Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 129
In diesen drei Bereichen sind Sie nicht tätig: Die Arbeitslosigkeit in Wien ist außergewöhnlich hoch. Die Umwandlung der Nachtarbeits- zur Normalarbeitszeit kann man im Krankenanstaltenverbund sehr genau sehen, und auch die schlecht bezahlten Berufe, die Prekariatjobs sind im Zunehmen. Das heißt, Sie werden, wenn Sie sich jetzt auf die Primary Health Care stürzen, überhaupt nichts erreichen. Die Lebenserwartung wird in keiner Weise steigen, im Gegenteil, sie wird sich durch die anderen Probleme, die von den Lebensumständen kommen, weiter verschlechtern. Deshalb ist es auch ein reines Rechenexempel. Sie reagieren immer sehr emotionell, wenn man Sie darauf hinweist, dass Wien zu viel von den Migrationsströmen aufnimmt und dadurch zu viel Arbeitslosigkeit hat und dadurch natürlich ein Lohndumping indirekt fördert. Dieses Lohndumping führt natürlich wieder zu diesen Prekariaten. Das bedeutet, auch wenn Sie es gut meinen, wird sich durch Ihre Politik, die ich eher als eine Politik der wohlmeinenden Rechenfehler sehe, im Grunde genommen die Lebenserwartung weiter verschlechtern, auch wenn Sie es sicherlich nicht vorhaben, das unterstelle ich Ihnen gar nicht.
Zunächst möchte ich mich kurz über die Ausgliederung des Krankenanstaltenverbundes äußern: Das hat, glaube ich, mehr Kollateralschäden, mehr Konsequenzen, als man es sich vorstellen mag. Erstens müssen Sie ja relativ viel Geld für die Pensionen, und so weiter bereitstellen, und Sie haben im Magistrat - es ist dann aus dem Magistrat ausgelagert - 30.000 Dienststellen weniger. Das hat natürlich für den gesamten Magistrat erhebliche Konsequenzen. Und Sie haben dann noch etwas, Sie haben dann das Arbeitsinspektorat, das Sie jetzt nicht haben. Wenn man weiß, wie sich die Problematik sowohl der Arbeitszeit als auch der Arbeitsqualität in den Krankenanstalten, in den Spitälern des Krankenanstaltenverbundes ergibt, kann ich Ihnen nur sagen, Sie werden, was das Arbeitsinspektorat und die Beschwerden betrifft, nicht amüsiert sein.
Sehr geehrte Frau Gesundheitsstadträtin, wir haben seit vielen Jahren versucht - ich bin seit langer Zeit in der Ärztekammer als Kammerrat tätig -, mit Ihnen eine konstruktive Gesprächsebene zu finden. Diese konstruktive Kommunikation hat nie stattgefunden. Sie hat weder mit den Kolleginnen und Kollegen unter Ihrer Leitung und schon gar nicht mit den Oppositionsparteien stattgefunden. Ich muss sagen, ich war etwas überrascht, wie desinteressiert die Tätigkeit im Gesundheitsausschuss ausgeübt wird, im Grunde genommen gibt es hier keine Möglichkeit, Gedanken, Überlegungen einzubringen, obwohl Sie mir glauben können, wir kennen uns mittlerweile auch ganz gut aus. Es ist eine durchaus, fast möchte ich sagen, autistische Führung des Gesundheitssystems in Wien, die Sie wirklich überdenken müssen.
Zum Abschluss möchte ich noch eines wiederholen - und nehmen Sie das bitte ernst! Wir werden die weitere Ausdünnung der medizinischen Versorgung im Norden Wiens nicht hinnehmen, und wir werden sicherlich mit Protestmaßnahmen beginnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächste ist Frau GRin Mörk gemeldet. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten.
GRin Gabriele Mörk (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wien ist eine der lebenswertesten Städte der Welt. Die Lebensqualität einer Stadt misst sich aber nicht nur darin, ob es genügend Grünflächen gibt, wie es mit der Wasserqualität in der Stadt ausschaut und wie die Jobchancen sind. Die Lebensqualität einer Stadt misst sich auch darin, wie wir mit jenen Menschen umgehen, die es nicht so leicht im Leben haben. Die Lebensqualität misst sich daran, wie es um den sozialen Zusammenhalt einer Stadt ausschaut. Wie geht eine Stadt mit jenen Menschen um, die ihren Alltag nur mehr schwer oder gar nicht mehr alleine bewältigen können, Menschen, die Hilfe rund um die Uhr benötigen und Menschen, die aus anderen Ländern zu uns geflohen sind? Hier beweist die Stadt Wien gemeinsam mit ihren Partnerinnenorganisationen 365 Tage im Jahr, dass unsere Stadt für alle Menschen da ist, und genau das macht auch die Lebensqualität in unserer Stadt aus.
Daher stellt die rot-grüne Stadtregierung den Gesundheits- und Sozialbereich auch im Jahr 2017 in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Über 1,9 Milliarden EUR stehen nächstes Jahr für Soziales zur Verfügung. Im Bereich der Mindestsicherung erleben wir seit Monaten, eigentlich sind es schon Jahre, eine in meinen Augen mehr als unwürdige Diskussion, geführt vor allem von ÖVP und FPÖ. Hervorgehoben wird in diesem Bereich immer die Leistbarkeit. Aber geht es bei diesem Thema nicht in Wahrheit darum, die Gesellschaft zu spalten und die Armen gegen die nicht ganz so Armen, die aber von Abschiedsängsten betroffen sind, gegeneinander auszuspielen? Seit über zwei Jahren ist Wien treibende Kraft bei der Änderung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Nach dem Scheitern einer bundeseinheitlichen Lösung, verhindert von der ÖVP, stehen wir in Wien vor großen Herausforderungen. (GR Mag. Manfred Juraczka: Burgenland will auch etwas verändern!) Wir sind aktiv mit der Bearbeitung von Maßnahmen beschäftigt, um die Mindestsicherung fit für die Zukunft zu machen. Verstärkt wird der Fokus auf Sach- statt auf Geldleistungen gelegt werden. Ein ganz besonders wichtiger Aspekt ist uns die Integration von MindestsicherungsbezieherInnen in den Arbeitsmarkt. Mit der Wiener Jugendunterstützung „Back to the Future“ - beschlossen im Mai des heurigen Jahres in diesem Haus - werden junge Menschen schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integriert. „ArbeitsRaum“ ist ein weiteres erfolgreiches Projekt gegen die Verfestigung in der Mindestsicherung. Auch hier erarbeiten wir, welche Lösungen es vor allem für anerkannte Flüchtlinge braucht, um die Integration zu fördern, aber auch zu fordern. Bei der Reform handelt es sich um ein äußerst komplexes Thema. Die Vorgehensweise der ÖVP, zu suggerieren, eine Deckelung der Bezüge würde alle Probleme lösen, ist nicht nur falsch, sondern führt auch die Bürgerinnen und Bürger in die Irre, und das ist nicht die Politik, für die Rot-Grün steht.
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