Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 112
Paket, und viele Dinge davon machen wir bereits jetzt in Wien und wollen wir auch gegenüber dem Bund einspielen, weil man hier von Wien lernen kann. Ich spreche das ganze Thema Integrationsjahr an, wo ich wirklich sagen möchte, das ist ein riesengroßer Fortschritt für diese Republik. Es ist ja auch eine Sache, die wir in Wien immer gefordert haben. Wir brauchen gemeinsame konkrete österreichweit gültige Maßnahmen, die alle betreffen, alle vom ersten Tag an erreichen. Und wir brauchen ein klares Monitoring, eine klare Datenlage, die die Menschen begleitet und mitnimmt - Was haben die für Integrationsangebote angenommen? Was haben die für Qualifikationen erworben? Was haben die für formale Bildungszugänge? -, und damit dann mit dem AMS redet in Verbindung mit den Jobtrainings, und so weiter, die da erarbeitet werden. Wir arbeiten bereits jetzt schon, weil es in Wien immer Zugang war, intensiv mit dem AMS zusammen. Wir arbeiten intensiv auch an dieser Datenbank. Wir scharren seit Monaten in den Startlöchern, die Wiener Erfahrungen auf dieses Modell des Bundes einzuspielen und werden hier in den nächsten Wochen, glaube ich, auch gute Erfolge leisten, weil wir ja, nehme ich einmal an, auch österreichweit schlecht beraten wären, wenn wir gute Erfahrungen nicht auch gemeinsam nützen können. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN, von Frau GRin Mag. El-Nagashi.
GRin Mag. Faika El-Nagashi (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Stadtrat!
Vielen Dank für den Einblick in die umfangreichen Maßnahmen, die die Stadt Wien im Integrationsbereich setzt und zwar in den Bereich, um Perspektiven und Chancen zu schaffen. Das Anwerbeabkommen zwischen Österreich und der Türkei ist jetzt schon über 50 Jahre her. Damals ging es darum, Arbeitskräfte nach Österreich zu bringen. Gekommen sind Menschen, Menschen mit ihren Familien. In dieser Zeit hat sich viel entwickelt. Es sind verschiedene Generationen, die jetzt schon lange hier leben.
Welche Unterschiede sehen Sie, welche Entwicklungen oder Veränderungen? Wie ist da die Datenlage oder die Fakten, was sich in dieser Zeit eigentlich getan hat, obwohl es am Anfang gar keine Maßnahmen dazu gegeben hat, weil es eben als ein temporärer Zustand verstanden wurde? Welche Entwicklungsschritte sind mittlerweile passiert?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sie sprechen die Datenlage an und vor allen Dingen auch die Sachlage, dass wir hier von unterschiedlichen Generationen sprechen, ein weiterer Aspekt, der zeigt: Jeder, der von den Türkinnen und Türken spricht oder von der türkischen Community, macht einen groben Fehler. Es geht hier um ganz viele Sachen.
Ich könnte jetzt Stunden darüber reden, weil es eine Sache illustrieren könnte. Wir haben eben eine sehr gute Datenlage und können in Wien durch die jahrelange Erfahrung mit dem Integrationsmonitor auch ganz genau auf unterschiedliche Communities und unterschiedliche Herkunftsgruppen bei dem angesprochenen Thema hinschauen.
Es stimmt, die türkische Herkunftsgruppe generell weist im Vergleich zu anderen Herkunftsgruppen deutliche signifikante Unterschiede bei der Bildung und bei der Beschäftigung auf. Sie hat einen höheren Anteil von Menschen, die maximal Pflichtschulabschluss haben und einen niedrigen Anteil mit höherem Abschluss, überhaupt keine Frage. Aber es ist total wichtig, diese Daten eben zu differenzieren, weil es einen riesengroßen Unterschied macht, wenn man auf die Generationen schaut, weil es so ist, dass stark zwischen der 1. und 2. Generation zu unterscheiden ist, also zwischen denen, die vor 50 Jahren zugewandert sind und den heutigen Zuwanderern. Warum? Wer in den 1960ern bis 80ern zugewandert ist, hatte meistens einen sehr niedrigen Bildungsstand. Der Anteil der Zugewanderten aus dieser Zeit mit maximal einem Pflichtschulabschluss liegt bei 58 Prozent generell und bei der Herkunft Türkei bei 70 Prozent. Da kann man schon sehen, diese Generation hat ein anderes Packerl zu tragen und die zeichnet auch eine andere Situation aus als andere Generationen. Wenn man das dann weiterdenkt, so ist dann natürlich auch die Folge davon, warum gerade diese Generation über ein sehr geringes Einkommen verfügt, über eine sehr geringe Pension, das ist ja 50 Jahre her, und ihre nachgezogenen Familienangehörigen bis in die 2000er Jahre auch auf Grund des damaligen gültigen Arbeitsrechtes und Aufenthaltsrechtes vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren. Das wirkt sich vor allem in der ökonomischen Situation, aber auch bei der Erwerbsbeteiligung vor allen Dingen von Frauen dieser ersten Zuwanderergeneration aus, wenn man so will, der Gastarbeitergeneration. Es ist auch so, dass 2016 der Anteil an sogenannten dequalifiziert Beschäftigten, das sind Menschen, die in einem Job arbeiten, der nicht ihrer Ausbildung entspricht, die könnten woanders auf Grund ihrer Ausbildung arbeiten, geht aber nicht, der ist in dieser Generation viel, viel höher. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Integrationsleistung der zugewanderten Menschen aber auch sehr hoch, weil wenn man sich anschaut, die Nachkommen halbieren bereits den Anteil am maximalen Pflichtschulabschluss und in der 3. Generation gibt es überhaupt keinen Unterschied mehr nach Herkunft.
Ich könnte jetzt noch weitere Details sagen. Spannend ist eben, dass man aber nur an diesem Beispiel eine grundsätzliche Situation feststellen kann, die generell für Integrationsleistung in Gruppen spricht. Es geht weniger um die ethnische Herkunft, sondern um solche Dinge wie Staatsbürgerschaft. Also wenn ich zum Beispiel aus der EU komme, dann bin ich rechtlich Österreicherinnen und Österreichern gleichgestellt, was zum Beispiel Bildungsanerkennung oder Beschäftigungseinstieg betrifft. Aber auch der Zeitpunkt und das Alter beim Zuzug, das ist genau das Thema, das wir jetzt besprechen, machen riesengroße Unterschiede, und das Geschlecht. Das allein zeigt schon, genau das ist der richtige Weg, den wir gehen. Wir schauen genauer hin und setzen Maßnahmen auf Grund der Herausforderungen,
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