Gemeinderat, 17. Sitzung vom 12.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 121 von 129
StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Frau Vizebürgermeisterin!
Ich werde versuchen, es kürzer zu machen, da die Zeit sehr fortgeschritten ist. Das Thema, das ich aufgreife, verdient eigentlich, in einem ausgeruhten Zustand dargebracht zu werden.
Weil ich meine Aufgaben, obwohl ohne Portefeuille, so ernst nehme, als ob ich eines hätte, habe ich die Sitzung heute noch kurz verlassen, weil mich eine Bürgerinitiative informiert hat, dass offenbar schon im Vorfeld Entscheidungen gefallen sind oder heute fallen, die Vorhaben rund um das Intercontinental Hotel, die Verbauung des Wiener Eislaufvereins und das Hochhaus in diesem Areal zu finalisieren.
Ich war kurz dort, und ich muss sagen: Das Ganze überrascht mich jetzt natürlich nicht, und es überrascht mich auch nicht, dass man diese Sache so diskret abgehandelt hat, weil man morgen dieses Projekt gemeinsam mit dem Herrn Bürgermeister der Presse vorstellen will.
Dieses Projekt bedeutet jedenfalls, wie immer man dazu steht, einen ungeheuerlichen Eingriff in das Stadtbild der Inneren Stadt und darüber hinaus, und aus diesem Grund war es auch sehr umstritten.
Es hat ein Vorspiel dazu gegeben: Es geht dabei um die Hochhausrichtlinie vom 19.12.2014 und den Masterplan Glacis vom 11.11.2014. Darüber wurde in der UNESCO-Welterbe-Kommission ganz klar gesagt, dass allein schon das ein Verstoß gegen das Weltkulturerbe sei, weil damit ein Kranz von Hochhäusern rund um die Kernzone der Inneren Stadt parallel zur Ringstraße entlang der sogenannten Zweierlinie in Zukunft ermöglicht wird. Am 27.2.2014 wurde das Hauptprojekt und Siegerprojekt auf Grund eines Wettbewerbs, der von Investor Michael Tojner selbst inszeniert und finanziert wurde, vorgestellt.
Am 13.5.2016 wurde das Verfahren gestoppt, nachdem Sie den Fachbeirat beigezogen haben, der zu dem Schluss kam, dass man auf Grund der vorliegenden Planungen nicht in der Lage sei, diesen Flächenwidmungsplan im Hinblick auf diese Planungen mit einem Hochhaus von 73 m Höhe, einen vorgezogenen, in die Lothringerstraße hinein verschwenkten Eislaufplatz, und so weiter zu machen. Sie haben eine Denkpause verordnet. Diese Denkpause ist nun offenbar zu Ende gegangen, und es wird morgen ein neues, adaptiertes und verändertes Projekt präsentiert. Das Projekt des Preisträgers, des brasilianischen Stararchitekten Isay Weinfeld, ist offenbar ad acta gelegt.
Das Hotel Intercontinental wird abgerissen. Dafür wird von 43 m auf 65 m aufgestockt. Ein zweiter Hochhausturm wird dem zur Seite gestellt, der, soviel ich gehört habe, ebenfalls 65 m hoch ist. Der Vorstand des Wiener Eislaufs ist nach dem Ausfall Toni Müllers aus Krankheitsgründen heute, sozusagen betreut von einem neuen Präsidenten, zu einer letzten Sitzung im Hotel Intercont zusammengekommen und wurde dort offenbar so bearbeitet, dass er auch diesem neu geplanten Projekt nun endlich seine Zustimmung gibt.
Das ist die Situation, und im Hinblick darauf muss ich schon sagen: Alles ist verständlich, aber dass man ein solches Projekt, das dermaßen umstritten war, einfach klammheimlich nach Monaten ohne Transparenz, ohne Beiziehung irgendjemandes, ohne eine Partizipation der Bürger knapp vor Weihnachten im Gemeinderat durchpeitscht, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem man im Rathaus kaum mehr darüber reden kann, das finde ich eigentlich skandalös! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich konnte leider an der STEK-Sitzung vom 8. November nicht teilnehmen, obwohl sie mich sehr interessiert hätte, weil ich an diesem Tag in Begleitung Herrn Rafael Eitans in Mauthausen war und daher um Verständnis bitte, dass ich nicht hier sein konnte. Genau in dieser STEK-Sitzung haben Sie einen Masterplan Partizipation verabschiedet. - Wenn man bei einem solchen Projekt de facto nach einer Nachdenkpause von Wochen so vorgeht und die Öffentlichkeit in keiner Weise einbezieht, dann muss ich fragen: Fürchten Sie sich vor der Öffentlichkeit, oder was ist sonst der Grund für diese Vorgangsweise? Wenn man so vorgeht, dann stellt man sich doch auch diesem Projekt!
Die Kaufgeschichte, meine Damen und Herren, ist ja auch hochinteressant und wirft auch - wie ich einmal sagen möchte - viele Fragen auf. Jedenfalls hat eine „Lothringerstraße 22 Projektentwicklungs GmbH“ am 4. Juni 2008 das Grundstück von 9.007 m² Eislauffläche des WEV in bester Lage für 4,2 Millionen EUR, 433 EUR/m², günstigst vom Stadterweiterungsfonds unter Geschäftsführer Dr. Alexander Janda erworben.
Es gab Angebote von 9 Millionen EUR, die laut Rechnungshofbericht 2013/14, GZ 860.142/002-181, nicht angenommen wurden, und das ist an sich schon eine Frage wert! Dieses Grundstück hatte seit den Zeiten der Glacis-Einebnung keine Bauwidmung, weil es für die Erholung der Wienerinnen und Wienern gedacht war, und die Pacht des Eislaufvereins hätte an sich bis zum Jahr 2058 gewahrt werden können.
Jetzt hat offenbar - insoweit man das aus „Leaks“ heraus hört, mehr kann ich nicht sagen, denn ich habe das nicht gesehen - der Wiener Eislaufverein diesem Projekt auf Grund irgendwelcher Zusagen des Bauherrn, und so weiter zugestimmt. Er hat aber - das muss man auch sagen - eine Verkleinerung der Fläche um mindestens 300 m² und auch eine Verschwenkung in die Lothringerstraße in Kauf genommen
Die Hauptfrage bei diesem Projekt ist aber: Ist dieses neue Projekt mit einem Abriss des Intercont und einem Neubau mit Aufstockung auf 65 m sozusagen kompatibler mit dem Weltkulturerbe? Oder ist es genauso inkompatibel mit dem Weltkulturerbe wie das preisgekrönte andere Projekt?
Ich meine, viele Bürgerinitiativen und viele namhafte Architekten von Czech bis Peichl - man kann sie alle aufzählen - haben den Eindruck, dass Sie es direkt darauf angelegt haben, das Weltkulturerbe loszuwerden, damit Sie freie Hand haben, noch andere Hochhäuser zu bauen, die die Innere Stadt letztlich einkreisen und privaten Investoren ein sehr gutes Geschäft ermöglichen!
All das sind offene Fragen. Ich freue mich für Herrn Tojner, der gewonnen hat. Die Bürger hat man aber überrollt, und so, wie man das jetzt gespielt hat, ist das
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