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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 21

 

sehr geehrten Damen und Herren, unverantwortlich gegenüber Projektentwicklern, unverantwortlich gegenüber Anrainern und unverantwortlich gegenüber allen, die ihren Beitrag zur Entwicklung der Stadt leisten wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ihre Politik hat verheerende Auswirkung auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachgerechte und örtliche Raumplanung. Wir haben es mit einer Politik zu tun, die keinerlei Voraussetzungen für eine strategische, langfristige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung bietet. Die derzeitige Situation bietet keine Sicherheit, keine Orientierung, weder für Projektentwickler noch für die Wienerinnen und Wiener. Was Wien braucht, ist eine Erweiterung der Werkzeugkiste der Stadtplanung, und ich werde nicht müde werden, eine übergeordnete Raumplanung zu fordern. Wir brauchen Verbindlichkeit und Langfristigkeit, ohne diese wird es für Projektentwickler immer unattraktiver, in den Standort Wien zu investieren.

 

Unberechenbarkeit ist lediglich für eine kleine Zahl von mit Politik und Verwaltung gut vernetzter Player von Vorteil. Viele Projektentwickler, so hört man, setzen mittlerweile ihre Vorhaben derzeit auf „Hold“ und warten ihre Investitionen ab, da die politische Situation in Wien so unsicher ist.

 

So kann es nicht weitergehen. Nehmen Sie Ihre Aufgabe einer langfristigen und vorausschauenden Planung ernst und übernehmen Sie endlich Verantwortung. Das sind Sie den Planerinnen und Planern, Fachexpertinnen und Fachexperten, Projektentwicklerinnen und Projektentwicklern, Bürgerinitiativen und vor allem den Wienerinnen und Wienern schuldig. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Chorherr. Ich erteile es ihm.

 

9.34.22

GR Mag. Christoph Chorherr (GRÜNE)|: Meine Damen und Herren!

 

Wir diskutieren heute nicht zum ersten Mal den Heumarkt, und ich habe eine gewisse Ahnung, dass wir es heute nicht zum letzten Mal diskutieren werden. (GR Dominik Nepp: Und sicher nicht das letzte Mal!) In einem haben aber meine Vorrednerinnen recht, ich denke, dass am 1. Juni ein fünfjähriger, schwieriger, anspruchsvoller Entwicklungs- und Planungsprozess zu einer Entscheidung kommt, denn dafür sind wir letztlich auch gewählt, nach Abwägung sehr vieler Argumente auch Entscheidungen zu treffen.

 

Zur Frau Kollegin Meinl-Reisinger, die hier eine Philippika gehalten hat, warum dieses Projekt nach allen Kriterien falsch und schlecht und quasi ein Insignium der falschen Stadtplanungspolitik ist, habe ich nur eine einzige Frage. Im 3. Bezirk haben die NEOS für dieses Projekt gestimmt. Entweder ist dort also eine völlig andere Position zu dem Projekt, was ich nur läuten höre, dass viele in Ihren Reihen dieses Projekt für gut und für richtig halten, und Sie verstehen irgendwie Opposition einfach nur so, wenn die Regierung dafür ist, ist man dagegen. (GR Mag. Manfred Juraczka: Aber Ihre Basis hat gegen das Projekt gestimmt! Sind die blöd?) Irgendwie dürfte auch noch eine Sondersitzung über geblieben sein, und die verwendet man jetzt eben auf dieses Projekt.

 

Lassen Sie mich kurz noch zusammenfassen, und ich fürchte, das eine oder andere Argument wird sich wiederholen, es sind nicht die neuen, warum wir dieses Projekt für wesentlich finden. Das Wichtigste, die Motivation des Vorantreibens ist ein öffentliches Interesse, und das öffentliche Interesse besteht darin, dass es schon vor Beginn des Verfahrens 2012 war, dass eine hervorragende Wiener Institution wie der Eislaufverein für die nächsten 50, 100 Jahre eine große Freifläche im Zentrum der Stadt haben möchte und seine Tradition weiterführen möchte. Als Beleg dazu: Immer wenn das Projekt zu wackeln begonnen hat, und ja, es hat einige Male gewackelt, hat sich der Eislaufverein lautstark zu Wort gemeldet und inständig an uns Gemeinderätinnen und Gemeinderäte appelliert, das möglich zu machen, weil diese Institution an diesem Standort wichtig und richtig ist. (GR Dominik Nepp: Den Eislaufverein könnte man auch so fördern! Rapid und Austria haben auch Geld bekommen für die Stadien!) Die Forderung, die am Anfang unerfüllbar war, dass nämlich rund 6.000 m² freie Eislauffläche im Erdgeschoß gesichert sind, ist mit diesem Projekt umzusetzen gelungen.

 

Das zweite Argument - ich habe es schon einmal vorgelesen, ich tue es jetzt noch einmal - ist eine völlig verquere Argumentation, was eigentlich das Weltkulturerbe ist. Das Weltkulturerbe haben wir aus folgendem Grund bekommen, meine Damen und Herren, das kennen Sie, ich möchte es nur noch einmal fürs Protokoll und für jene Damen und Herren, die zuhören oder vor allem auch übers Internet zuhören, zitieren. Mit folgender Begründung hat uns die UNESCO das Weltkulturerbe verlieren:

 

„Erstens: Die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten des ‚Historischen Zentrums von Wien‘ sind überragende Zeugnisse eines fortwährenden Wandels von Werten während des zweiten Jahrtausends.

 

Zweitens: Drei Hauptperioden europäischer Kultur und politischer Entwicklung - Mittelalter, Barock und Gründerzeit - werden in außergewöhnlicher Form durch das städtebauliche und architektonische Erbe des ‚Historischen Zentrums von Wien‘ dargestellt.

 

Drittens: Seit dem 16. Jahrhundert ist Wien weltweit als die musikalische Hauptstadt Europas anerkannt.“

 

Das ist der Grund, warum wir das Weltkulturerbe haben, und ich habe das vollständig zitiert. (GR Mag. Manfred Juraczka: Genau!) Und wenn ich Ihnen das 10 Mal vorlese, steht da nirgends etwas davon, dass, was kleiner als 43 m ist, super ist, und was größer als 43 m ist, pfui ist. Nirgendwo taucht das auf!

 

Wir alle zusammen sind aufgerufen, die Stadtplanung so zu gewährleisten, dass ein Ort, der einer Veränderung unterworfen wird, nachher besser ist als vorher. (GR Mag. Wolfgang Jung: Sie können ja nicht einmal die eigenen Mitglieder überzeugen!) Zur Sicherheit gehe ich jetzt mit Ihnen geistig dieses Areal an. Das erzähle ich auch international, das verstehen die Leute nicht. Steht dort ein denkmalgeschütztes Barockensemble? Steht dort ein Jugendstilbau hervorragender Bedeutung? Was jetzt dort steht, ist von inferiorer Kulturrelevanz, dort ist alles andere als Weltkulturerbe gegeben.

 

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