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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 04.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 21

 

am liebsten auch die Bauten verboten. Wir haben nur das Glück gehabt, dass der Canaletto nur einen Blick gehabt hat, hinunter und nicht hinauf. (Heiterkeit bei GR Gerhard Kubik.) Damals hat es dieses Panoramabild nicht gegeben. Wenn er in die andere Richtung gezeichnet hätte, hätten wir den Scherben auf und hätten beim Hauptbahnhof auch die Probleme gehabt. Aber Gott sei Dank hat er nur in eine Richtung geschaut.

 

Und Hand aufs Herz, meine Damen und Herren: Wer von Ihnen war jemals auf dem Balkon im Belvedere und hat dort hinuntergeschaut? Das zum Maßstab aller Dinge zu machen, halte ich einfach für einen Wahnsinn. Menschen, die dort vor dem Eislaufverein diese neue Entwicklung genießen, während die dort eislaufen, die mehr Raum haben werden, sind einfach viel wichtiger als irgendein Maler, der irgendwann einmal einen Blick von da oben gemalt hat! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Aufregung bei StRin Ursula Schweiger-Stenzel.)

 

Unser Problem ist, dass die UNESCO nur auf ICOMOS hört. Es gibt keine anderen Expertinnen, Experten, die sie anhören. ICOMOS hat im Übrigen überhaupt kein Problem damit, dass sich in London auch eine Skyline entwickelt hat. Und dort gibt es Hochhäuser. Vielleicht ist das Problem oder der Vorteil bei der Geschichte, dass in London nicht die ganze Innenstadt als Weltkulturerbe genannt worden ist … (GR Georg Fürnkranz zeigt eine Canaletto-Kopie mit Turm.) Ja, gefällt mir (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), ich habe überhaupt kein Problem. Ja, na sicher, wie oft waren Sie auf dem Balkon dort oben? Dort ist auch nur das Westminster Abbey als Weltkulturerbe deklariert worden. Und der Kollege Chorherr hat es eh vorhin erwähnt, warum wir den Weltkultur-Status bekommen haben, wegen drei Epochen, Mittelalter, Barock, Gründerzeit, und noch zusätzlich Wien und seine Rolle in der klassischen Musik. Chorherr hat auch gesagt, der Bau dort bedroht weder die mittelalterliche Epoche noch den Barock oder die Gründerzeit. Und was die klassische Musik betrifft, im Gegenteil, dort wird einfach das Konzerthaus aufgewertet und somit erfüllen wir es damit. Aber, und das ist meine Überlegung, wie wir damit jetzt mit der UNESCO umgehen würden: Entweder gibt es die Möglichkeit, dass die UNESCO anerkennt, dass Wien eine dynamische wachsende Stadt ist und dass man zu diesen drei Epochen noch eine vierte nimmt, die Epoche der Entwicklung entlang des Donaukanals und des Wienflusses mit höherer Bebauung. Das ist eine Möglichkeit. Oder die zweite ist, wir ändern den Weltkulturerbe-Status, und zwar nicht mehr auf die gesamte Innenstadt, sondern eben auf Bereiche wie die Hofburg, Albertina, Oberes Belvedere und Unteres Belvedere.

 

Und, meine Damen und Herren, noch ein Wort zu der Geschichte, wir verletzen Verträge. In diesen Verträgen, wo wir uns zum Erhalt des Weltkulturerbes bekannt haben, haben wir nicht von Höhenentwicklungen und von Türmen geredet. Gestern habe ich ein sehr interessantes Gespräch mit unserem Planungsdirektor Madreiter gehabt. Und wenn man so ein bissel weiterphilosophiert, und es ist ungefähr so, wie wenn wir, verzeihen Sie mir jetzt diesen Vergleich, uns entscheiden und sagen, wir wollen ab jetzt gesund leben, gesund essen, und dann fangen wir zu streiten an, ob Brokkoli Essen gesund ist oder nicht, und wenn man Brokkoli nicht isst, dann ist man nicht mehr gesund. Das ist etwas, was ich nicht mag oder nicht will. Das heißt, wir haben uns dazu bekannt. Aber da steht nirgends etwas von irgendwelchen Höhenentwicklungen drinnen. Deswegen sagen wir der UNESCO, wir wollen diesen Weltkulturerbe-Status erhalten. Wir müssen schauen, dass wir mit ihr entweder auf einen Status quo kommen, dass eine dynamisch entwickelte Stadt möglich ist, oder wir ändern dort, wo es möglich ist, zu sagen, wir reduzieren den erhaltenswerten Status auf irgendwelche Dinge, wie es in London mit der Westminster Abbey ist. (GR Mag. Wolfgang Jung: Das können nicht wir, sondern die UNESCO.) An die Ultima Ratio möchte ich im Moment nicht denken. Ich sage Ihnen ehrlich, es würde weder den Tourismus noch die Reputation der Stadt stören. Ich glaube, dass deswegen kein Tourist weniger nach Wien kommt, ob wir diesen Status haben oder nicht. Man sieht es an der Stadt Dresden. Dort hat es ihnen auch nicht geschadet. Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dipl.-Ing. Dr. Gara gemeldet. Ab jetzt ist die Redezeit nur noch 15 Minuten oder nur noch ist die Redezeit 15 Minuten.

 

10.18.27

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Es wäre eigentlich schön, wenn Wien das Weltkulturerbe nicht bräuchte, denn die Bewahrung einer historischen Stadt sollte eigentlich Wien selber managen können, wenn wir die geeigneten Instrumente dafür haben. Die Diskussionen, Statements meiner Vorredner, sage ich einmal, sind alle etwas unscharf, weil sie sich letztendlich immer im Kreis drehen. Sie argumentieren, warum wir das Weltkulturerbe eigentlich nicht brauchen, und auf der anderen Seite waren Sie doch einmal ziemlich froh, dass wir das Weltkulturerbe bekommen haben. Jetzt sind Sie in so einer Zwittersituation, wo es so schwierig ist, wie gehen wir mit dieser Materie um und wie kommen wir letztendlich aus dieser, sage ich einmal, sehr verfahrenen Situation wieder heraus. Das ist ja der Grund, warum wir NEOS hier sagen, deswegen braucht es eine klare Entscheidung. Und ich verstehe nicht, warum Sie sich vor dieser klaren Entscheidung drücken! Bei uns ist es ganz klar, wir sagen, lassen wir doch darüber abstimmen, braucht Wien das Weltkulturerbe oder nicht? Wir haben, Beate Meinl-Reisinger, verschiedene Instrumente vorgeschlagen, eben auch die eines Bürgerrates und zu sagen, lassen wir doch darüber abstimmen, weil das ist ja das eigentliche Problem. Wir wehren uns überhaupt nicht gegen die Entwicklung der Stadt. Wir halten es für extrem wichtig, dass sich diese Stadt auch in vielen Bereichen dynamisch entwickeln kann.

 

Ich glaube, in vielen Bereichen ist auch das Weltkulturerbe in der jetzigen Form, in der sehr unpräzisen Form, und der Kollege Al-Rawi hat ja auch versucht zu erklären, was bedeutet es, was bedeutet es nicht, das ist sehr unpräzise und nicht klar, dass wir sicherlich dadurch letztendlich wahrscheinlich auch eine moderne Stadt

 

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