Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 102
wurde, es wäre geschehen, um leistbares Wohnen zu ermöglichen. Nun zeigt aber der Rechnungshof bei den Fallbeispielen explizit auf, dass es sich bei diesen kritisierten verkauften Grundstücken im überwiegenden Teil nicht um sozialen Wohnbau handelt.
Meine Frage nun: Planen Sie weiterhin, daran festzuhalten, dass Grundstücke, also Vermögen der Stadt Wien und somit irgendwie auch Vermögen der Wienerinnen und Wiener, unter Wert verkauft werden, obwohl diese Praxis dem sozialen Wohnbau nicht hilft?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Frau Gemeinderätin!
Zum 1. Teil Ihrer Frage, die Normen betreffend: Es ist richtig. Wir haben uns hier im Wohnbauressort sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, inwieweit Normen Preistreiber darstellen. Wir verschließen uns nicht der Entwicklung in der Wirtschaft, insbesondere in der Bauindustrie, auch nicht den Verbesserungen, die es in diesem Bereich gibt.
Aber mein Anspruch ist, diese Entwicklung der Normen immer auch im finanziellen Rahmen zu sehen. Das ist auch der Grund, dass ich angeregt habe, im Wohnbauressort ein Normenmanagement aufzustellen, das wir jetzt in der gesamten Stadt Wien übernommen haben. Denn Normen sind nicht nur im Bauwesen ganz explizite Kostentreiber, sondern in vielen anderen Bereichen ebenfalls. Von daher halte ich es für sehr gut, dass wir ressortübergreifend in der Stadt Wien dazu gekommen sind, ein Normenmanagement aufzustellen, das von uns nicht nur begleitet, sondern auch laufend überprüft und kontrolliert wird. Ich erwarte mir hier doch gewisse Einsparungspotenziale, wenngleich man fairerweise auch festhalten muss, dass 80 Prozent aller Normen mittlerweile auf europäischer Ebene getroffen werden. Aber auch hier sehe ich gute Möglichkeiten, dass wir uns als Österreicherinnen und Österreicher sehr stark in die Gestaltung der Normen im Rahmen der Europäischen Union einbringen. Auch dort haben wir ein gewichtiges Wort mitzureden. Das sollten wir auch nutzen.
Zum 2. Teil Ihrer Frage: Die Grundstücke, die im Eigentum der Stadt Wien sind, werden vor allem für den geförderten Wohnbau zur Verfügung gestellt. Aber nicht nur. Überall dort, wo wir als Stadt ein Interesse haben, das sich auch über den geförderten Wohnbau hinausbewegt, zum Beispiel wenn es darum geht, Bauprojekte zu realisieren, die mit der Auflage verbunden sind, dass die Durchwegung eines Projektes gegeben ist, dass die Bevölkerung, die schon dort lebt, Verbesserungen in der Lebensqualität hat, immer dann, wenn wir thematische Vorgaben machen, ist natürlich auch in der preislichen Gestaltung eine Einschränkung wahrscheinlich. Das muss man einfach sehen. Denn jeder Käufer, der bereit ist, ein Grundstück für die eigene Gestaltung zu übernehmen, sieht natürlich in jeder Auflage, die wir als Stadt Wien, als öffentliche Hand, im Interesse der Bevölkerung machen, eine Einschränkung seiner Möglichkeiten als Eigentümer. Das muss man einfach sehen. Das ist ein Interessengegensatz. Überall dort, wo wir den Eindruck haben, dass es im Sinn der Bevölkerung ist, werden wir auch in Zukunft Maßnahmen treffen, die vielleicht nicht eine Gewinnmaximierung bedeuten, aber die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt verbessern.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Herr GR Dr. Ulm, bitte.
GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie haben gesagt, 80 Prozent der Baunormen stammen von der EU. Aber es gibt auch ein Österreichisches Institut für Bautechnik. Dieses Institut gibt seine Richtlinien heraus. Wien ist Mitglied als Bundesland, so wie die anderen Bundesländer auch, in diesem Österreichischen Institut für Bautechnik. Da habe ich den Eindruck, dass die Normen nicht weniger, sondern immer mehr werden.
Ich möchte ein Beispiel dazu anführen. Ich zeige Ihnen hier ein Foto, weil ein Bild mehr als tausend Worte sagt. (Der Redner zeigt ein in weiterer Folge beschriebenes Bild.) Es handelt sich um das Stiegenhaus in einem Wiener Zinshaus im 1. Bezirk, das mir gut bekannt ist. Es ist ein ganz normales Zinshaus, ein schönes Zinshaus mit einem schönen Stiegenhaus. Das Allerschönste an dem Stiegenhaus sind das Geländer aus Gusseisen und der hölzerne Handlauf. Leider Gottes ist es vor wenigen Wochen zu einer ziemlichen Verschandelung gekommen, weil ein zusätzlicher Handlauf, ganz aus schwarzem Metall, angebracht werden musste. Es schaut also nicht sehr schön aus. Der ursprüngliche Holzhandlauf musste um 10 cm gehoben werden. Warum? Neue Norm, Österreichisches Institut für Bautechnik. Richtlinie 4, glaube ich, aus dem Jahr 2015 hat diese Anhebung und auch diesen zweiten Handlauf vorgeschrieben. Es hat natürlich weit über 100 Jahre blendend funktioniert, ist jetzt sehr teuer und eine Verschandelung. Das ist ein Beispiel dafür, dass eine Durchforstung von Baunormen erforderlich ist.
Welche konkreten Schritte planen Sie dort, wo Sie eine Kompetenz haben, zumindest indirekt, im Österreichischen Institut für Bautechnik?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Herr Gemeinderat!
Wir sind in einem sehr intensiven Dialog mit dem Österreichischen Institut für Bautechnik. Ich muss sagen, diese gemeinsame Tätigkeit der Bundesländer mit dem Institut hat auch dazu geführt, dass wir eine wesentliche Übereinstimmung der verschiedenen Bauordnungen haben. Was wir oft den Medien entnehmen, dass es immer noch neun verschiedene Bauordnungen gibt, ist im Wesentlichen eigentlich durch die Tätigkeit, die die Bundesländer gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Bautechnik vorgenommen haben, entschärft worden. Denn die technischen Rahmenbedingungen sind weitgehend, mit wenigen Ausnahmen, vereinheitlicht. Es gibt nur mehr regionale Unterschiede wie zum Beispiel die verschiedene Lawinenlast in Bundesländern mit alpinem Hintergrund und in eher pannonischen Regionen. Das halte ich prinzipiell auch für sinnvoll. Aber sonst sind die technischen Rahmenbedingungen weitgehend vereinheitlicht.
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