Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 21
Ich war jüngst mit meinen Kindern Eislaufen und habe den Fotoapparat mitgehabt. Schauen Sie auf die in der Tat grandiose Institution Konzerthaus, wie die mit Brettern, mit Metalltüren abgesperrt ist. Auch das Konzerthaus - zweites Argument fürs öffentliche Interesse - möchte seine Vorderfront gegenüber einem freien Park öffnen, um dort auch im Sommer Musikbespielungen vorzunehmen, gemäß dem dritten Punkt des Weltkulturerbes.
Wien war Weltkulturerbe und - das ist ja das Wichtigste - Wien soll auch an diesem Ort wieder Weltkulturerbe werden, gemäß dem Beschluss, weswegen wir es bekommen haben und nicht mit einer Maßstabdiskussion, wenn man oben fest draufdrückt, bis das unter 43 m kommt, dann ist das gut, und wenn es höher als 43 m kommt, ist das falsch.
Das ist der Grund, warum wir dieses Projekt hervorragend finden, warum wir dieses Projekt unterstützen, aber auch respektieren - das sage ich jetzt auch ganz deutlich -, dass andere Menschen, auch in unserer eigenen Partei, das anders sehen. Ich habe eine diffuse Vermutung, das sage ich jetzt in Richtung ÖVP, und das meine ich nicht hämisch. Meine Vermutung, und die könnte ich auch belegen, ist, dass auch in Ihrer Fraktion nicht einhellig alle dieses Projekt ablehnen, dass auch dort Damen und Herren Gemeinderäte sind, die dieses Projekt aus unterschiedlichen Gründen befürworten. Auch bei den NEOS ist das so, bei der FPÖ weiß ich es nicht, interessiert mich jetzt auch nicht rasend.
Ja, die Frage was an einem Ort angemessen ist, ist eine zu diskutierende, und wenn man andere Prioritäten hat - es gibt eine große Tradition in Wien, Hochhäusern prinzipiell skeptisch gegenüber zu stehen, das tue ich nicht -, respektiere ich das, aber, wenn einer sagt, er will das oder sie will das nicht haben, dann ist das etwas, was wir diskutieren können. Ich schaue mir die Weltnachrichten an und denke mir: Was sind wir für eine glückliche Stadt, die den Kern der politischen Auseinandersetzung darin sieht, ob im Bereich eines Eislaufvereins jetzt ein Hochhaus kommt oder nicht? Das meine ich wirklich, ja. Es möge uns noch lange erhalten bleiben, dass der Kern unserer Auseinandersetzung im Gemeinderat sich auf die weltkulturerbliche Verträglichkeit von Hochhäusern bezieht, und wir nicht andere Dinge haben, die wir überall auf der Welt haben. (GR Mag. Manfred Juraczka: Also das ist lächerlich!) - Warum ärgern Sie sich so, Herr Juraczka? Was ärgert Sie da so? Okay, sind wir nicht alle gemeinsam glücklich, dass wir das als Hauptproblem haben. (GR Mag. Manfred Juraczka: Dass Sie das bagatellisieren, ist Ihrer nicht würdig! Das ist ein wesentliches Thema, ob wir den Weltkulturerbe-Status beibehalten oder nicht!) - Okay, ich bagatellisiere es nicht, ich erlaube mir nur, angesichts der Weltsituation die Gewichtigkeit von Themen darzustellen und zu meinen, dass Wien in einer sehr glücklichen Lage ist, dass das zentrale Thema, über das wir uns widersprüchlichst viele, viele Male in Gemeinderäten, aber auch in sehr vielen Diskussionen auseinandersetzen, die Frage eines Hochhauses beim Heumarkt ist.
Abschließend noch, weil wir das auch noch morgen diskutieren werden, am 1. Juni diskutieren werden und noch einige Male intensiv weiterdiskutieren werden: Nein, das ist kein Einfallstor für weitere Hochhausstandorte im Bereich des Weltkulturerbes. Die Frau Vizebürgermeisterin hat angekündigt, da auch entsprechende klare Schritte zu setzen, die auch demnächst erfolgen werden.
Die letzte Frage ist - weil viele sagen, das ist ja so schiach! Dazu möchte ich jetzt noch abschließend sagen: Wir haben ja jetzt ein Projekt herausgesucht, das am Karlsplatz stünde, wenn im Jahr 1907, wenn ich nicht ganz irregehe, eine Gräfin Metternich nicht Unterschriften dagegen gesammelt hätte. Das war das damalige Stadtmuseum von Otto Wagner, neben der Karlskirche, ein fertiges Projekt, beschlossen vom Wiener Gemeinderat. Eine anrainende Gräfin fand das hässlich, hat 6.000 Unterschriften gesammelt, hat damit Druck hergestellt, dass man gesagt hat, okay, er darf es zwar bauen, aber damit man sieht, wie es ausschaut, möge Otto Wagner eine Schablone bauen. Das heißt - es gibt Fotos dazu -, man musste eingeschoßig die Fassade mitten auf den Karlsplatz stellen. Sie können sich vorstellen, wie der öffentliche Respons war. Tatsache ist, dass das Projekt gekübelt worden ist, heute wären wir auf Knien dankbar, diesen wunderschönen Jugendstilbau dort zu haben.
Ich will jetzt nicht - das meine ich ernst, denn das kann ich nicht - den Entwurf vom Architekten Weinfeld mit Otto Wagner vergleichen, Tatsache ist, dass es oft 50 oder 100 Jahre braucht, um zu wissen, was architektonische Qualität ist und was nicht. Heute wären wir unstrittig der Meinung, es wäre schön, hätte Otto Wagner das Stadtmuseum dort gebaut. (GR Mag. Wolfgang Jung: Das ist zumindest ein Beispiel für Bürgerbeteiligung!) Es waren, wie hätte man gesagt, gräfliche Wutbürgerinnen, Frau Kollegin Stenzel, weil Sie gerade lachen. Es waren gräfliche Wutbürgerinnen! Die Unterschriften gegen dieses moderne, hässliche Gebäude, das sich nicht in den Historismus einpasst, haben dazu geführt, dass es nicht errichtet wurde. Ich werfe das der schon seit einigen Jahren verstobenen Gräfin Metternich nach: Gut gemacht, gut verhindert, schade, dass sich damals der Gemeinderat in seinen Erkenntnissen nicht durchgesetzt hat.
Das möchte ich nur abschließend sagen: Wie entstehen heute Entscheidungen, und warum entziehe ich mich der Diskussion, ob das schön oder hässlich ist? Es ist nicht Aufgabe von Planungspolitikern oder Vizebürgermeistern oder, aus meiner Sicht, auch von Bürgermeistern, Entwürfe kommen zu lassen und zu sagen, ja, das finde ich schön, na, na, weg damit, das ist hässlich, und dann in einer fürstlichen, obrigkeitsstaatlichen Art zu entscheiden.
Was wir tun sollen, und das ist Demokratie: Nach bestem Wissen und Gewissen eine - und das war da der Fall - internationale, vor allem mit internationalen Stadtplanungs- und Architekturexperten eingesetzte Jury zusammenzusetzen, die besten Teams der Welt - und schauen Sie sich die Liste an, wer aller eingeladen war, Entwürfe zu bringen - einzuladen, Entwürfe für den Ort
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