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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 102

 

Ich verteidige aber nicht jede Norm. Da haben Sie völlig recht. Es gibt sicher Dinge und Auswüchse dieses Normenwesens, die man verändern soll. Das ist auch der Grund, dass wir schon sehr frühzeitig im Prozess des Zustandekommens der Normen versuchen, uns einzubringen. Denn das Wichtige ist, dass man in den Arbeitsgruppen, die diese Normen entwickeln, präsent ist. Von daher versuchen wir auch im Normenmanagement der Stadt Wien durch jene Expertinnen und Experten, die wir entsenden, und wir haben in den Magistratsabteilungen wirklich eine sehr hohe Kompetenz, die auch europaweit eine große Anerkennung findet, ganz tüchtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in den Arbeitsgruppen bereits einzugreifen.

 

Wie gesagt, ich will nicht jede Norm verteidigen, muss allerdings auch darauf hinweisen, dass insbesondere all das, was mit Sicherheit verbunden ist, im Anlassfall natürlich immer zu dem Satz führt: „Muss erst etwas passieren, damit etwas passiert?“ Spätestens dann, wenn jemand die Stiegen hinunterfliegt, wird sich die Frage stellen, warum es dort keinen Handlauf gegeben hat, wo man sich anhalten konnte, genauso wie bei jedem Erbeben, wo ein Haus einstürzt, die Frage gestellt wird, wer die politische Verantwortung für die Erbebenrichtlinien hat, und vieles mehr. Das gilt auch für Brandschutz, von dem manche sagen, er ist überschießend. Andere wieder meinen, es ist aus Sicherheitsgründen wichtig, einen hohen Standard zu haben.

 

Man muss trotz allem sagen, dass wir auch durch die Normen, die wir im Sicherheitsbereich festgelegt haben, sehr stark dazu beigetragen haben, dass Arbeitsunfälle stark zurückgegangen sind, dass Unfälle im Haushalt mit Personenschaden stark zurückgegangen sind und dass auch die Verkehrsunfälle in unserer Stadt mit Verletzten und Toten in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen sind. Das ist auch Erfolg von Sicherheitsbedingungen, die manchmal im Einzelfall überschießend erscheinen, trotzdem aber in Summe dazu beitragen, dass wir mithelfen können, dass Menschen nicht verletzt werden oder sogar zu Tode kommen.

 

Aber Sie haben völlig recht, ich würde hier nicht jede Norm verteidigen. In diesem konkreten Fall weiß ich, dass es schon Gespräche gibt, auch mit dem Österreichischen Institut für Bautechnik, auch zwischen den Bundesländern und im Rahmen des Normenmanagements der Stadt Wien.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. Herr GR Mag. Kasal, bitte.

 

9.35.19

GR Mag. Günter Kasal (FPÖ): Guten Morgen, Herr Stadtrat!

 

Meine Frage wäre: Die thermisch-energetischen Auflagen haben in den vergangenen 10 Jahren die Baukosten mit 300 EUR/m² belastet. Wann werden kostenoptimale thermisch-energetische Standards in der Wohnbauförderung verankert werden, die auch empirischen Überprüfungen standhalten und denen in der Studie Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit nahegelegt werden? Ich wäre schon mit einen Datum zufrieden.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.

 

Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Herr Gemeinderat!

 

Wir haben zwei Dinge, die wir berücksichtigen müssen.

 

Das eine ist der Klimaschutzgedanke. Hier leisten wir als Wohnbauressort einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele unserer Stadt. Man darf nicht vergessen, dass der gesamte Bereich Bauen und Wohnen für in etwa 40 Prozent des gesamten Energieaufkommens verantwortlich ist. Neben Verkehr und Industrie ist das einer der ganz großen Energiebringer. Wir haben dort die Möglichkeiten, auch an Schräubchen zu drehen, um dazu beizutragen, dass zum Beispiel der CO2-Ausstoß reduziert wird. Das versuchen wir in Wien, wie ich meine, in einem sehr verantwortungsvollen Umgang im Bereich des Neubaus, aber auch im Bereich der Sanierung.

 

Der zweite Punkt, und da haben Sie sicher recht, ist, dass man das natürlich immer unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit sieht und dass man Maßnahmen setzt, die zum einen den Umweltgedanken forcieren, zum anderen aber Projekte nicht zu sehr verteuern. Wir versuchen, diesen Mittelweg zu gehen. Wir sind auch offen für neue Technologien. Ich war erst vor wenigen Tagen bei der internationalen Konferenz für Passivhäuser, die das erste Mal in Wien stattgefunden hat, wo 1.300 Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt gekommen sind, um sich anzusehen, wie wir mit dieser neuen Technologie umgehen. Wir haben in Wien beispielsweise die größte Passivhaussiedlung Europas. Wir haben als erste Stadt weltweit ein Gründerzeithaus auf Passivhausqualität gebracht, in enger Kooperation mit dem privaten Hauseigentümer, mit starker Unterstützung der Stadt Wien.

 

Ich habe damals schon gesagt, dass Passivhausqualität nicht bindend sein soll in der Bauordnung und auch nicht in den Förderbestimmungen, eben aus diesen wirtschaftlichen Gründen. Es soll Projekte geben, weil es Menschen gibt, die gerne in einem Passivhaus leben. Aber es soll in der Bauordnung nicht bindend sein. Das haben beispielsweise die Vorarlberger gemacht. Das wollte ich für Wien nicht, weil ich eben auch die Kostenstruktur und die zusätzlichen Kosten, die damit verbunden sind, gesehen habe. Das gilt auch für viele andere Bereiche, im ökologischen Neubau, im ökologischen Sanierungsbereich, darauf zu schauen, dass wir auf der einen Seite einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutzprogramm leisten, auf der anderen Seite aber eine möglichst kosteneffiziente Struktur haben. Wir überprüfen das auch laufend.

 

Wir werden auch jetzt, wenn wir wieder über eine Novelle der Bauordnung diskutieren, und, Herr GR Kasal, ich lade Sie ganz herzlich ein, an dieser Novelle der Bauordnung mitzuwirken, die natürlich auch immer die Grundlage für die Förderbestimmungen ist, danach trachten, dass wir Wege finden, in Zukunft diese beiden Aspekte, Klimaschutzprogramm auf der einen Seite und Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite, zu gewährleisten.

 

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