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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 110 von 129

 

Kosten sitzen bleiben kann. Ich spreche da von Infrastrukturkosten. Mir geht es eigentlich um eine faire Verteilung der Kosten von Infrastruktur, vor allem dann, wenn sie Leistungen der Allgemeinheit betrifft, und mir geht es ein Stück weit um das Thema der städtebaulichen Verträge.

 

Gerade wenn durch Neuwidmung Grund und Boden, sage ich, relativ leichtfertig aus der Hand genommen wird, schafft man auch immense Folgekosten; denn bei der Neuwidmung sind immer wieder auch Infrastrukturmaßnahmen notwendig, technische Sozialinfrastruktur, Kindergärten, Bildung, auch Gesundheitseinrichtungen und natürlich vor allem, was den öffentlichen Verkehr betrifft.

 

Da ist es eigentlich notwendig, dass genau zwischen den Ressorts Wohnbau und Stadtentwicklung man sich hier noch mehr strategische Gedanken macht, wie dieses Problem zu lösen ist. Dafür gibt es ja die Infrastrukturkommission auf der einen Seite, aber manche aus anderen Ressorts möchten eigentlich diese Instanz auch ein Stück weit beschneiden. Da zitiere ich den StR Ludwig: „Wir haben zig Wohnbauprojekte, die wir nur deshalb nicht bauen können, weil es etwa in der unmittelbaren Nähe keine ausreichende Schulversorgung gibt. Wenn wir die sehr rigiden Richtlinien der Infrastrukturkommission reduzieren, können wir mit einem Schlag tausende Wohnungen in die Pipeline bringen.“ - Das ist ein Zitat aus dem „Kurier“ vom Februar dieses Jahres.

 

Tatsache ist, wir beschließen ja jetzt schon Stadtentwicklungsgebiete, Stadterweiterungsgebiete mit mehreren Hunderten Wohnungen ohne eine einzige Schulklasse, ohne eine einzige Arztpraxis und teilweise an jetzt schon überbelasteten Straßen. Diese Situation soll sich in Zukunft noch verschärfen. Mehr Wohnraum - schön und gut, aber wo bleibt letztendlich auch die Lebensqualität der Menschen?

 

Dabei hätten wir ja genau dieses Instrument, das eine Antwort auf diese Problematik gibt, und das sind die städtebaulichen Verträge. Die Bauordnung ermächtigt ja seit der Novelle 2014 die Gemeinde „als Trägerin von Privatrechten zur Unterstützung der Verwirklichung ihrer Planungsziele, insbesondere zur Vorsorge ausreichender Flächen für den erforderlichen Wohnraum und Wirtschaft sowie über die Beteiligung der Grundeigentümer an den der Gemeinde durch die Festsetzung von Grundflächen als Bauland erwachsenden Kosten der Infrastruktur privatrechtliche Vereinbarungen zu schließen.“

 

Solche Art von privatrechtlichen Vereinbarungen hatten wir auch in letzter Zeit des Öfteren. Allen gemein war, dass diese eigentlich nur ein Minimum an Leistungen umfassen, ohne die man eigentlich einen großformatigen Wohnbau sowieso nicht bauen könnte. Ein Park für die Bewohner, die notwendige Zufahrtsstraße und Einbauten, und zum Drüberstreuen verpflichtet sich sogar ein sozialer Wohnbauträger im Vertrag zu den Siemensäckern großzügigerweise zur Errichtung von sozialen Wohnungen. Das finde ich ziemlich originell.

 

Bei den Danube Flats wurden die Bauträger für die Möglichkeit der Errichtung von 500 Luxuswohnungen 40 befristete Smart-Wohnungen abgerungen. Auch eine Trafik und ein Supermarkt werden dort als soziale Infrastruktur tituliert. Das Einzige, wozu der Bauträger heutzutage gesetzlich verpflichtet ist, sind Stellplätze, ein Tiefgaragenstellplatz, der etwa 15.000 bis 20.000 EUR kostet. Das entspricht in etwa den Kosten eines Kindergartenplatzes.

 

Wir wissen alle, dass das Abschöpfen eines Widmungsgewinnes verfassungsrechtlich problematisch ist. Von Ihnen, Frau Stadträtin, wird bereits im Regierungsprogramm 2010 versprochen, genau zu prüfen, ob eine solche Planwertabgabe verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht. Bis dato wissen wir nicht, was das Ergebnis dieser Untersuchung ist.

 

Aber es gibt noch etwas anderes, und das ist verfassungsrechtlich eigentlich unproblematisch, und das wird von vielen Gemeinden auch entsprechend so gehandhabt. Es geht darum, wer die Folgekosten zahlt, weil man natürlich mit neuen Wohnungen, Kinderplätzen, Schulen und Gesundheitsversorgungseinrichtungen braucht. In Wien bleibt die öffentliche Hand zumeist auf diesen Kosten sitzen. Dabei profitiert der Investor eigentlich auch davon, weil natürlich eine gute Infrastruktur auch dazu führt, dass der Wert einer Immobilie entsprechend höher ist. Das heißt, es liegt eigentlich auch in seinem Interesse. Insofern denken wir, dass es hier auch eine faire Verteilung geben sollte, die eben im Moment ein bisschen schwammig ist.

 

Dabei muss man sagen, dass die Infrastrukturkommission sowieso nur das Mindestmaß berücksichtigt, im Wesentlichen geht es um Kindergärten und Bildungseinrichtungen. Mein wesentlicher Punkt, den ich hier immer wieder anführe, das ganze Thema der wohnortnahen Gesundheitsversorgung, Gesundheitseinrichtung wird hier nicht mitgedacht und auch nicht mitberücksichtigt.

 

Dazu haben wir auch einen Antrag eingebracht, nämlich mit der Aufforderung, ein entsprechendes Fachkonzept für Soziale Infrastruktur im Rahmen des STEP zu entwickeln. Dazu wurde letztendlich dann erklärt, dass das nicht notwendig sei. Ich denke aber doch, dass es notwendig ist, gerade in diesem Kontext Spitalskonzept - neue Stadtentwicklungsgebiete, eine einheitliche Struktur und eine einheitliche Strategie zu haben.

 

Die Realität ist in Wien leider genau das Gegenteil. Befreundeten Wohnbauträgern werden - vor allem, aber nicht nur - über den Wohnfonds sehr günstige Grundstücke vermittelt, die dann natürlich nach der Umwidmung beträchtlichen Mehrwert haben. Was wir in Wien diesbezüglich haben, ist eigentlich ein Planwertgeschenk und gar keine Planwertabgabe; das heißt, hier ist eine faire Verteilung absolut notwendig.

 

Im Moment hat die Gemeinde infolge des relativ unbestimmten Gesetzeswortlauts im § 1 der Bauordnung relativ weitgehende Freiheit bei der Festlegung von Leistungen der Projektwerber. Hier wird aus unserer Sicht doch einiges Geld liegen gelassen, das wir letztendlich für die Investition in die Infrastruktur brauchen, und das ist natürlich angesichts einer angespannten Budgetsituation umso wichtiger. Das heißt, wir sollten tatsächlich sehr klare Vorgaben haben, was hier letztendlich möglich ist.

 

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