierher eingeladen habe und bei denen ich mich erkundigt habe und sie gefragt habe, ob sie sich vorstellen können, dass man das hier mit Gewinn machen kann - denn das sagen unsere Freunde von der Opposition immer -, haben sich die Theater angeschaut und haben gesagt, Herr Stadtrat, das ist eh toll, wie ihr das macht, denn wir würden nie in diesen traditionsreichen, historischen Häusern, ohne Zuschuss und ohne Subvention spielen, im Stadtzentrum spielen. Da sprechen wir davon, dass man irgendwo auf der Wiese eine kaputte Hütte aufstellt und dort zwei Jahre lang „König der Löwen“ spielt, die Leute hineinkarrt, mit Musik vom Band, und dann das Ganze wieder abreißt. - Das ist nicht unsere Art und Weise, wie wir hier in Wien Kulturpolitik machen und kulturelle Aktivitäten starten. Aber auch das gehört natürlich zu diesem neoliberalen Gesamtverständnis, das Sie haben.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular